Nachtrag

Geschrieben von Bonnie am 23. Januar 2005 15:13:32:

Als Antwort auf: Re: @IT Oma, auch @Johannes und @Bonnie, Must-read-link zum Thema Wirtschaft .. geschrieben von NoPasaran am 22. Januar 2005 20:45:00:

Hallo NoPasaran,
zum Abschluß beziehe ich mich auf diesen Text von dir:

aber da gibt's einen Punkt, da stell' ich einfach fest, daß ist ein ganz, ganz fundamentales Schlüsselelement zur Erklärung unserer momentanen Situation, und ich find's nirgendwo in den gängigen Wirtschaftsmodellen, was - wie ich anderswo schon geschrieben hab' hier im Forum - nur drei Schlüsse zuläßt: Böse Absicht, Theorien grottenschlecht, oder ein Mix aus beiden.

Ich würde die Erklärung für die Situation, in der wir uns befinden, in der Verhaltenswissenschaft suchen. Warum verhält der Mensch sich so, wie er sich verhält ? Und die Verhaltenswissenschaft müßte Grundlage der Wirtschaftstheorie sein. Solche Ansätze gibt es bereits. Aber da darf man nicht im 19. Jahrhundert suchen. Theorien grottenschlecht ? Ja, wenn sie das Verhalten des Mensch nicht genügend berücksichtigen (Da steht der Marxismus ganz vorne übrigens). Die medizinischen Theorien des 19, Jahrhunderts sind aus unserer heutigen Sicht auch grottenschlecht. Böse Absicht ? Ja, aber nur so böse, wie der Mensch im allgemeinen "böse" ist. In meinen Augen ist er ein Mix aus "gut" und "böse" .. aber da kommen wir eigentlich schon in die Philosophie. Was ist "gut", was ist "böse" ?

Alles, was darüberhinaus geht: Metaebenen, auf denen Satan und Gott gegeneinander kämpfen etc .. da höre ich eigentlich auf, zu diskutieren. Ich weiß es schlicht nicht und sehe keine Möglichkeit herauszufinden, was richtig und was falsch ist.

Aber ich will dir nochmal kurz schreiben, wie ich die Situation, in der wir uns befinden, erkläre:

- Die Marktwirtschaft hat die Tendenz, große Unternehmen hervorzubringen. Das geht über diese Schiene: Verdrängen der Mitanbieter durch ruinösen Wettbewerb (Anbieten der Ware unter Kostenpreis), was sich nur große Unternehmen leisten können, danach in der Monopol- oder Oligopolsituation Preisabsprachen und das Erzielen von Monopolpreisen, dadurch mehr finanzieller Spielraum und weiteres Wachsen der Großunternehmen.
- Der Staat hätte diese Tendenz einschränken können und müssen. Er hat es aber nicht getan (obwohl es eine Kartellbehörde gibt, aber du siehst ja, was passiert: Eine Elefantenhochzeit nach der anderen). Warum ? Weil sich die Menschen, die sich Politker nennen, haben bestechen lassen (siehst du, wie wichtig das Einbeziehen der Verhaltenslehre ist?) Dadurch konnten die Unternehmen ungehindert wachsen. Mittlerweile sind die Unternehmen mächtiger als der Staat und stecken die Politiker in die Tasche. Jetzt müssen sie nicht mehr bestechen, jetzt drohen sie offen, die Produktionsstätten abzuziehen und keine Steuern mehr zu zahlen. Der Staat geht auf die Forderungen ein, aber die Produktionsstätten werden trotzdem abgezogen und Steuern werden auch nicht mehr gezahlt. (sie machen das übrigens nicht, weil sie böse Menschen sind, sie stecken in einem System mit Konkurrenz und zwar auf Mikro- und Makroebene) Wir streiten uns hier um Hartz IV und arbeitslose Ausländer, dabei ist der Grund für die Finanzmisere des Staates die Tatsache, daß die Großkonzerne seit Ende der 90iger Jahre keine Steuern mehr bezahlen (aber Subventionen abkassieren).
- Beim Geld ist es nicht der Zins, sondern der Zentralbankkredit, der das ganze System zum Wachstum zwingt. Denn es gibt keinen Gegenwert im ökonomischen System zum Zentralbankkredit. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, daß die amerikanische Zentralbank nicht mal in öffentlicher, sondern in privater Hand ist, kannst du dir denken, wie brisant dieses Instrument ist.

Das ist meine Sicht der Dinge, ich hoffe, du kannst damit was anfangen. Ich hoffe, ich konnte auch deutlich machen, daß ich weder rechts noch links argumentiere, sondern mehr das Gleichgewicht suche. Die Marktwirtschaft ist klasse und bringt brilliante Ergebnisse, aber sie hat die systemimmanente Tendenz, zu große Unternehmen hervorzubringen. Nur der Staat kann da eingreifen, aber auch nur zu einem Zeitpunkt, wenn die Unternehmen noch kleiner sind als der Staat. Der Zeitpunkt ist überschritten (zumindest für Deutschland, aber in den USA stellen die Unternehmen ja gleich die Präsidenten .. da ist es noch schlimmer).

Liebe Grüsse, Bonnie


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