Caesarentum, Prinzipat
Geschrieben von franke43 am 09. Dezember 2003 15:02:51:
Als Antwort auf: Re: Zitat aus Spenglers 'Der Untergang des Abendlandes' geschrieben von BBouvier am 09. Dezember 2003 14:40:35:
Hallo
Aber was war das Prinzipat eigentlich ?
Zunächst war es die Abkehr von der Wählbarkeit der
Staatsspitze, die ja vorher die Konsuln waren. Im
Gegensatz zum wahlbaren Konsulat wurde das Prinzipat- nie in der Staatsverfassung verankert, sondern nur
gewohnheitsrechtlich praktiziert- am Anfang nicht auf mehrere Personen aufgeteilt
(erst später waren dann mehrere Caesaren zugleich)- am Anfang als eine Art permanente Nachfolge des
ermordeten Caesar als "dictator perpetuus" und
sozusagen als "Erbe": Octavianus beanspruchte das
private UND das politische Erbe des ermordeten
Caesar. Um das zu zeigen, übernahm er ja auch den
Namen Caesar, jetzt als neuen "Titel" im Sinne
von Caesar-Nachfolger.- am Anfang nicht bewusst als Erbmonarchie eingeführt.
Da Octavianus-Augustus (Ehrentitel "Augustus" !)
sehr lang lebte und regierte, wurde das neue
Prinzipat zum Gewohnheitsrecht. Im Lauf der Zeit
verschwand dann auch der alte Wahlmodus für die
Staatsämter (die ja weiterhin erhalten blieben) und
die Praxis des Ämterkaufs durch Bestechung der Wähler.
Stattdessen ernannte der Princeps alljährlich die
neuen Amtsinhaber (Konsuln, Quaestoren etc.).Das neue Prinzipat wurde zusammengestrickt durch
lebenslange Übertragung zweier Staatsämter auf
den Amtsträger (also Octavianus). Er wurde auf
Lebenszeit- Volkstribun (mit Vetorecht)
- Oberster Priester (Pontifex maximus) des Staatskultes
des Jupiter CapitolinusDa es für diese lebenslange Doppelfunktion keine
Amtsbezeichnung gab, bürgerte sich der Ausdruck
"Princeps" (im Sinne von "Oberhaupt") für das neue
Staatsamt ein.Im Lauf der Zeit verkam das Prinzipat zur Erbmonarchie
oder zur Monarchie der Adoptivsöhne. Später ging
es so weit, dass rivalisierende Kaiser einfach von
den Grenztruppen ausgerufen wurden und gegeneinander
Krieg führten ("Soldatenkaiser" = neuer Bürgerkrieg).Unter dem Einfluss orientalischer Vorbilder entstand
allmählich auch ein zeremonieller Kaiserkult, den ein
Augustus und ein Tiberius noch strikt ablehnte. Als
Caligula und Nero solche Kulte forderten, bekamen sie
(noch) Probleme.Nach dem Zusammenbruch des Westreichs (406-476) ging
der eine Amtstitel, der des "Pontifex maximus", auf
den Bischof von Rom über, da ja auch der alte Kult des
Jupiter Capitolinus inzwischen durch den frühen
Katholizismus ersetzt war. Die Rechtfertigung dazu
schrieb Augustinus in seinem "Gottesstaat".Wir im Westen sind inzwischen reif für ein Prinzipat,
da gewählte Politiker - die ja ständig auf die
nächste Wahl schielen müssen - wirklich anspruchsvolle
Aufgaben nicht erfüllen können. Ausser sie verstehen
sich als Politiker "vom Abreissblock" und verzichten
um der notwendigen Schritte willen auf ihre persönliche
Karriere.Aber wer ist schon heute noch wie Sulla, der das tat,
was er für notwendig hielt, und dann freiwillig das
auf Lebenszeit verliehene Staatsamt niederlegte ?Gruss
Franke