Fluchtfahrrad (Reprise)

Geschrieben von Humorvoller Bunkerbauer am 19. Juni 2006 03:06:45:

Ich bin heute in sengender Sonne (wie im August des Russeneinmarsches *g*) hier im Erzgebirge mal testweise 30 km gefahren, über Bundesstraßen, Nebenstraßen, Feld- und Waldwege. Ich bin trainiert, die Gegend hier ist sehr hügelig und bergig. Meine Schlußfolgerungen:

1) Das Fahrrad aus hochwertigen Einzelteilen selbst bauen. So einfach wie möglich mit den besten Teilen. Selbstbau = man kennt sein Stahlroß bis zur letzten Schraube (wie Jazzy Al schrieb). Auch wenn hier mancher aus Kostengründen oder Überzeugung Discount-Räder (Baumarkt, Aldi, Pfennigfuchser) benutzen möchte. Kann ich nicht empfehlen. Die haben billigste Lager, die nicht lange halten. Selbst bei höherwertigen Rädern mit besseren Lagern sollte man Tretlager, Lenkkopflager und Achsen (Naben) gegen die beste Qualität austauschen. Und die Discount-Räder sind sehr schwer (Stahlrahmen, Stahlgepäckträger, Stahllenker).

2) Nur höchstwertige Teile nehmen. Es gibt z.B. von Shimano viele Gangschaltungen, Ketten und Lager, die äußerlich nur vom Preis unterschieden sind. Jedoch sind die teuren Teile viel haltbarer und viel leichter als die billigen. Bei Rose-Versand kann man sich kostenlos einen Katalog für Radteile bestellen und mal schauen, was es heute alles gibt.

3) Die Rahmenhöhe muß individuell auf den Fahrer zugeschnitten sein, das geht nur durch Fachinformation und Selbstauswahl oder einen guten Händler. Es gibt kein Fahrrad für jeden. Trotz der Unmöglichkeit des Schweißens bin ich jetzt bei Alu-Rahmen angekommen. Minimalstes Gewicht ist alles. Alu-Rahmen sind heute genauso bruchsicher wie Stahlrahmen. Man muß sich halt einen guten Mountain-Bike-Rahmen nehmen. Sowieso alle Technik Mountain-Bike-robust wählen.

4) Eine übliche 7- oder 8-Gang-Nabenschaltung ist zu wenig untersetzt. Ideal wäre die 14-Gang-Rohloff-Nabenschaltung mit Vollkettenschutz, aber die kostet so um die 700 Euro allein. Billiger sind Kettenschaltungen, 21-, 24- oder 27-Gang. Nachteilig ist hier der sehr hohe Wartungsaufwand und die Empfindlichkeit dieser Schaltung besonders bei rauher Behandlung im Gelände und "auf der Flucht".

5) Gepäck maximal 20 kg auf dem Fahrrad, ideal wären nur 10 kg. Hänger jeder Bauart halte ich bei der Flucht für ausgeschlossen. Sowas mag im Flachland und auf der Straße gehen. Ich bin quer durch die Botanik, steile Waldwege, schwere Schotterpisten. Das ist mit Hänger und viel Gepäck unmöglich. Schlafsack, Zelt, Iso-Matte und einen kleinen Rucksack mit dem Allernotwendigsten, mehr ist nicht drin. Eine Flucht ist kein Schulausflug. Wer es nicht glaubt, der fahre in ein gebirgiges Gebiet (wie unser Fluchtziel südlich der Donau) und versuche dort mit vollem Rad und vollem Hänger schnell über steile Wald- und Feldwege und auch Straßen zu fahren, 30 km am Stück bei Bullenhitze, und vielleicht noch mit Famile und Kindern im Schlepp.

6) Der Sattel ist wichtig. Er muß bequem sein, aber auch langstreckentauglich. Eventuell sind moderne Gel-Sättel optimal, die sich dem Gesäß anpassen. Um sich auf der Flucht mit dem Rad nicht wundzuscheuern, kann es empfehlenswert sein, sich seinen Schritt dick mit Vaseline einzuschmieren.

7) Den Sommer sollte man draußen verbringen und nicht im Büro, wie viele blasse Leute. Man kann auf der Flucht keine Sonnenschutzcreme mitschleppen und sollte eine natürliche Bräunung haben. Wer bleich und ungeschützt im brennenden August losfährt, der hat einen schweren Sonnenbrand sicher.

Fazit: Selbst mal probieren, wie man bei Testfahrten am besten zurechtkommt, rechtzeitig gute Fahrräder beschaffen oder besser selbst bauen, regelmäßig längere Strecken trainieren, den Körper in der Sonne und in Wind und Wetter abhärten.

Zum Schluß einen ultra-unkorrekten und ultralustigen Film bei Google-Video: Eins, zwei, eins, zwei! :-)

Gruß, HB

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