Re: Erinnerungen an London
Geschrieben von Swissman am 04. Dezember 2003 23:58:35:
Als Antwort auf: Re: Erinnerungen an London geschrieben von Andreas am 04. Dezember 2003 02:00:27:
Hallo Andreas,
>England ist für mich DAS Paradebeispiel einer einst grossen und nun elendiglich dahinserbelnden Nation. Nach Aussen hin bewahrt man die Fassade der internationalen Macht. Doch man gehe nur einmal nach Nordengland, nach Bristol oder Liverpool oder die ehemalige Industrieregion um Leeds. Alles lottert vor sich hin, alles ist schäbig und billig, die Leute haben keine Bildung und keine Manieren, vielerorts herrscht eine "latent kriminelle" Atmosphäre.
Einen Eindruck davon erhält man bereits, wenn man vom Piccadily Circus aus einen kurzen Fussmarsch in Richtung Soho unternimmt: Schon nach ein paar wenigen Blocks sind die Häuser meist ziemlich heruntergekommen. Bei einer früheren London-Reise habe ich (im Stadtzentrum) einmal versehentlich die falsche U-Bahn erwischt. Ich habe den Irrtum gleich nach der Abfahrt bemerkt und bin demzufolge an der nächsten Haltestelle ("Finchley Road") wieder ausgestiegen. Da die nächste U-Bahn erst eine halbe Stunde später zurückfuhr, habe ich mich interessehalber kurz etwas ausserhalb der Station umgesehen - etwa so stellt man sich gemeinhin ein Slum vor.
Aus dem Imperial War Museum ist mir eine Zahl in Erinnerung geblieben, die den Niedergang des einst die Meere berrschenden Albion sehr gut ausdrückt: Um schwere Waffen und Logistikgüter der für "Desert Storm" vorgesehenen britischen Truppen nach Saudi Arabien zu transportieren standen insgesamt 107 Frachtschiffe im Einsatz, von denen nur fünf (!) unter britischer Flagge fuhren - den grossen Rest musste man im Ausland chartern! - Ein Armutszeugins sondergleichen für einen Staat, der noch vor wenigen Jahrzehnten mit Recht stolz darauf war, der Welt grösste Seemacht zu sein...
mfG,
Swissman