Zinsverbot
Geschrieben von Spitama am 29. August 2005 10:43:37:
Als Antwort auf: Re: Hallo - ein paar Infos dazu - Zinsen zahlt auch, wer keine Geldschulden hat geschrieben von detlef am 29. August 2005 00:03:51:
Hallo,
ohne nun wirklich ein Anhänger der Freigeldtheorie zu sein, möchte ich mal auf ein Zinsverbot unter anderem im Mittelalter bei den Karolingern hinweisen. Ein Zinsverbot besteht nach ursprünglichem christlichen Glauben für eben jene Gläubigen :-)
Aber lest selber: Bibel Kirchen Zinswirtschaft
Es geht dabei nicht nur um die Zinswirtschaft in Anbetracht der Bibel und Kirchen. Auf jeden Fall interessant.
"Allgemeine Geltung erlangte das Zinsverbot
erst unter den Karolingern. Nachdem England
787 vorausging, legte Karl der Große der Sy-
node von Aachen im Jahr 789 ein entsprechen-
des Gesetz vor. Kaiser Lothar bestimmte im
Jahr 825:"Wer Zins nimmt, wird mit dem Königsbann
belegt, wer wiederholt Zins nimmt, wird aus
der Kirche ausgestoßen und soll vom Gra-
fen gefangen gesetzt werden."Nach Geltung und Wirkung ist zweifellos das
Mittelalter der Höhepunkt des Zinsverbots. Die
religiöse Haltung der Menschen, das mittelalter-
liche Bodenrecht und die zunächst noch vor-
herrschende Naturalwirtschaft machten dies
möglich. Als die Geldwirtschaft zunahm, er-
leichterten es die immer wieder zum Umtausch
aufgerufenen Brakteaten (ca. 1150 -1350) (10),
das Zinsverbot aufrechtzuerhalten, zumal die
von Landwirtschaft und Handwerk ferngehalte-
nen und auf Geld- und Warenhandel beschränk-
ten Juden die Rolle des Sündenbocks wahrnah-
men.Deshalb konnte das zweite Laterankonzil 1139
beschließen:"Wer Zins nimmt, soll aus der Kirche ausge-
stoßen und nur nach strengster Buße und mit
größter Vorsicht wieder aufgenommen wer-
den. Einem Zinsnehmer, der ohne Bekehrung
stirbt, soll das christliche Begräbnis verwei-
gert werden."Papst Eugen III. verkündete 1150:
"Wer mehr nimmt als die Leihsumme aus-
macht, verstrickt sich in die Sünde des Wu-
chers. Alles was zur Leihsumme hinzukommt,
ist Wucher."Und selbstbewußt gegenüber weltlichen Herr-
schern statuierten die Päpste Alexander III.
(1179) und Klemens V. (1311):'Jede Gesetzgebung, die den Zins erlaubt, ist
null und nichtig.'Wie diffizil die Materie jedoch bei näherem Hin-
sehen ist, zeigen die ausführlichen Erörterungen
beim heiligen Thomas von Aquin (1224 -1274),
dem bedeutendsten Theologen und Philosophen
des Mittelalters. Zwar verurteilt auch er den
Zins als in sich ungerecht (unter Berufung u.a.
Auf Aristoteles):"Das Geld kann nur durch Ausgeben ge-
braucht werden, also ist dem Gläubiger kein
Zins zu vergüten. Auf Zins ausleihen ist Sün-
de."Doch anerkennt Thomas nicht nur Miete und
Pacht, und zwar bei Dingen, die durch den Ge-
brauch nicht verbraucht werden, sondern auch
Gewinn- und Verlustbeteiligung durch einen
Gesellschaftsvertrag und Schadensersatz kraft
gesonderter Vereinbarung.Gedrängt durch die Bedürfnisse der Wirt-
schaftspraxis entwickelt die Spätscholastik
(14./15. Jh.) hieraus eine verzweigte Zinstitel-
theorie, welche das Zinsverbot zunehmend
durchlöchert. Danach kann der Darlehensgeber
im begründeten Einzelfall Ersatz für ihm ent-
standenen Schaden oder auch entgangenen Ge-
winn verlangen, wie auch einen Risikozuschlag
und Konventionalstrafe bei verzögerter Rück-
zahlung, sofern solches gesondert vereinbart
wurde. Auch entsprach es dem eigenen Inter-
esse der Kirche, insbesondere dem vieler Klö-
ster, den Rentenkauf anzuerkennen, wodurch
sich der Grundstücksverkäufer von dem Käufer
eine regelmäßige Leistung versprechen lassen
konnte, sei es auf Dauer, sei es einseitig oder
beidseitig kündbar. Sobald diese Leistung nicht
mehr abhängig war von dem jeweiligen Ertrag
eines konkreten Grundstücks, näherte sich ein
solches Vertragsverhältnis dem verzinsten Dar-
lehen.Anerkannt wurde auch die Forderung nach Er-
satz von Aufwendungen, die Leihanstalten
kirchlicher Orden (Montes pietatis) hatten, die
in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in
italienischen Städten hilfsbedürftigen Menschen
gegen Pfand Geld oder andere Dinge liehen.Sehr umstritten blieb dagegen der Versuch, das
Zinsverbot durch einen sogenannten 'contrac-
tus trinus' zu umgehen, bei dem durch Koppe-
lung eines Gesellschaftsvertrages mit zwei Ver-
sicherungsverträgen eine feste Gewinnbeteili-
gung und die Rückgabe des geliehenen Betra-
ges vereinbart wurden.
"
- Nachtrag - Linkempfehlung! Spitama 29.8.2005 10:52 (1)
- Re: Nachtrag - Linkempfehlung! detlef 29.8.2005 14:25 (0)