Re: zweiter Anlauf

Geschrieben von Johannes am 01. April 2004 13:16:01:

Als Antwort auf: zweiter Anlauf geschrieben von Andreas am 01. April 2004 09:39:18:

> Was macht eigentlich Deutschland gegen Diktatoren wie im Irak, in Serbien,
> in Nordkorea in Simbambwe ausser schöne Worte zu verlieren?

Hallo Andreas,

die Frage ist berechtigt. Allerdings ist es eine ganz völlig andere Frage als die, warum die USA in den Irak einmarschiert sind.

Was Deutschland angeht, da tendiere ich dazu, sich rauszuhalten, auch wenn das Konsequenzen hat. Als Vorbild sehe ich die bisherige Schweiz.

Was den Einsatz der USA angeht, so bezweifle ich weiterhin, daß es direkt ums Öl geht. Denn das wollte Saddam ja händeringend verkaufen, er hätte dazu fast jeden Preis akzeptiert. Nur sollte der Irak auch endlich über das Geld verfügen dürfen, das für das Öl gezahlt wird.

Diejenigen, die nun die USA und speziell Bush als Buhmann hinstellen, die sollten sich mal die Kosten überlegen, statt daß sie nur das übliche Feindbild mit sich selbst bestätigen. Wieviel Milliarden kostet die Besetzung und wieviel Soldaten sind damit auf Jahre gebunden und stehen nicht für andere Aufgaben zur Verfügung? Wieviel indirekte Schäden gibt es, die sich gar nicht in Zahlen ausdrücken lassen? (Terror, Maßnahmen gegen den Terror, abgebrochene Handelsbeziehungen, fehlende Investitionen durch unsichere Lage, ...). Was kostet ein Barel Öl jetzt, wenn man alles einrechnet? Was hätte es unter Saddam gekostet?

Ich sehe 2 mögliche Punkte für das Eingreifen der USA:

- Näher an Israel heranzurücken, um es vor der schon lange geplanten Vernichtung bewahren zu können

und/oder

- es geht um viel mehr als ein bißchen Öl, nämlich die Gesamtlage ist dermaßen bedrohlich, daß die USA dies als den einzig möglichen Befreiungsschlag sehen, um wieder Land unter die Füße zu bekommen.

Für den zweiten Punkt spricht, daß die kommunistischen Staaten schon jahrelang dabei sind, den Westen zu destabilisieren. Wer spricht z.B. heute noch davon, daß die DDR der offizielle Rückzugsraum für RAF-Terroristen war? Nein, die Medien sind sich anscheinend einig, nur das in den Mittelpunkt zu stellen, was den Westen negativ darstellt, nicht aber das, was real gegen den Westen getan wird. So bleibt das, was der Osten tut (von der Beeinflussung der Medien und Bewegungen bis hin zur direkten Unterstützung des Terrors) eher im Verborgenen, während das, was die USA tun, derzeit sowieso offen erkennbar ist und dann auch noch viel mehr in den Mittelpunkt gestellt wird.

Vielleicht noch ein kleines Beispiel: Angenommen, eine Provinz der USA würde um ihre Unanbhängigkeit kämpfen und es würden auch Anschläge verübt, um das durchzusetzen. Was glaubst Du wohl, wie groß der Aufschrei wäre, wenn Bush Flächenbombardements gegen Wohngebiete befehlen würde, um den Widerstand der Bevölkerung / der Provinz zu brechen, die sich von den USA lossagen möchte?

Angenommen, es gäbe durch die völkerrechtswidrigen Flächenbombardements auf Wohngebiete bereits 100.000 Opfer, wie wäre wohl die Reaktion?

Nun geschieht aber genau das in Rußland, und ich wette, die meisten wissen noch nicht einmal davon, weil die Dimension der Geschichte in den Medien meist verschwiegen wird. Sicher, mal hört mal von einem Anschlag in Tschetschenien, mal von der Reaktion des Militärs. Aber Flächenbombardements, 100.000 Opfer? Wo steht das, außer, daß es mal in einem Beitrag von Radio BR5 um den Jahreswechsel herum kam?

Daß 100.000 Opfer (von Flächenbombardements auf Wohngebiete, um damit den Widerstand zu brechen) so nahezu unbeachtet bleiben, ist eigentlich unvorstellbar. Es sei denn, man beginnt sich dabei zu überlegen, wie umfassend wohl der Osten den Kampf gegen den Westen führt und dazu auch die Medien einspannen konnte. Dort Waffen liefern, da logistische Unterstützung, dort Ausbildung, an anderen Stellen Beeinflussung der Medien, ...

So ein Szenario stelle ich mir vor, und die Gesamtlage ist allmählich am Kippen zu Gunsten derer, die den Westen schon lange destabilisieren und bekämpfen. Wenn ich das als Hintergrund ansetze, dann macht ein versuchter "Befreiungsschlag" der USA plötzlich einen gewissen Sinn. Nein, es rechtfertigt ihn nicht mit seinen vielen Opfern, aber er wird verständlich. Es geht dann nicht mehr um einen dummen Bush, so wie er von vielen gern dargestellt wird, sondern es geht darum, daß ein Staat nun in die Offensive geht, was schon lange im Verborgenen gegen ihn geschieht.

Aber Bush als dumm und die US-Politik als von Grund auf böse darzustellen, daß ist genau das, was diejenigen wollen, die den Kampf gegen den Westen schon lange im Verborgenen führen.

Okay, soweit mal meine Spekulation dazu. Es ist kein Beweis, das weiß ich. Aber zumindest ein Denkansatz, der mir plausibler erscheint als die meisten sonstigen Theorien.

Gruß

Johannes




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