Erinnerungen an London

Geschrieben von Swissman am 03. Dezember 2003 22:44:35:

Letzte Woche war ich, wie ja bereits angekündigt, in London. Die eine oder andere Beobachtung, die ich dort gemacht habe, mag auch für das Forum von Interesse sein:

Dass man in manchen Gegenden von unverschämten Drogenhändlern (vornehmlich schwarzafrikanischer Herkunft) ganz offen zum Drogenkauf aufgefordert wird, ist an sich nicht weiter erwähnenswert - diese Unsitte ist mittlerweile auch an vielen Schweizer Bahnhöfen bereits gang und gäbe. Erstaunt hat es mich hingegen doch, als mir ein grauhaariger alter Mann in selten penetranter Art und Weise seinen "Stoff" andrehen wollte: Als ich seine Frage, ob ich an Haschisch interessiert sei, auch nachdem er mir die Ware ungefragt unter die Nase hielt, verneinte, bot er mir erst Ecstasy, dann Kokain an (er habe, nach eigener Aussage, beides im Hosensack dabei), was ich ebenfalls (mittlerweile etwas enerviert) ablehnte. Anstatt nun endlich zu verschwinden, bot er an, seinem Sohn zu telefonieren, der mit Heroin deale. In diesem Fall geht der Abschaum offenbar bereits in die zweite Generation! - Im Vergleich dazu sind die Rauschgiftdealer hier schon beinahe (aber nur beinahe!) anständig...

Als ich am nächsten Tag am Piccadily Circus aus der U-Bahn kam, war gerade eine Razzia gegen den Rauschgifthandel im Gange: Die Polizei rückte demonstrativ sternförmig aus allen Richtungen auf den Piccadily Circus vor, wodurch die Dealer sich in Richtung der dortigen U-Bahnstation zurückzogen und vom dort wartenden Einsatzkommando einkassiert wurden - solche Aktionen würde ich mir auch von unserer Polizei wünschen!

Nachdem die ersten Dealer verhaftet worden waren, und ihre nachkommenden "Kollegen" gemerkt hatten, was gespielt wurde, rottete sich ein Teil davon zusammen und versuchte, in Richtung einer Nebenstrasse durchzubrechen, was, bemerkenswerterweise auch dank der Mithilfe von Passanten (ich selbst war leider zu weit entfernt - der Platz ist doch recht gross, und bis ich mich durch die Menschentraube hindurchgequetscht hatte, war die Aktion bereits abgeschlossen), verhindert werden konnte.

Ein Einheimischer erklärte mir, dass dies hier nichts besonderes sei: Solche Aktionen führe die Polizei recht oft durch, dank lascher Gesetze und noch lascherer Richter müsse man die Verhafteten aber im allgemeinen nach einigen Tagen wieder laufen lassen. Da die Dealer dies wüssten, hätten diese entsprechend wenig Respekt gegenüber der Polizei, sodass der Bürger dieser gelegentlich unter die Arme greifen müsse.

Im Hinblick auf die prophezeiten bürgerkriegsähnlichen Zustände scheint mir diese Beobachtung nicht uninteressant zu sein.

Damit aber kein falscher Eindruck entsteht: Dies waren die einzigen Ereignisse während meiner Reise, die man negativ werten könnte (wobei ich selbst nur die erste Beobachtung als negativ einstufe - dass die englische Polizei im Rahmen des Möglichen zumindest versucht, die Rauschgiftkriminalität zu bekämpfen, finde ich hingegen sehr positiv. Dass der Bürger sie dabei unterstützt ebenfalls).

Dem militärhistorisch Interessierten möchte ich den Besuch des Imperial War Museum empfehlen - ein Besuch lohnt sich unbedingt und der Eintritt ist sogar kostenlos. Erfrischend auch das Publikum: Alte Veteranen, junge Männer in Begleitung ihrer Freundin (was mutmasslich nicht zuletzt an der Sonderausstellung "Women at War" lag) und ganze Schulklassen - aber kein einziger Pazifist! :-)

Empfehlenswert ist überdies auch der riesige Hauptsitz der Buchhandlung "Foyles": Ein Stockwerk beherbergt ausschliesslich Geschichtsbücher, knapp die Hälfte davon militärhistorischen Inhalts, darunter viele ausgesprochene Raritäten - Ich habe bei dieser Gelegenheit fast einen halben Laufmeter Neuerwerbungen für meine eigene Sammlung getätigt :-)

mfG,

Swissman


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