Re: Lieber Hammer
Geschrieben von Tilly am 30. Juni 2003 01:42:47:
Als Antwort auf: Re: Lieber Hammer geschrieben von Swissman am 29. Juni 2003 21:03:17:
>Hallo Tilly,
>>1. Jesus war und ist ein Friedensfürst, kein Kriegsfürst.
>Dem widerspreche ich nicht. - Dies deckt sich mit der Aussage meines Textes.
>>Entscheidend sind also die Absicht, der Wille und die Umstände, die hinter einer gewalttätigen Aktion stehen.
>Genau.
>>Ein Soldat also, der auf Befehl töten muß , obwohl es nicht
>>seine Absicht und seinem Willen entspricht zu töten, diese Tötung ausführt weil er sonst wegen Befehlsverweigerung selber erschossen wird oder selber vom Feind getötet wird- ein solcher Soldat ist dann trotzdem vor Gott
>>kein Mörder.
>Wenn ich Dich richtig verstehe, impliziert dies, dass der Soldat deswegen kein Mörder ist, weil die eigentliche "Schuld" bei seinem Oberbefehlshaber liegt...? Der dann logischerweise sehr wohl als Mörder einzustufen wäre...?
Nein, da verstehst du mich nicht richtig! Die Verantwortung des Tötens bei einem gerechten Krieg des Verteidigers auf den Oberbefehlshaber abzuwälzen wäre zu billig. Ich hab zwar meine Problem damit, eine Kriegsherrin als Heilige zu sehen, doch auch Jeanne d´Arc ist durch besondere Umstände dazu gezwungen
worden, Befehle zu geben , die gewalttätiger Natur waren und ihrer eigentlichen
friedensliebenden Natur entgegengesetzt waren. Das Schicksal hat es so gewollt,
daß sie in die Führungsebene eines Krieges geraten ist, doch die Schuldigen seh ich in der menschenverachtenden ausbeuterischen Schreckensherrschaft der Engländer in der damaligen Zeit. Andererseits liegt der Fall bei einem Krieg selten klar auf der Hand, wer nun der eigentliche Schuldige zu sein hat. Wir
können in einem solchen Fall über andere kein gerechtes Urteil fällen. Deswegen
sollte jeder in seinem eigenen Herzen prüfen, falls es mal dazu kommen sollte, ob eine harte Reaktion gegen seinen feindlichen Mitmenschen im Einzelfall gerechtfertigt ist. Wir werden wenig Gelegenheit dazu bekommen, denn die moderne Kriegsführung ist anonym, du schaust dem Feind nicht mehr ins Auge, das bringt die Gefahr mit sich, daß der Mensch in zukünftigen Kriegen auch noch den letzten Rest an Mitmenschlichkeit verliert. Ein großes Durcheinander also. Deswegen ist Krieg große Scheiße! Es sind nicht immer die Gewalttätigen die Schuldigen, die Schuldigen können auch die sein, die die Menschen aufhetzen, Ausbeuter, die ihre Hände scheinbar in Unschuld waschen, Reiche, die ihren Reichtum nicht teilen wollen, statt dessen lieber viele andere sterben lassen wollen, man kann sich viele Varianten vorstellen. Nur Gott blickt hier noch durch falls es einen gibt. Ich glaub daran und vertrau auf seine Gerechtigkeit
in der Ewigkeit, jedoch nicht auf dieser unserer Mutter Erde.
Es gibt letztendlich nur Verlierer. Am Ende bleibt den Menschen dann nur noch übrig sich gegenseitig zu verzeihen, ansonsten die Gewalt kein Ende nimmt.
>Mit dieser Ansicht könnte ich mich nun ganz und gar nicht anfreunden - in etwa so argumentierte nämlich auch die Anklage im Prozess gegen die Heilige Jeanne d'Arc... Wir hätten dann einen Gott, der ein junges Mädchen damit beauftragt, die französische Armee im Krieg zu führen - dadurch, dass sie Ihm gehorcht, wird sie aber zur Mörderin und landet in der Hölle...?! Wobei natürlich Befehlsverweigerung dieselbe Konsequenz hätte...Wenn Jeanne d´Arc wirklich der Überzeugung war, Gott hätte sie beauftragt,
dann wird er sie auch nicht als Mörderin verurteilen. Wie es wirklich war, das wissen nur Gott und Jeanne. Sollte Jeanne gelogen haben, dann sieht die Lage anders aus. Auch der amerikanische Präsident Bush kämpft im Namen Gottes. Sogar Saddam Hussein beruft sich auf Allah. Der Papst sagt, im Namen Gottes Krieg zu führen ist eigentlich ein Unding.
>Das kann es ja wohl nicht sein. Ein solcher Gott wäre alles andere als gut oder gerecht! - Erinnert mich an die Lehren Jean Calvins (teilweise auch der Manichäer), wonach der Mensch selbst nicht den geringsten Einfluss auf sein Seelenheil habe, da Gott bereits bei der Erschaffung eines jeden Menschen bestimme, ob dieser in den Himmel oder in die Hölle komme...Selbst wenn Jeanne nun vor Gott zur Mörderin geworden ist, was ich in diesem speziellen Fall nicht glaube, würde Gott ihr bei entsprechender Reue verzeihen. Gott kann auch Mördern verzeihen.
>Es gibt, um den Exkurs zu beenden, durchaus Situationen, in denen es auch vom christlichen Standpunkt absolut gerechtfertigt ist, zu den Waffen zu greifen - mitunter sogar als erster. Dass man dem zuständigen Oberbefehlshaber daraus keinen Strick drehen kann, versteht sich von selbst. - Dies gilt selbst dann, wenn er nur im guten Glauben gehandelt hat, im Recht zu sein.Und wann wissen wir wirklich ob wir im Recht sind? Kommt es nicht vor, daß wir unseren guten Glauben radikal ändern müssen, wenn wir einen neuen Sachverhalt berücksichtigen müssen, der vielleicht vorher außer Acht gelassen worden ist?
Rechtfertigt also Unwissen die grausame Tat des Tötens? Mit dem Urteilen grad in einem Krieg sollten wir deswegen sehr vorsichtig sein. Ich glaub, Gott hat Verständnis für unser Dilemma und wird beim Versagen der Menschen in der Ewigkeit ein barmherziger Richter sein.
>Dieser Standpunkt wird u. a. auch durch die Schriften der Heiligen Augustinus und Thomas von Aquin gestützt: Im wirklichen Leben gibt es häufig Situationen, in denen man gar nicht die Wahl zwischen etwas absolut gutem und etwas absolut schlechtem hat - zur Auswahl stehen dann nur verschieden grosse Übel, wobei man dann eben das geringste Übel wählen sollte. Von dieser Erkenntnis ausgehend wird die Möglichkeit eines "bellum iustum", eines gerechten Krieges, expressis verbis bejaht.Der Krieg als Mittel wird nicht ausgeschlossen, doch er sollte wirklich nur das allerletzte Mittel sein um Schlimmeres zu verhindern. Besser ist es, die Herzen der Menschen zu gewinnen, den Feind zum Freund zu machen, schließlich sollen wir unsere Feinde lieben, also verstehen. Kriege beginnen in den Herzen der Menschen, der Menschheit. Diesen Krieg in unseren Herzen sollten wir gewinnen und dieser Sieg wäre Gott wohlgefällig. So verstehn auch ein Teil der Mohammedaner den
Dschihad, den kleinen heiligen Krieg. So gesehen haben wir Christen mit den Mohammedanern durchaus Gemeinsamkeiten, auf die man aufbaun kann.
>mfG,
>Swissman
>P. S.: Der "geharnischte Mönch", Johann Tserclaes Graf von Tilly, war ja, obgleich überzeugter Christ, auch nicht unbedingt als Bannerträger des Pazifismus bekannt... *g*