Mein ganz persönliches atheistisches Manifest

Geschrieben von Marc Malbec am 20. Mai 2004 15:33:51:

Hallo,

weil heute Feiertag ist, und wir auch über Religion und Atheismus diskutiert haben, bringe ich etwas, das man als atheistisches Manifest verstehen könnte:

Die Zeilen sind aus Goethes Faust.
Prolog im Himmel. Der Herr. Die himmlischen Heerscharen. Nachher Mephistopheles. Die drei Erzengel treten vor:

RAPHAEL:
Die Sonne tönt, nach alter Weise,
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner Sie ergründen mag;
die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.


Ich erlaube mir die Freiheit, unter den "unbegreiflich hohen Werken" die Schöpfungen des menschlichen Geistes zu verstehen, also alles, was auf dem Feld von Kunst und Wissenschaft herausragt.

Wie erbärmlich, verpfuscht und vermurkst wäre doch Gottes Schöpfung, wenn ihr nicht der menschliche Geist Glanzlichter aufsetzen würde?

Ist nicht jedes vollkommene, oder der Vollkommenheit nahe kommende Kunstwerk in Wahrheit eine subtile Blasphemie, weil es dem Schöpfer des Himmels und der Erden vorhält, "so hättest Du es machen sollen, Du aufgeblasenes A...loch, dort über´m Sternenzelt, der Du zu Völkermord und Rassenhaß aufstachelst, dann gäbe es in der von Dir erschaffenen Welt weniger Schmerz und Leiden."

Der Künstler oder Wissenschaftler, der sich einen Pfusch vorzulegen traut wie JHW, ist schneller als als er "Amen" sagen kann, bei Publikum und Fachkollegen unten durch.

Zu den wunderbaren Zeilen aus Goethes Faust möchte ich noch anmerken, daß in dem Stück der Anblick der Sonnne den Engeln Stärke gibt, und nicht etwa der des Allerhöchsten; was doch zu vermuten wäre, noch dazu, wo der Prolog im Himmel (!) spielt.

Marc Malbec




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