Re: handwerkliche fähigkeiten

Geschrieben von Arkomedt am 29. Dezember 2002 02:39:22:

Als Antwort auf: handwerkliche fähigkeiten geschrieben von Tauernsäumer am 28. Dezember 2002 19:49:34:

Hallo tauernsäumer (lustiger Nick, nebenbei...),

sehr interessante Frage, die Du da stellst. Ich behaupte einfach mal, daß 7 von 10 Männern der heutigen Elektro-Wohlstandsgesellschaft und 6 von 10 Frauen derselben unfähig sein werden, ohne Elektrowerkzeug handwerkliche Arbeiten verrichten zu können. Diese Diskrepanz stammt aus der einfachen Tatsache, daß zu den handwerklichen Fähigkeiten auch das Waschen, das Kochen, Putzen und Flicken dazugehört.
Bei allen handwerklichen Arbeiten darf man eines nicht vergessen: Alle Elektrowerkzeuge (Flex, Stichsäge, Kreissäge, Bohrmaschine) funktionieren nur noch solange, wie man zumindest einen Generator und den Sprit dafür hat. Und nur solange, bis die Werkzeuge (Schleifscheiben, Trennscheiben, Stichsägeblätter, Bohrer, Sägeblätter) aufgebraucht sind. Sie werden nicht mehr zu ersetzen sein.
Deine Frage nach dem Schränken einer Säge trifft den Nagel auf den Kopf! Ich kann es, habe es aber vor zwanzig Jahren das letzte mal getan, könnte es aber noch. Schließlich habe ich mal Werkzeugmacher gelernt! Mit genau diesem Gedanken, an handwerkliches Metallbearbeiten, und zwar ohne Strom, habe ich mich in den letzten Monaten gedanklich auseinandergesetzt. Ich habe mir einen Werkzeugkoffer gepackt, der nur Werkzeuge enthält, die ohne Strom gebraucht werden können. Meine besten Stücke sind meine Feilen und Raspeln, meine Meißel und Stemmeisen. Gleich danach kommen die beiden Bohr(maschinen), eine einfache Kurbel ohne und eine mit Getriebeübersetzung, beide mit einwandfreiem Bohrfutter. Mein Bohrersatz beinhaltet nur hochwertigste, von oben bis unten durchgehärtete und veredelte HSS-Bohrer, die mit Geduld und Spucke auch wieder anzuschleifen sind, wenn sie mal abgebrochen sein sollten. Steinbohrer mit Edelstahlspitzen habe ich zwar auch eingepackt, aber nur für den einmaligen Gebrauch, d.h., nach dem Abstumpfen werde ich sie vergessen können.
Für meine Armbrust habe ich drei Ersatzfederbögen aus einem Blattfederpack angefertigt, denn dieser Federstahl ist ohne Flex nicht zu bearbeiten. Punkt.
Für alle, die sich mit dem Gedanken an eine Bauerei nach dem Crash tragen, ist es unabdingbar, sich jetzt bereits mindestens eine gute Sense zuzulegen und das Dengeln und Abziehen derselben zu üben. Mir hat das Dengeln vor über dreißig Jahren ein Bauer beigebracht. Stellt es euch nicht zu einfach vor! Eine falsch gedengelte Sense kann man nach einigen vergeblichen Mähversuchen nur noch als provisorische Hieb- und Stichwaffe verwenden.

Ganz wichtiger Tip an alle Vorsorger: Fangt jetzt gleich an zu werkeln! Lernt die Werkzeuge kennen, jetzt, wo es noch Strom gibt! Bringt eure Werkzeuge in Schuß, lernt sie kennen! Legt euch einen Vorrat an Schrauben an, beherzigt die guten diesbezüglichen Tips von Badland Warrior zur Entrostung und Haltbarmachung derselben! Setzt euch ein einfaches Ziel, stellt irgendetwas her, was dem Überleben in der Wildnis dienlich sein könnte. Bei mir war es eine Armbrust, beschrieben und fotografiert im Survival-Forum. Macht diese Arbeit fertig, gegen alle Schwierigkeiten. Die sind jetzt vernachlässigbar klein, verglichen mit dem Überleben in einer Welt, in der alle zivilisatorischen Gegebenheiten weggebrochen sein werden.

So hat mich der heute gepostete Exkurs über die Lederbereitung sehr interessiert, aber mit einer Frage im Raum stehen lassen: wo, zum Teufel noch mal, bekommt man Tannin her, wenn man fernab jeder Zivilisation auf einer einsamen Waldlichtung steht? Will sagen, die besten Survival-Handbücher können nur dann greifen, wenn man ein gewisses Grundwissen mitbringt.
Mein nächstes Projekt ist übrigens der Bau eines Destillators...
Was ich morgen kann besorgen verschiebe ich ganz gewiß nicht auf übermorgen, denn dann könnte es wirklich zu spät sein.

Freundlichst, Arkomedt. (Der weiß, wies geht)

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