Re: Kann man guten Gewissens KEIN Sozialromantiker sein ?

Geschrieben von Odin am 11. April 2007 14:05:56:

Odin am 11. April 2007 14:05:56:

Als Antwort auf: Re: Kann man guten Gewissens KEIN Sozialromantiker sein ? geschrieben von AlexP am 11. April 2007 13:18:44:

Hallo Alex P

>Kann man guten Gewissens KEIN Sozialromantiker sein
>Ich bin kein Sozialromantiker sondern Realist und schlafe gut, ich fühle mich vielleicht 10 Menschen ernsthaft verpflichtet, die Bedürfnisse von >etwa 100 liegen mir am Herzen, den Rest von ein paar Milliarden versuche ich nicht zu schädigen.

Ich bin Sozialromantiker, kann aber auch für andere nicht mehr tun als Du
und fühle mich auch nicht mehr Leuten als Du persönlich verpflichtet. Aber
ich habe andere Anforderungen an die Institutionen.

>OK es gibt sowas wie eine Sorgfaltspflicht des Käufers, dass er sich
>nicht ein Objekt mit versteckten Mängeln andrehen lässt. Aber Altlasten
>kann man in der Regel nicht sehen.

>Wenn ich mir etwas kaufen würde, dann würde ich Gutachter sowohl für Boden als auch Gebäude in Anspruch nehmen, selbst wenn bis zu 5% der Kaufsumme >dabei zusammen kommen.

Ist sinnvoll, besonders wenn man in Gebieten mit hoher Wahrscheinlichkeit
von Altlasten lebt, z.B. in alten Industriegebieten.

>OK aber wer verliert schon gern sein Heim. Besonders solange man brav
>zahlt, was man schuldig ist, und auch willens und fähig ist das
>weiterhin zu tun. In solchen Fällen sollte die Bank spiegelbildlich
>dazu genau so anständig mit dem Kunden verfahren wie der Kunde mit der
>Bank.

>Das ist aber nur ein Teil des Vertrages. Wenn einem der andere Teil des Vertrages (Kündigung bei verschlechtertemm Rating etc.) nicht passt sollte >mit seiner Bank einen Vertrag ohne diese Klauseln abschliessen. Das geht, man zahlt aber 1-3% mehr an Zinsen oder schliesst zusätliche >Versicherungen ab.

Da missfällt mir schon mal der amerikanistische Ausdruck "Rating". Hier
bei uns würde das "taxeringsvärde" heissen, also der vom Finanzamt
geschätzte Verkehrswert (besserer Ausdruck als "Rating") des Objekts.

>Man kann doch nicht beides von der Bank verlangen, höheres Risiko und niedrige Zinsen.

Wenn das seitens der Bank bei Vertragsabschluss offen auf den Tisch
gelegt wird, dann kann ich das noch nachvollziehen, obwohl ich nie
einsehen werde, was an einem Kredit schlecht sein soll, der regel-
mässig und korrekt bedient wird. Das mag nur ein Teil des Vertrages
sein, aber doch allemal der Wichtigste.

>Diese Institutionen sind ohne uns Menschen, die wir sie gemeinsam aufgebaut
>haben, gar nichts und auch zu gar nichts nütze. Wir sind der Bezugspunkt
>(der einzig legitime ?), von dem aus und um dessentwillen wir selber
>diese Institutionen geschaffen haben, und zwar damit sie uns dienen, nicht
>damit wir ihnen dienen.

>Da unterscheiden wir uns. Ich bin der Meinung, dass Institutionen, Firmen etc. sich vom Menschen entkoppeln und früher oder später völlig ohne >menschliche Beteiligung sich weiter entwickeln, Roboter, Datennetze und Computer helfen dabei.

Und ich bin der Meinung, dass das nicht zu geschehen hat und nicht
geschehen darf. Was von uns und für uns aufgebaut wurde, hat uns zu
dienen und den Nutzen an uns als Bezugspunkt und als einzige Recht-
fertigung und sonst gar nichts.

>Dabei gehts überhaupt nicht um Sinn und Moral, sondern nur darum ob das möglich und überlegen ist.

Was wem überlegen ist, das zeigt sich beim Steckerziehen.

>Was ist daran sozialromantisch, wenn ich behaupte, keine Institution hat
>eine Legitimität um ihrer selbst willen, während die Menschenrechte jedes
>Einzelnen von uns angeborenes und unveräusserliches Recht sind ?

>Menschrechte etc. ist nur eine Fiktion innerhalb des Menschen, in der Natur gibts das in der Form nicht.

Stimmt, aber in der Natur gibt es auch keine "Institutionen" jenseits der
bilogischen Art, die sie aufbaut. Die Bienen zusammen SIND der Bienenstock,
die Ameisen zusammen SIND der Ameisenhaufen. Ohne Bienen kein Bienenstock,
ohne Ameisen kein Ameisenhaufen.

Die Menschenrechte sind eine ethische Fiktion, die wir nach unseren
Bedürfnissen (vor allem dem nach Schutz und Sicherheit vor Unwägbarkeiten)
geschaffen und zu Recht verinnerlicht haben. Oder willst Du im Ernst
behaupten, ohne diese Fiktionen lebt es sich besser ? Wer das Unglück hat
im Irak oder in Nordkorea leben zu müssen, der wird Dir da bestimmt
widersprechen.

Sollten sich unsere technischen Systeme - die nur eitel Menschenwerk sind
und einzig uns ihre Existenz verdanken - jemals erdreisten sich über uns
(ihre Schöpfer) erheben zu wollen, dann ist es an der Zeit für das grosse
Steckerziehen (entspricht Gottes Sintflut im Alten Testament).

>Eine Welt, in der Banken und andere normale
>unbescholtene kleine Leute, die immer ihre Pflicht getan haben, aus nach
>meiner Sicht böswilligen oder zumindest nichtigen Gründen über den Tisch
>ziehen (dürfen), nur weil das Kleingedruckte im Vertrag das erlaubt -
>in einer solchen Welt will ich nicht leben.

>Du müsstest eher mehr Bildung fordern. Aber die Welt ist mittlerweile so kompliziert geworden, dass immer mehr Menschen diese Dinge nicht mehr >verstehen können, selbst wenn die wollten. Am Ende wirst du eine einfachere Welt fordern müssen, die wird aber viel ungerechter.

Dann muss man es den Schreibern der Vertragstexte zur Pflicht machen sich
allgemein verständlich auszudrücken, etwa wie im Obelix-GmbH&CoKG:

"Denn wenn du und ich machen viele Hinkelsteine, Angebot sein viel
nachgefragt"

Ich betrachte auch verständliche Gesetzes- und Vertragstexte in lesbarer
Typengrösse (ohne Mikroskop) als ein Menschenrecht - wird doch erwartet,
dass man diese Texte zur Kenntnis nimmt.

>Bisher bin ich dem weitgehend entgangen, weil hier in Schweden die Gebräuche wirklich noch etwas humaner zu sein scheinen, was ich völlig richtig finde.
>Am Ende erreicht das jeden Winkel der Welt, die Frage ist nur wann.
>cu AlexP

Die schwedische Mentalität hat sich bisher als ein guter Schutz erwiesen -
möge es so bleiben.

Gruss

Odin

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