Re: Überlegenheit

Geschrieben von Tawa am 05. April 2004 12:43:04:

Als Antwort auf: Re: Überlegenheit geschrieben von Bonnie am 05. April 2004 08:34:09:

>> >>Hallo Bonnie,
>>genau das ist die falsche Einstellung. Warum muß ich mich jemandem überlegen fühlen, um ihm zu helfen? Natürlich ist es sinnvoll, auf die eine oder andere Art und Weise entsprechendes Fach- und Sachwissen zu haben, um effektiv helfen zu können. Doch grundsätzlich kommt Hilfe von Barmherzigkeit - und die ist weitaus leichter und wirkungsvoller und könnte ausnahmslos von jedem geleistet werden, so er/sie/es nur wollte. Wenn ich jemandem helfe, dann gewiß nicht, um mich überlegen zu fühlen. Und ich habe schon sehr oft in meinem Leben anderen geholfen - in vielerlei Beziehungen und auf vielerlei Art. Ein wenig mehr Demut kann so manchem Zeitgenossen heutzutage gewiß nicht schaden.
>>Mit liebem Gruß
>>Tawa

Mahlzeit Bonnie,

dann will ich es einfach mal probieren:


>Hallo Tawa, ich verweise da ganz einfach auf die mannigfaltige Fachliteratur zu dem Thema: Über das Helfersyndrom etc, das nimmt dem Helfen ganz schnell den Glorienschein.

Tja, da mag es Hilfsversuche geben, welche aufgrund eines gewissen Anerkennungsstrebens initiiert werden? Leute, die zeigen müssen, was sie können? Vielleicht auch, um Liebe zu erkaufen? Doch die Verfasser jener Fachliteratur können kaum pauschalieren - denn es gibt vielerlei Menschen und vielerlei Hilfsmöglichkeiten. Und einen Glorienschein für seine Hilfe zu erwarten, ist wohl ein wenig fehl am Platze, oder?


>Mit Helfen kann man sich seine sozialen Beziehungen ziemlich gründlich kaputt machen. Und auch mit Geld verleihen etc.

Das ist absolut richtig. Erst denke ich an mich(!)... und dann irgendwann an einen anderen, wenn es mich nichts kostet (und ich meine mit "kosten" nicht nur Geld). Traurig.


>Damit ist das einseitige Helfen gemeint. Es ist kein Problem, wenn man sich gegenseitig hilft. Aber jedes einseitige Helfen schafft ein Ungleichgewicht.

Natürlich ist "gegenseitige" Hilfe immer das Beste. Da stimme ich Dir ja auch voll und ganz zu. Doch einfach nicht helfen, weil von der Gegenseite nichts kommt oder nicht kommen kann? Das ist nicht nur "einseitige Hilfe", sondern auch sehr "einseitig" (könnte ich auch noch ein anderes Wort für einsetzen) gedacht!

>Oder ich empfehle die Lektüre des Enneagramms. Der Typ der 2 (Der Helfer, meistens weiblich) will sich durch einseitige Hilfeleistungen die Zuneigung der anderen "erkaufen".

Zum Enneagramm kann ich nichts sagen. Ist nicht mein Metier (und auch nicht ganz meine Überzeugungsrichtung). Aber wer sagt denn, daß jede einseitige Hilfeleistung etwas mit "erkaufen der Zuneigung des anderen" zu tun hat? Schon einmal etwas von selbstlos gehört?


>Schon mal erlebt, wie jemand, dem du eigentlich nur geholfen hast, auf dich böse wurde ? Ist normal !! Damit meine ich jetzt nicht kleinere Freundschaftsdienste und schon gar keine gegeseitigen Hilfeleistungen. Ich meine einseitige Hilfeleistungen im großen Stil.

Ja, kenne ich zur Genüge! Im Sinne von materiellem Wohlstand habe ich schon bedeutend bessere Zeiten gesehen. Und diese Erfahrung nach meiner Hilfe sehr wohl in beträchtlichem Ausmaße machen müssen. Aber deshalb stelle ich doch meine Hilfe bzw. Hilfsangebote nicht ein, nur weil ich schlechte Erfahrungen damit gemacht habe. Allerdings muß ich anmerken, daß mir niemand "böse" wurde, weil ich half. Einer jener wurde richtig böse, weil er in einer anderen Angelegenheit bereits vergessen hatte, wie sehr ich ihm ehemals geholfen hatte - immer und immer wieder. Aber es ist auch absolut korrekt so - denn ich durfte u.a. durch dieses Erlebnis (im Rückblick) erkennen, daß man eben keine Dankbarkeit erwarten darf.

Desweiteren können Hilfsbedürftige auch auf Hilfsangebote böse reagieren, weil sie vielleicht falschen Stolz zur Schau tragen? Ob dies nun eine "freiwillige" Entscheidung des Hilfsbedürftigen ist, möchte ich mal nicht allzu laut behaupten. Es könnte auch sein, daß dieser still und leise um Hilfe ruft - doch aufgrund falscher Tugenden wie Stolz oder Größenwahn u. dgl. mehr eben säuerlich abweisend reagiert. Kenne ich zur Genüge aus eigener Erfahrung! Sowohl als Helfender als auch als Hilfsbedürftiger.


>Ich muß mich nicht überlegen fühlen, wenn ich helfe, das Überlegenheit / Unterlegenheitsverhältnis kommt automatisch.

Nein, bei selbstloser Hilfe kommt es nicht automatisch! Und wenn doch, so habe ich es sofort als solches zu erkennen und zu bekämpfen. Selbst wenn ich faktisch mehr weiß oder wie auch immer, bin ich keinen Deut besser oder schlechter als der Hilfsbedürftige. Und dennoch kann man helfen. Zu erkennen, gleichwertig zu sein - das ist wahre Demut. Und Barmherzigkeit ist, zu helfen, auch wenn keine "Gegenliebe" oder "Gegenleistung" erfolgt. Ganz im Gegenteil: Erwarte ich eine Gegenleistung, hat meine Hilfe nichts mehr mit Barmherzigkeit zu tun!


>Und dein letzter Satz mit der Demut: Genau das ist Demut !! Sich zurückzunehmen und den anderen so leben lassen, wie er möchte und es von seinen Vorfahren gewöhnt ist. Demut : Achtung vor dem Schicksal des anderen.

Absolut korrekt! Nur können wir die Zeit nicht zurückdrehen und die Leute das machen lassen, was sie von ihren Vorfahren erlernten. Denn da haben zu viele zu egoistisch reingefuhrwerkt! Das Schicksal des anderen ist eine Sache - vor der man natürlich Respekt haben sollte - diese deshalb wider besseren Wissens einfach ins offene Messer laufen zu lassen, nachdem wir (unsere Zivilisation) sie kaputtgewirtschaftet haben, eine gänzlich andere! Denn ich (wir alle) bin durch meine selbstlos geleistete Hilfe und Liebe durchaus fähig, deren "vorherbestimmtes" (oder selbsterwähltes) Schicksal ein wenig zu mildern!


>Um auf die Entwicklungsländer zurückzukommen: Die haben einfach ihren Stand der Entwicklung, den wir auch vor vielleicht 400 Jahren oder auch 2000 Jahren gehabt haben. Denen zu helfen, sie auf unseren Stand der Entwicklung zu bringen, ist genauso unsinnig, wie einem Ritter des Mittelalters elektrische Küchengeräte zur Verfügung zu stellen.

Wer sagt denn, daß wir den Leuten einen elektrischen Rührbesen hinstellen sollen, wo sie nicht einmal Mehl und Eier zum Rühren haben? Wo nichts mehr wächst, weil wir das Land zerklüftet haben? Ist es Respekt vor dem "freien Willen" der Mutter, wenn ich ihr Kind verhungern lasse??? Vielleicht hat sie diesen Entschluß tatsächlich gefaßt - doch erstens hat sie nicht das Recht zu entscheiden, ihr Kind verhungern zu lassen; und zweitens traf sie diese Entscheidung vielleicht, weil sie eh keine Zukunft für ihr Kind sieht - ihm somit unnötige Schmerzen auf seinem Lebenswege ersparen will. Doch es sollte eine christliche Tugend sein, zu erkennen, wo unausgesprochene Hilferufe erklingen. Und diese wird jene Mutter in jedem Augenblick ausstoßen!

Nur helfen, wo es der freie Wille des Hilfsbedürftigen ist, ist absolut korrekt. Doch helfe ich dennoch, werde ich am "Schicksal" des Betroffenen keine Änderung vollziehen - doch mag sich dies je nach Gesinnung immer noch einen positiven Aspekt für mich selber ergeben. Womit ich keineswegs irgendeine Art von "Ablaßhandel" meine - denn da wäre meine Hilfsbereitschaft für mich selber tatsächlich auch vergebene Liebesmüh!

Liebe Grüße
Tawa



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