Adlige Seitenlinien / Mätressen

Geschrieben von Swissman am 29. Juni 2003 02:43:42:

Als Antwort auf: Re: Nachtrag an BW und BB geschrieben von Wolfgang am 28. Juni 2003 15:48:05:

Hallo Wolfgang,

Auch ich bin der Meinung dass der kommende Monarch keiner der offiziell anerkannten Adelslinien entstammt - das Wälzen adliger Stammbäume zwecks Auffindung desselben dürfte daher reine Zeitverschwendung sein. Meiner Meinung nach trägt der Monarch einen völlig unauffälligen, bürgerlichen Namen und weiss jetzt selbst (noch) gar nicht, dass in seinen Adern trotzdem blaues Blut fliessen könnte. Mehr noch: Dies ist, wie weiter unten noch zu zeigen sein wird, bei genauerer Überlegung die einzig sinnvolle Erklärung.

Der Schlüssel liegt in den "illegitimen" Seitenlinien. Bekanntlich hat der Adel seine Gene seit eh und je breit gestreut... diesseits und jenseits des Zauns *g* Dass die Adligen sich auch ausserehelich betätigten, dürfte eher die Regel, als die Ausnahme gewesen sein. - Was im Grunde auch nicht verwundert, wenn man die Heiratspolitik der damaligen Zeit bedenkt... Dem angehenden Herrscher wurde irgendwann eröffnet, dass es Zeit sei, zu heiraten. Die Braut sei bereits bestimmt und er werde sie am Tag der Hochzeit kennenlernen.

Wen wundert es, wenn die resultierende Ehe nicht unbedingt von romantischen Gefühlen geprägt ist... Dass ein König, der theoretisch die absolute Macht innehat, in der Praxis aber noch nicht einmal seine Frau selbst auswählen durfte, früher oder später auf den Gedanken kommt, dass auch ihm zustehen sollte, was jeder einfache Bauer wohl für selbstverständlich erachtete, ist eigentlich nur normal... es zeigt, dass auch in der Brust eines Königs ein Menschenherz schlägt.

Infolgedessen muss es heute eine grosse Anzahl Personen geben, in deren Ahnenreihe sich ein illegitimer Adelsspross findet. Es ist gut möglich, dass diese Personengruppe die "offiziellen Adligen" um ein Mehrfaches übersteigt. Ich nehme an, dass die grosse Mehrheit von ihnen nicht die geringste Ahnung davon hat.

Dass der Monarch (wahrscheinlich) in keinem adligen Stammbaum verzeichnet ist, ist unser Glück - wäre es uns nämlich möglich, ihn auf diesem Weg ausfindig zu machen, dann muss man dasselbe auch der Gegenseite zutrauen! Anders gesagt: Der Monarch würde in grösster Gefahr schweben, denn wenn man, wie die Kommunisten, Millionen umgebracht hat, kommt es auf einen mehr auch nicht mehr drauf an.

So aber ist er vor vorzeitiger Entdeckung durch seine Feinde geschützt und kann sich, wenn er denn schon weiss, wer er ist, ungestört auf seine kommenden Aufgaben vorbereiten (vielleicht ist er aber auch ein Naturtalent - auch das gibt es).

Zudem: Der europäische Hochadel ist doch weitgehend verweichlicht und im Grunde unfähig, einen Staat zu führen. Deren Talent erschöpft sich zumeist darin, ein (mehr oder weniger) netter Kerl zu sein, Champagner zu nippen und von Party zu Party zu ziehen... quasi nebenbei erfüllen sie noch die Aufgabe der Volksbelustigung und ermöglichen es frustrierten Hausfrauen (womit ich nichts gegen die Hausfrauen gesagt haben will - im Gegensatz zu den Feministinnen habe ich vor ihnen vielmehr grössten Respekt!), durch sie, mithilfe der Regenbogenpresse, stellvertretend das Leben zu führen, dass sie selbst gerne hätten.

Der Gerechtigkeit halber muss man allerdings hinzufügen, dass es auch Adlige gibt, auf die das Gesagte überhaupt nicht zutrifft! - Erzherzog Carl-Christian, mit dem ich zu Studentenzeiten eine WG geteilt habe, gehört beispielsweise dazu.

Der Monarch, von dem wir hier sprechen, wird seine Position aufgrund seiner eigenen Verdienste, nicht denen seiner Vorfahren, erhalten. Wenn sich dann herausstellen sollte, dass in seinen Adern auch noch blaues Blut fliesst, dann verleiht ihm dies eine gewisse Symbolik der Kontinuität, ist aber ansonsten doch eher als eine Laune der Geschichte anzusehen.

>Wenn die damaligen Seitensprünge des Adels ja nicht so verpönt gewesen wären

Die waren gar nicht immer so verpönt: Roland, der Held des frühmittelterlichen "Chanson de Roland", etwa war der uneheliche Sohn Karls des Grossen. Der "Chanson de Roland" erzählt auch ohne grosse Umschweife, wie es dazu kam: Auf einem Jagdausflug wurde Karl von einem Unwetter überrascht und fand schliesslich Unterschlupf bei einem Müller. Da es nicht aufhörte, zu regnen, entschloss er sich, dort zu übernachten. - Als die Tochter des Müllers das Abendessen auftrug, fand er offenbar Gefallen an ihr... *g*

Als Jeanne d'Arc 1429 auf Orlèans vorrückte, kam ihr der Gouverneur der Stadt entgegen und stellte sich als "der Bastard von Orlèans" vor. - Er war der uneheliche Sohn des Herzogs von Orlèans, der sich zu dieser Zeit in englischer Gefangenschaft befand. Während dessen Abwesenheit verwaltete er seinen Besitz treuhänderisch.

Die Mätressenwirtschaft der europäischen Herrscher des Absolutismus ist ja beinahe schon sprichwörtlich. - Insbesondere in Frankreich, wo das Königtum die ursprüngliche Macht des Adels weitgehend gebrochen hatte, war es gar nicht so selten, dass Adelige ihre schönste Tochter unter einem Vorwand dem König vorstellten, in der Hoffnung, er möge sie zu seiner Mätresse erwählen... ;-)

Dass der Adel um seine Seitensprünge ein grosses Geheimnis macht, ist eine eher neue Erscheinung, die ungefähr mit der Zeit der Aufklärung erscheint.

mfG,

Swissman


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