Re: punkto Serbien und der Westen - neuer Konflikt
Geschrieben von Suchender am 17. März 2005 13:25:
Als Antwort auf: Re: punkto Serbien und der Westen - neuer Konflikt geschrieben von Suchender am 16. März 2005 15:12:
Angst vor neuen Unruhen im Kosovo
Ein Jahr nach den schweren Unruhen im März 2004 im Kosovo nehmen die Spannungen in der südserbischen Provinz offenbar wieder zu.
Am Dienstag entging Präsident Ibrahim Rugova nur knapp einem Sprengstoffattentat. Rugova war auf dem Weg zu einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Pristina, als am Straßenrand ein Sprengsatz detonierte und den Wagen des Politikers beschädigte.
Rugova, der bei dem Vorfall unverletzt blieb, verurteilte den Anschlag als Tat jener "Kräfte, die das Kosovo weiter destabilisieren" wollten.
Regierungschef unter Anklage
Verschärft hatte sich die Sicherheitslage, so die UNO-Verwaltung für das Kosovo, UNMIK, zuletzt nach dem Rücktritt des bisherigen Regierungschefs Ramush Haradinaj vergangene Woche.
Haradinaj, ein ehemaliger Kommandant der albanischen Untergrundarmee UCK, muss sich seit Montag vor dem Kriegsverbrechertribunal der UNO in Den Haag verantworten und befindet sich seither in Untersuchungshaft.
Schwere Vorwürfe gegen Ex-UCK-Kommandanten
Er wird von der UNO beschuldigt, für schwere Übergriffe auf Angehörige der Roma- und serbischen Minderheit im Westkosovo während des Krieges 1998/99 verantwortlich zu sein. Direkt verantwortlich soll er für die Ermordung von 39 Serben sein.
Unter Haradinajs Kommando soll es aber auch zu Übergriffen der UCK auf albanischstämmige "Kollaborateure" gekommen sein.
Angst um "Kriegshelden"
Der EX-UCK-Kommandant, der erst im Dezember zum Regierungschef gewählt worden war, hatte sich dem Tribunal freiwillig gestellt und beharrte darauf, unschuldig zu sein. Er rechnet nicht mit einer Verurteilung.
Sollte es zu einem Schuldspruch kommen, könnte das die sechs Jahre nach dem Ende des Kosovo-Krieges immer noch extrem instabile Lage in der Provinz wieder zum Kippen bringen, fürchten Beobachter. Haradinaj gilt bei der Mehrheit der Albaner im Kosovo als Kriegsheld.
UNO und OSZE mahnen zur Ruhe
Die UNO und die OSZE reagierten bereits zu Wochenbeginn auf die zunehmend gespannte Lage. Die UNO versetzte ihre Soldaten in der Provinz in erhöhte Bereitschaft und verstärkte ihre Kontrolltätigkeit.
Die OSZE appellierte an die Konfliktparteien, "nun Reife und Verantwortung" zu zeigen. Sollte es zu ähnlichen Unruhen kommen wie im März 2004, dann könnte das für heuer geplante Gespräch über den zukünftigen Status der Krisenprovinz wieder in weite Ferne rücken.
Solche Gespräche waren nach schweren ethnischen Unruhen zwischen Serben und Albanern im März 2004 bereits einmal verschoben worden.
Seit 1999 unter UNO-Mandat
Sechs Jahre nach dem Ende der Kämpfe zwischen Serben und UCK, die schließlich zu einem NATO-Einsatz gegen Restjugoslawien führten, gehört das Kosovo offiziell dem Staatenbund von Serbien und Montenegro an.
Faktisch steht die Krisenprovinz im Süden Serbiens jedoch seit 1999 unter Verwaltung von UNO und NATO. Die Frage ihres künftigen Status ist nach wie vor unklar.
Kosovo-Präsident Ibrahim Rugova überlebte ein weiteres Attentat
PRISTINA. Der Präsident des Kosovo, Ibrahim Rugova, ist nur knapp einem Anschlag entkommen. Als sein Auto eine Straße im Zentrum der Hauptstadt Pristina passierte, explodierte ein in einem Müllcontainer versteckter Sprengsatz.
"Gott sei Dank habe ich wieder überlebt", sagte Rugova, der zum Zeitpunkt des Anschlags zu einem Treffen mit dem außenpolitischen EU-Koordinator Javier Solana unterwegs war. "Das Gleiche passierte schon einmal vor einem Jahr", sagte der Präsident. "Leider gibt es immer noch Leute, die den Kosovo destabilisieren wollen."
Erst am Wochenende waren zwei kleinere Sprengsätze vor dem UNO-Hauptquartier in Pristina explodiert. Die Zwischenfälle stehen vermutlich im Zusammenhang mit der Verhaftung des kosovarischen Premierministers. Ramush Haradinaj, der im Kosovo als Held verehrt wird, hatte sich freiwillig dem UNO-Tribunal gestellt. Auch zum heutigen Jahrestag der Ausschreitungen vor einem Jahr, bei denen 19 Menschen starben, werden Unruhen befürchtet.
Die Nato hat ihre Truppen in höchste Alarmbereitschaft versetzt. 500 britische und 600 deutsche Soldaten wurden zusätzlich in den Kosovo verlegt. Österreich entsandte 40 Soldaten, die das 529 Mann starke Österreich-Kontingent verstärken sollen. Insgesamt zählt die Schutztruppe zur Zeit mehr als 17.000 Soldaten.
"Es wird mit größter Wahrscheinlichkeit keine gewalttätigen Auseinandersetzungen mehr geben", gibt sich der österreichische Generalmajor Christian Segur-Cabanac optimistisch. Die Nato habe aus den Erfahrungen gelernt. Der Generalmajor ortet aber auch ein generelles Umdenken im Kosovo: "Es bildet sich doch eine gewisse Zivilgesellschaft im Kosovo heraus, die eher den westlichen Traditionen verhaftet ist als den patriarchalischen albanischen Clan-Überlegungen."