Re: Danke, Frankreich !!

Geschrieben von Suchender am 30. Mai 2005 15:50:45:

Als Antwort auf: Danke, Frankreich !! geschrieben von offthspc am 29. Mai 2005 22:02:58:

Zusammenbruch

Die eindeutige Ablehnung des EU-Staatsvertrages ("Verfassung") durch die französischen Wähler hat zu scharfen Reaktionen der deutschen Außenpolitik geführt. Wie es in Berliner Regierungskreisen heißt, habe der französische Präsident "ohne Not" zu den Urnen gerufen und trotz "vorhandener Mittel" das gewünschte Ergebnis nicht herbeiführen können. Ursache des Versagens seien Konkurrenzängste der französischen Eliten, deren europäischen Zwiespältigkeiten man sich nicht beugen werde. Das Auswärtige Amt erwartet "sofortige Maßnahmen", um durch Umbildung der französischen Regierung und politisches Marketing eine Annullierung des "Nein" herbeizuführen. Dem seit Wochen ausgeübten Druck auf Paris, den Berlin jetzt verschärft, begegnet die französische Außenpolitik mit Bündnisüberlegungen. Die unsicheren Kräfteverhältnisse in der labilen EU könnten dazu zwingen, Deutschland stärker einzufrieden, bevor es von der EU-Krise profitiert, lassen diplomatische Kreise der französischen Hauptstadt streuen. Die Anspielung auf eine Achse zwischen Paris und Moskau, die Berlin blockieren kann, löst in Polen Besorgnisse aus (siehe unsere heutige Meldung "Unterschätzt und verschwiegen").

In einer ersten Reaktion hat der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) das Abstimmungsergebnis einen "Unfall" genannt. Mit unverhohlener Missbilligung, die der französischen Regierung Versagen attestiert, setzte der sozialdemokratische Politiker Paris eine Frist bis zum kommenden Jahresende. Sollten die Verantwortlichen außerstande sein, eine Umkehr herbeizuführen, werde man sie im Kreis der bisherigen EU-Mitglieder entsprechend einvernehmen. Ausdrücklich schloss Verheugen aus, den EU-Staatsvertrag ("Verfassung") einer Revision zu unterziehen.

Katastrophe
Damit bestätigt der EU-Kommissar Durchhalteparolen der Berliner Außenpolitik, die das Vertragswerk unter allen Umständen durchsetzen will. Neben den darin realisierten Stimmvorteilen geht es um die Fortführung der gegenwärtigen deutschen Wirtschafts- und Militärpolitik. Das eventuelle Scheitern deutsch-französischer Industrieabsprachen, die über die EU durchgesetzt werden sollen, wird in Berlin als "Katastrophe" bezeichnet.

Wahrscheinlich
Das Auswärtige Amt rechnet mit einer erneuten Zurückweisung des Staatsvertrages in den Niederlanden, wo am kommenden Mittwoch abgestimmt werden wird. Sollten diese Voraussagen zutreffen, erscheint die Annahme in Großbritannien ausgeschlossen, in Tschechien und Polen zweifelhaft. Mit dem völligen Zusammenbruch der bisherigen EU-Politik würden wechselnde Bündnisse, denen die Kernmächte einen Riegel vorschieben wollten, zu erheblicher Bewegungsfreiheit der kleineren EU-Mitglieder führen. Für diesen Fall gilt die offene Renationalisierung der deutschen Außenpolitik als wahrscheinlich.


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