Ethnische Konfliktstoffe in Deutschland

Geschrieben von franke43 am 30. Januar 2004 12:58:07:

Als Antwort auf: ...gibts nur in Jugoslawien. geschrieben von DaveRave am 30. Januar 2004 09:44:12:

Hallo David

Auch in Deutschland gibt es Minderheiten und Randgruppen,
die sich unterdrückt fühlen - oder in richtig schlechten
Zeiten vielleicht erst unterdrückt fühlen werden.

Deutschland ist aus der Kleinstaaterei des Absolutismus
nicht als homogenes Land hervorgegangen. Nach wie vor
identifizieren sich viele mit den "Volksstämmen" oder
"Dialektgruppen", denen sie angehören. Ich selbst sehe
mich z.B. als Franke, wie auch aus meinem Forumsnamen
hervorgeht. Als solcher würde ich mich vom Freistaat
Bayern zwar nicht unterdrückt, aber doch bevormundet
fühlen, wenn ich noch dort leben würde.

Wie die meisten historisch gewachsenen Nationen hat auch
Deutschland ethnische Minderheiten:

Eigene angestammte Minderheiten sind die Sorben und die
Friesen, ausserdem eine dänische Minderheit in Schleswig.

Ebenfalls eigene Minderheiten sind die Nachkommen der
Ostvertriebenen und Spätaussiedler, also ethnische
Deutsche aus den verlorenen Ostgebieten, aus Ungarn,
Rumänien, Tschechien und Teilen von Russland (Wolgadeutsche).

Durch Einwanderung entstandene Minderheiten sind die
Nachkommen der "Gastarbeiter". Die Nachkommen z.B. der
Türken sehen sich immer noch ganz oder teilweise ihrer
alten Ethnie zugehörig und werden auch von vielen so
gesehen. Die Nachkommen der polnischen Bergarbeiter im
Ruhrgebiet hingegen sind längst assimiliert und sehen
sich als Deutsche. All die Abramcziks, Kowalskis und
Szymanskis der Fusballvereine sind ja irgendwo hergekommen.

Überlagert über diese schwelenden Minderheitenprobleme
gibt es andere Konflikte, die nur durch den Noch-
Wohlstand in Ruhe gehalten werden:

Der alte Nord-Süd-Konflikt, als Hassliebe zwischen
Bayern und Preussen sichtbar.

Der neue, durch die deutsche Teilung entstandene Ossi-
Wessi-Konflikt.

Konflikte innerhalb von Bundeländern aufgrund nicht-
ethnischer Aufteilung:

Z.B. gibt es in Bayern eine Separatistenbewegung
(Bayernpartei), die den Austritt Bayerns aus der
Bundesrepublik Deutschlands anstrebt - so wie das
wohlhabende Slowenien in Ex-Jugoslawien den Anfang
gemacht hat. Aber in Bayern gibt es wiederum zwei
nichtbairische Völkerstämme - Schwaben und Franken -
die da nicht unbedingt mitmachen wollen.

Wir haben durchaus ein ähnliches Konglomerat wie das
alte Jugoslawien. Auch die zweite Reichsgründung
1871 war ja ein künstlicher Akt. Wir haben es nicht
geschafft - und wohl auch nicht gewollt - einen
homogenen und auf eine dominierende Hauptstadt
ausgerichteten Nationalstaat aufzubauen wie etwa
Frankreich oder auch die skandinavischen Länder.

Aber solange es den meisten noch gut geht, bleiben
diese Konflikte verborgen. Erst wenn der Wohlstand
ernsthaft in Frage gestellt wird und die Verteilungs-
kämpfe beginnen, werden sich Wortführer finden, die
die alten Konflikte wieder aufleben lassen - wie
Milosevic die Schlacht auf dem Amselfeld 1389.

Gruss

Franke


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