Europäischer Haftbefehl (gültig ab 2004!) - das Ende der Grundrechte
Geschrieben von IT Oma am 02. März 2004 21:35:09:
Als Antwort auf: NACHRICHTEN Di. 2.3.04 (o.T.) geschrieben von franz_liszt am 02. März 2004 01:20:20:
schon etwas älter, aber unverändert akut:
Ach, Europa
von Heribert PrantlWie in der Religionsgeschichte der Teufel immer wieder ein Moralinstrument der angeblich Rechtgläubigen war, so wird heute in Europa getan, als müsse man sich nur den Italiener wegdenken, auf dass die EU dann als "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" um so heller erstrahle. Das ist leider nicht so. Ganz ohne Zutun Berlusconis entsteht dort nämlich ein Strafrecht, das, wenn es unter Berlusconis Regie in Italien so beschlossen würde, den Zorn Europas auf sich zöge: Es ist ein extrem bürgerrechtsfeindliches Strafrecht - ein Recht ohne Balance und Kontrolle, ein Recht, das darauf angelegt ist, die jeweils schärfsten Regeln aus jedem EU-Land miteinander zu kombinieren.
Hundertzwanzig deutsche Strafrechtsprofessoren haben sich soeben über den Europäischen Haftbefehl empört, der aufgrund eines EU-Rahmenbeschlusses bis Ende 2003 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Er wird die Auslieferung von deutschen Staatsbürgern an andere EU-Länder gebieten, ohne dass ein deutsches Gericht dagegen einschreiten könnte. Es soll dies bei 32 Delikten so sein, wobei gar nicht mehr geprüft wird, ob sie hierzulande überhaupt strafbar sind. Dieser Auslieferungskatalog arbeitet mit Begriffen, die in ihrer Schwammigkeit dem Bestimmtheitsgebot widersprechen: Haftbefehl und Auslieferung drohen etwa bei "Cyberkriminalität" bei "Fremdenfeindlichkeit" und "Rassismus". Damit sind aber eher garstige gesellschaftspolitische Phänome als klare Straftatbestände beschrieben. In einem Rechtsstaat muss aber genau erkennbar sein, welches Verhalten strafbar ist. Davon kann beim Europäischen Haftbefehl keine Rede sein. Sich darüber zu erregen entspringt nicht der deutschen Lust an Paragraphenreiterei. Betroffen sind die Bürger jedes EU-Landes. Es gibt auch im deutschen Recht genügend merkwürdige Tatbestände, mit denen etwa ein Brite nicht konfrontiert werden möchte: Er wird es sich zu Recht verbitten, wegen der Auschwitzlüge ans Amtsgericht Frankfurt ausgeliefert zu werden.
Das gesamte EU-Strafrecht befindet sich in einem traurigen Zustand. Diese Entwicklung begann mit dem Corpus Juris, einem Strafprogramm zum Schutz der finanziellen Interessen der EU, dem man anmaßend den Namen des berühmtesten aller alten Gesetzbücher gab. Dieses Corpus Juris ermöglicht es, die zweckwidrige Verwendung jedweder Subvention mit Strafe zu belegen. Die EU-Bürokraten können ihre Vergaberegeln also so stricken, dass bei jedem Verstoß ein Strafprozess droht. Zusammen mit dem Grünbuch der Europäischen Kommission wird das abenteuerliche Konsequenzen zeitigen: Ein Bauer aus Niederbayern kann dann, bei Abgabe der Strafsache von der nationalen an die europäische Staatsanwaltschaft, an einem beliebigen Ort der EU angeklagt werden. Wenn seine subventionierten Kartoffeln nach Valencia geliefert wurden, muss er sich gegebenenfalls dort verantworten, möglicherweise aufgrund von Beweisen, die auf der Basis eines Beschlusses des Gerichts in Tessaloniki erhoben wurden. Der Kartoffelbauer wird notgedrungen jeden Deal annehmen, den ihm die EU-Bürokraten anbieten: Einstellung seines Verfahrens gegen stattliche Geldzahlung. So beschreibt Eberhard Kempf, der Vizepräsident der Anwaltschaft am Ständigen Internationalen Strafgerichtshof, die europäischen Aussichten.
Das werdende Strafrecht ist so konstruiert, dass die EU-Strafverfolger einen Eingriff in Grundrechte immer in dem Land beantragen können, wo es am leichtesten geht: Wie im Supermarkt nimmt man sich aus jedem Regal etwas heraus, und so werden die Dinge aus dem nationalen Kontext gerissen. Werden zum Beispiel in einem bestimmten EULand üppige Abhörrechte durch ebenso üppige Zeugnisverweigerungsrechte ausgeglichen, so ist es mit dieser Balance auf EU-Ebene vorbei. Ergebnis dieses Einkauf s im Supermarkt der Paragrafen: Bürgerrechtlern vergeht Hören und Sehen. Rechtsstaatliche Bastionen werden, so die deutschen Professoren, "auf kleinstem gemeinsamem Nenner geschleift".
Süddeutsche Zeitung, 7.7.2003, Seite 4
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