Recht und Unrecht

Geschrieben von Swissman am 19. Dezember 2000 14:45:10:

Als Antwort auf: Re: Nachtrag geschrieben von Johannes am 18. Dezember 2000 21:40:06:

>In Deutschland ist es jetzt z.B. möglich, Ausländer nach deutschem Recht zu verurteilen, wenn sie im Ausland gegen deutsches Recht verstoßen (konkret: Leugnung des Holocaust im Internet). Die Verbindung zum deutschen Recht ist hier dadurch gegeben, daß die Beiträge auch in Deutschland lesbar sind. So wirkt sich, die Estonia betreffend, die Störung der Totenruhe auch auf schwedisches Empfinden aus.

Das wusste ich gar nicht - Danke für die Information.
Grundsätzlich ist dies mit Sicherheit ebenfalls völkerrechtswidrig. Ich kann mir freilich nur schwer vorstellen, dass man einen Richter findet, der es wagt, ein entsprechendes Urteil zu fällen, zumal wenn der Angeklagte ein bekannter Neonazi ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er das Recht einfach "neuinterpretiert", "verwesentlicht" oder "im Sinne der Gesetzesväter ergänzt, um eine offensichtliche Lücke zu füllen". Unglücklicherweise geht die heutige (Un)rechtsauffassung dahin, dem Richter dies zuzubilligen - man denke nur an die Causa "Roe-Wade": In den USA wurde niemals auf dem ordentlichen Weg ein Gesetz erlassen, das die Abtreibung legalisiert - Es war das US-Bundesgericht, welches diese Scheusslichkeit zu verantworten hat! Dabei wurde in etwa wie folgt argumentiert: Es gibt kein Bundesgesetz, das die Abtreibung verbietet. Die Verfassung verbietet sie ebenfalls nicht. Auf Ebene der meisten Bundesstaaten existieren Gesetze, die sie verbieten. Die Verfassung erlaubt den Bundesstaaten nirgends explizit, ein solches Gesetz zu erlassen (dabei sah man grosszügig darüber hinweg, dass die Verfassung eine Reihe von Gebieten aufzählt, die in die Kompetenz des Bundes fallen - alles, was NICHT aufgezählt wird, fällt eo ipso in die Kompetenz der einzelnen Staaten).
In der Verfassung findet sich aber der bekannte Passus bezüglich "Freiheit" und "Streben nach Glück" - daraus, und hier nun pervertierten die Richter den Buchstaben und Geist der Verfassung, folge doch klar, dass die Frau auch die verfassungsmässige "Freiheit" habe, abzutreiben, wenn sie dies wünsche (i. e. wenn dies ihrem "Streben nach Glück" hilft...). Zudem könne ein Ungeborenes, so die Meinung der ehrenwerten Herren Richter, nicht als Person angesehen werden - Generationen von Richtern, die dies anders sahen, hatten, so muss man daraus schliessen, keine Ahnung von Recht und Unrecht...
Dieses Skandalurteil ist tatsächlich die einzige "Rechtsgrundlage" für die amerikanische Abtreibungsindustrie!
In der Schweiz ist es übrigens noch perverser: Hier gibt es ein Bundesgesetz und einen Verfassungsartikel, welche die Abtreibung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, verbieten. Zudem wird ein Ungeborener im Erbrecht ausdrücklich als Person anerkannt, unter der Bedingung allerdings, dass er lebend geboren wird.
Das hinderte "Rechtsgelehrte" und Richter, deren Rechtsauffassung nur noch mit pervertiert zu bezeichnen ist, nicht daran, die an sich klaren Gesetze so umzuinterpretieren, dass die Abtreibung praktisch legalisiert wurde (ein Beispiel: Abtreibung ist erlaubt, wenn "Gefahr für Laben und Gesundheit der Mutter" besteht - Die heutige "Rechtsauffassung" sagt nun folgendes: Wenn die Frau nicht abtreiben darf, lässt sie es illegal von einem Kurpfuscher machen, wodurch dann ihr Leben und ihre Gesundheit in erheblichem Masse gefährdet wären, weswegen ihr eine legale Abtreibung zu gestatten ist... Nach derselben Logik hätte Osama bin Laden dann wohl Anrecht auf eine Atombombe: Wenn sie ihm der Staat nicht gibt, macht er sie eben selbst, und riskiert, sich dabei tödlich zu verstrahlen *weG*)
Wenn's nach mir ginge, die Richter hätten niemals das Recht erhalten, Gesetze umzuinterpretieren - das hat mit Gewaltenteilung nichts, mit Diktatur hingegen sehr viel zu tun!

>Was in Bezug auf die Leugnung des Holocaust noch verständlich sein mag, das könnte unabsehbare Folgen haben. Bisher konnten zwar Deutsche bestraft werden, die im Ausland Straftaten begingen (Beispiel: Unterstützung der Kinderprostitution in Thailand), jetzt können auch Ausländer für Taten im Ausland bestraft werden. Gleichzeitig bereitet sich Deutschland darauf vor, die Gesetze so zu ändern, daß in Zukunft Deutsche an das Ausland ausgeliefert werden dürfen (internationaler Gerichtshof), was vorher absolut unmöglich war.

Die klassische Salamitaktik: Niemand wird einen Finger rühren, um Kinderschändern, Neonazis oder Drogenhändlern zu helfen - Und falls es doch jemand wagt, so lässt er sich leicht bekämpfen: So einer muss ja offensichtlich selbst pädophil oder rechtsextrem sein... Was der Juristische Laie dabei oft nicht merkt: Hier werden Präzedenzfälle geschaffen, die sich eines Tages sehr wohl auch gegen ihn selbst richten können! Auf keinen Fall darf der Staat die Kompetenz erhalten, Meinungen zu verbieten: Die Gefahr ist einfach zu gross, dass früher oder später Unschuldige verfolgt werden, die nichts anderes getan haben, als die Regierung zu kritisieren. Heute sind es nur Holocaust-Leugner (diese Leute sind ohnehin eher Fälle für die Psychiatrie - möglicherweise kann ihnen dort sogar geholfen werden), morgen "extreme Sektierer" und übermorgen reicht es dann schon, am Sonntag in die Kirche zu gehen... Es genügt, dass irgendein Richter das Gesetz uminterpretiert...

>Das hat jetzt zwar nichts direkt mit der Estonia zu tun, ist in seiner Wirkung aber noch völlig unabsehbar, da nationale Gesetze in Zukunft immer weniger Bedeutung haben. Für etwas, das bei uns erlaubt ist, können wir vielleicht in Zukunft bestraft werden, ohne daß wir vorher von dem Verbot wußten oder daß wir von eigenen Gerichten Rechtsschutz bekommen können.

Was dann auf einen (antichristlichen) Weltstaat hinausläuft!

>Ich hoffe, daß zumindest Ihr Schweizer da nicht mitmachen werdet, sondern unabhängig bleibt.

Schön wär's. Allerdings haben wir auch schon ein Anti-Rassismusgesetz eingeführt. Vor der Abstimmung hat man dem Volk andauernd Bilder von Skinheads gezeigt, und aus rechtsextremen Blättchen zitiert. Das Gesetz sollte nichts anderes, als solche Dinge verbieten. Zudem müsse der Bürger keine Angst haben, dass man ihn wegen eines Witzes am Stammtisch anklage - ein Stammtisch sei nämlich eine private Gesellschaft, während das Gesetz nur öffentliche Äusserungen betreffe. Tatsächlich kam es exakt so, wie ich es schon vorher vorausgesagt hatte: Die Gerichte sehen den Tatbestand der Öffentlichkeit als erfüllt, wenn der Witz am Nachbartisch, oder vom Personal gehört wird.
Ich stehe dazu, ich habe Nein gestimmt (dass ich keine rechtsextremen Neigungen habe, dürfte allein schon aus der Tatsache hervorgehen, dass mein Grossvater mehr als zwei Jahre im KZ verbrachte - das nur nebenbei).

Antworten: