Ist hier Sarkasmus im Spiel?
Geschrieben von Bern8 am 10. Dezember 2006 22:45:28:
Als Antwort auf: Das neue PF..... geschrieben von Harry am 10. Dezember 2006 19:24:28:
Harry,
ganz kann ich Deinen Beitrag nicht einordnen; ob dies jetzt ernst gemeint ist oder nicht.
Ich geb Dir recht, die pessimistischen Beiträge hier sind in der absoluten Mehrheit. Ich war schon 2006 einer der Wenigen, die klar erklärt haben, dass NICHTS passieren wird, und auch heuer werden die Schwarzseher wieder ganz schön dumm aus der Wäsche gucken. Trotzdem möchte ich die Thematik genauer betrachten:
Zu den Russen: sicher rüsten die auf, aber mit dem allein kommen sie auch nicht weit. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die eigene Bevölkerung in einem perspektivlosen Chaos versinkt (Alkohol, Drogen, AIDS, Krankheiten, Demoralisierung), die Infrastruktur von einer Katastrophe zur nächsten stolpert und zu allem Überfluss das 10 mal so große China (Bevölkerung) im Osten schon gierig lauert. Hier sind dem Zeithorizont schon enge Grenzen gesetzt. Ich rechne hier damit, dass in > 5 Jahren Russland zusehends ausserstande sein wird, eigenständig die Initiative zu ergreifen. Anschließend fällt die wesentliche Konstante ALLER Schauungen definitiv aus! Somit reden wir von einem Zeithorizont <2011, anschließend verliert das Forum seine Diskussionsgrundlage.
Die Frage stellt sich für mich somit folgendermaßen: Wie realistisch ist es, dass das Auslöseereignis, eine weltweite Wirtschaftskrise, wirklich eintritt? Wir hatten über 80 Währungszusammenbrüche weltweit seit Ende des zweiten Weltkrieges, allerdings keine in sog. Prinzipalstaaten (USA, Japan, D, F, GB). Diese Ereignisse waren immer so, dass entweder die Hauptplayer massiv profitierten, oder nicht involviert waren bzw. sich die Verluste in Grenzen hielten. In dem genannten Fall jedoch würde dies bedeuten, dass das System an sich kollabieren würde, und damit würden nicht nur riesige Verluste verzeichnet auf Seiten des Big Money, sondern das Spiel an sich beendet. Somit muss man klar analysieren, wer hier Interesse daran haben könnte und was die Ursachen hierfür sind. Ich möchte hier analysieren:
A) Endogene Ursachen:
1. Ein zufälliges Zusammenklappen des Systems, weil einer sich vertippt oder eine Großbank pleite geht und nicht aufgefangen wird, ist auszuschließen, da die Spieler die Regeln nicht nur kennen, sondern auch erfunden haben und jederzeit zu ihren Gunsten ändern können (Inflation, Schuldenmoratorium, Währungsschnitt, Goldstandard). Eine kurzfristige Destabilisierung würde durch einen der genannten Schritte kurzfristig behoben.2. Ein Machtkampf zwischen den Big Playern im Glauben, es gehe nur mehr darum, den Mitspieler auszubooten, existiert zwar latent seit jeher, dabei jedoch anzunehmen, dass dieser entgleiten könnte, ist irreal. Alle sind zu sehr miteinander verwoben und aufeinander angewiesen, dass dies nur taktische Scharmützel sein können.
3. Sog. "Systemfehler": Die Annahmen, im System seien die Ursachen für ein Scheitern bereits zugrundegelegt, sind irreal. Das Problem sind in erster Linie die zu hohen Staatsschulden, aber diese lassen sich im Zweifelsfall mit Methoden aus Punkt 1 eliminieren, und das Spiel beginnt mit vielen Verlierern wieder von vorn. Warum sollten die wenigen Gewinner nicht versuchen, dies wieder aufzuführen, wenn es für sie so erfolgreich war?
4. Aufstände, Bürgerkriege: In der Geschichte ohne Präzedenz. Der Spartakusaufstand scheiterte entsprechend kläglich, andere Weltverbesserungs- und Schlechte-Gewissen-Revolten à la Dekabristenaufstand ebenso bereits in den Anfängen. Breit angelegte sog. "Volksbewegungen" gab es nirgends und sind wenn es sie gab nie allein endogen entstanden, sondern mit massiver Unterstützung exogener Ursachen bzw. Einflussnahme.
Somit ist aus logischer Analyse heraus ein Scheitern des Systems aus sich heraus ausgeschlossen.
B) Exogene Ursachen:
1. Naturkatastrophen, Seuchen, Erdbeben: Im klassischen Ausmaß jederzeit denkbar, aber von den Auswirkungen her stets falsch eingeordnet. Das Worst-Case-Szenario, nämlich Untergang Kaliforniens oder Japan, würde so blöd es klingt, den Rest der Welt nicht stark berühren, es würden sogar Konkurrenten wegfallen (z. B. ist die japanische Wirtschaft weitgehend autark organisiert) bzw. bei geringerem Ausmaß durch die Wiederaufbauarbeiten sogar die Rückkehr in die Realwirtschaft gefördert. Der erhöhte Kapitalbedarf kann ohne Zinserhöhungen jederzeit aus der Derivatespekulation umgeleitet werden in den Warenaustausch.
2. Kosmische Impakte oder Kataklysmen: Apokalyptische Beendigung des bisherigen Geschehens. Zeitlich weder vorhersehbar und für sich genommen zerstörerisch. Bezug zu Wirtschaftskrise nicht herstellbar. Lt. Schauungen bestenfalls auch erst in der Folge. Somit als Indikator nicht relevant.
3. Gezielte Zerstörung durch externe Mächte: einzig relevanter Punkt. Hier gibt es im Prinzip zwei Dinge zu bedenken:
a) Zum einen, ist die Handlung rational gesteuert, oder irrational. Bei irrational ist keine Vorhersage möglich, wobei hier bedacht werden muss, dass der Gegner neben dem Willen auch die Macht haben muss, dies zu bewerkstellen. Und hier sind dem Kandidatenkreis enge Grenzen gesetzt, d. h. es müssen entweder Kapital oder Massenvernichtungswaffen in erheblichem Umfang bereitstehen. Der Gegner handelt im Bewußtsein, dass sein Tun das System zerstört und der Preis dafür seine eigene Vernichtung ist. Derzeit sind in dem Zusammenhang keine Kandidaten auszumachen, selbst der Iran oder Nordkorea scheiden aus, ein paar wenige Atomwaffen reichen in dem Fall nicht (selbst ein Angriff auf Israel würde die Welt zwar erschüttern, jedoch nicht zwangsläufig das Ende des Systems bedeuten, wenn alle restlichen Teilnehmer vernünftig bleiben). Somit schließe ich diese Möglichkeit aus.
b) die Handlung ist rational gesteuert und geplant. Dies bedeutet, sie muss so ausgeführt sein, dass der Urheber und Zweck nicht sofort erkannt wird. Macht natürlich auch erforderlich, dass man über die Mittel an Kapital verfügt, und auch über eine entsprechende Rüstung, die einen Militärschlag der USA verhindert. Hier gibt es nur 2 Prätendenten, die dafür in Frage kommen, das ist zum einen China, zum anderen Russland.
China wird jedoch auf Zeit spielen, und die eigene positive Entwicklung sowie den Verfall in den USA mitnehmen wollen und sich somit hüten, hier den ersten Schritt zu tun.
Bleibt Russland: Russland kann militärisch nicht bedroht werden, da es gleichwertig ist. Es hat sicher auch ein Interesse, die Vorherrschaft in Eurasien zu erringen, und das schnell, und hierzu müssen die USA aus Europa vertrieben werden. Dies ist durch Perestrojka mehr oder weniger geschafft, wurde durch die Bush-Administration und die Nato-Osterweiterung jedoch militärisch systematisch revidiert. Somit bleibt für uns die Frage, verfügt Russland über die Möglichkeiten, eine Wirtschaftskrise auszulösen, und dabei gleichzeitig nicht sofort als Täter ins Auge zu rücken? Dies ist schwierig zu beantworten. Ein klassisches Gashahn-Abdreh-Manöver wäre zu durchsichtig, und würde nur dann Sinn machen, wenn ein militärisches Eingreifen innerhalb weniger Monate bereits fest eingeplant ist. Der moralische Schaden wäre jedoch enorm, und durch das Zusammenrücken der nun gaslosen würde man alle potentiellen Partner verlieren. Somit muss man den Kapitalmarkt beachten: hier stellt sich die Frage, welche Manöver bleiben hier möglich, unentdeckt die Börsen auf Südkurs zu schicken, so stark, dass es nicht mehr aufzufangen ist. Angesichts des Volumens des globalen Kapitalmarkts und des sehr geringen Anteils Russlands hieran scheint mir auch hier die Möglichkeit äußerst begrenzt.Vor dem Hintergrund oben genannter Analyse erscheint es mir mehr als zweifelhaft, ob die hier im Forum stets diskutierten Ereignisse jemals eintreten werden, oder ob die Menschheit nicht von sich aus den Zustand herstellt, der nach den Ereignissen überbliebe, nämlich durch eine Rückkehr zu einem Miteinander, denn das ist in jedem Fall auch ohne Krieg und Katastrophen erforderlich; ohne dieses geht die Gesellschaft und jeder einzelne über kurz oder lang wenn nicht kollektiv-physisch, dann doch individuell-psychisch zu Grunde.
Mit analytischem Gruß
>Hallo Joe,
>hast schon Recht. Hier ist das neue PF. Steht für Pessimisten-Forum. Wir werden sehen, wie sicht erstmal wieder ein Aufschwung entwickelt. Die erhöhte MwSt. wird ein Schweinegeld in die Staatskassen spülen. Dann wird leider endlich "meine" Rheinbrücke gebaut und es dauert eben min. 15 Jahre bis die fast fertig ist und dann erfüllen sich die Prohs: "Die ersten die darüber gehen, sind die fremden Soldaten". So schnell wird das alles nichts. "Das Tor zur Hölle" von Stephan Berndt ist auch den abgedrehtesten Kriegstreibern vor Augen. Wie soll das denn wirklich gehen, wenn die Amis nun auch noch den Iran angreifen. Die werden ja nicht mal mit dem bisschen Irak fertig. Politisch ist das auch in USA nicht durchzusetzen. Selbst wenn sie es schaffen würden, Europa mit rein zu ziehen, ist doch m. E. keine Aussicht auf Erfolg da. Europa hat völlig abgerüstet. Wir können doch nicht einmal das eigene Nest sauber halten. Das wissen selbst die Naivlinge, die uns regieren. Ein kurzfristiger WK3 paßt einfach nicht in die Landschaft. Die Russen werden nicht eher marschieren, als Europa im Chaos versunken ist. Schon allein wegen der paar Verluste und Kriegskosten. Wenn sie warten, zahlen sie das aus der berühmten Portokasse. Bis dahin rüsten sie noch vom Feinsten, denn sie verdienen mit dem was Mutter Erde ihnen beschert hat nämlich ÖL und Gas gigantisch. M.M.: Die Russen lassen sich erst einen Krieg aufzwingen, wenn er ihnen so richtig schön in den Kram paßt.
>
>LG
>Harry
>PS. Ich kann immer wieder nur appelieren, studiert die Prophs, interpretiert sie unter Einbeziehung des zeitnahen globalen Geschehens, dann kommt auch ein realistisches Timing dabei heraus.
Antworten:
- Danke für niveauvolle Diskussion - und Antwort auf den Beitrag Micha aus dem Süden 11.12.2006 21:46 (0)
- Alles Geschwätz! HJH 11.12.2006 03:46 (0)