Re: 95% gehts schlechter (viel) als den Deutschen.

Geschrieben von Artemis am 07. Juni 2003 12:52:06:

Als Antwort auf: Re: 95% gehts schlechter (viel) als den Deutschen. geschrieben von Bine am 07. Juni 2003 10:50:10:

Hallo,

@Napoleon: Dein Glaube ist Dir unbenommen, nur versuch bitte nicht schon wieder irgendwas in mich hineinzuprojezieren was so nicht stimmt. Wenn Du von Kleinigkeiten und dergleichen redest, dann kannst Du damit nicht mein bisheriges Leben meinen... Für meine Familie und für mich sind diese "Kleinigkeiten" mehr als ausreichend.

@Bine: ich habe den Bericht von AI über Paraguay gelesen. In den Jahren nach Stoessners Diktatur haben sich die Menschenrechtsverletzungen vermindert. Der angebliche Normalzustand, den Du dort beschreibst, findet so nicht statt - das sind, genau wie hier, vereinzelte Vorfälle. Hungern müssen Menschen auch hier, Armut und Arbeitslosigkeit gibt es auch hier - ich kenne Fälle, wo Eltern mit ihren Kindern zur Suppenküche gehen müssen, damit die Kinder wenigstens ab und zu mal was warmes in den Magen kriegen.
Ich hab die Augen schon immer aufgemacht, ich muss auch keinen Kopfstand machen um mich in bestimmte Mentalitäten reindenken zu können - im Gegensatz zu manch anderem, habe ich davon nämlich meinen Teil abbekommen. Die Wahrheit erfährt man übrigens nicht durchs Augenaufmachen, die erfährt man indem man sich mit den Menschen unterhält und mit ihnen lebt und selbst dann ist es eine subjektive Wahrheit.

Um mal auf die bonzigen Deutschen einzugehen - diese Oberbonzen, wie Du so schön schreibst, sind in der Mehrzahl mittlerweile zu Einheimischen geworden und zwar, weil seit ca. 1880 in Paraguay leben. Sie sind damals eingewandert, haben dort Land besiedelt, Wein angebaut, Äcker bestellt, sind ihren Handwerksberufen nachgegangen und dergleichen. Unter anderem haben diese Bonzen für eine bessere Infrastruktur und mehr Arbeitsplätze gesorgt... schade, passt nicht ins Bild - gell? ;-)
Die "Eliteschulen" haben einfachste Einrichtungen, mit Möbeln, die z.T. 60 Jahre und älter sind. (So dass ich schon überlegt habe, ob wir nicht von hier aus etwas rüberschicken können, aus alten BW Beständen z.B.)

Die Hemmschwelle zu Folter, Gewalt und Mord ist hier mindestens so niedrig wie dort, ich empfehle jedem der das nicht glaubt, einen Blick in die Tageszeitung. Die Stellung der Frau ist hier gut? Tja, sicher...wenn man es als gut bezeichnet, dass man an jeder Ecke "nackte Tatsachen" präsentiert bekommt...dann ist die Stellung der Frau hier wohl geradezu hervorragend. (Nur mal so zur Info: Frauen verdienen hier bei gleicher Leistung, im gleichen Beruf noch immer weniger als Männer...)

Wer hier gut leben kann, sich seines Lebens freut und mit den Umständen hier klarkommt, der hat meine Bewunderung. Wir werden hier nicht länger bleiben als nötig, dann packen wir unsere 5 Kiddies, die Oma und unseren bonzigen Allerwertesten zusammen und gehen nach PY - wofür mein Mann seinen gutbezahlten und "krisensicheren" Job als StOffz bei der Luftwaffe an den Nagel hängen wird, nur um dort nochmal ganz von vorne anzufangen, mit nichts.

Viele Grüße,
Artemis :-)



>lieber napo :-))
>Dein Glaube sei Dir unbenommen, schreib ich jetzt mal nix zu (in Paraguay ist ein sehr hoher Prozentsatz Indiander, deren Glauben nicht unbedingt der Schlechteste war, weißt Du ja auch).
>Doch sehe ich die "Zufriedenheit" der Leute weniger im Glauben begründet, sondern halte das, was viele hier als "Zufriedenheit und Bedürfnislosigkeit" bezeichnen schlicht und einfach für Resignation. Schaut nicht auf das Lächeln der Menschen, sondern auf die Augen, die erzählen oft von ganz anderen Dingen als von Fiestas. Insbesondere in den südamerikanischen Ländern haben wir es zumeist mit Diktaturen zu tun, diese Länder findest Du auf der AI-Liste. Hunger ist bei der hohen Arbeitslosigkeit der tägliche Begleiter und das, was wir als Gewaltdemos sehen, was bei uns der Ausnahmezustand ist, das ist dort Alltag.
>Natürlich machen die Leute das Beste draus, soweit sie können. Dann folgt entweder die Gewalt oder die Resignation. Macht die Augen auf und schaut wirklich hin, das verklärte Strahlen der Leute ist nicht immer Lebensfreude oft ist es auch das Kauen von drogenhaltigen Substanzen, um den Hunger nieder zu halten und den 16 Stunden-Arbeitstag besser zu überstehen (soweit man Arbeit überhaupt hat)
>Ich kann es auch verstehen, wenn nun Leute hier sagen, sie möchten auswandern. Nur es damit zu begründen, daß es dort ja soviel menschlicher ist (die Berichte von AI und anderen Menschenrechtsorganisationen sprechen hier eine andere Sprache) finde ich entweder sehr blauäugig oder schlichtwegs ignorant.
>Im Übrigen denke ich, daß es den Menschen dort gegenüber eine Unverfrorenheit sondersgleichen ist, wenn man dorthingeht und in jeglicher Beziehung den Oberbonzen raushängen läßt. Schaut doch mal die Deutschen dort an ! Sie leben in ihren Fincas, können sich Alles leisten und ihre Kinder gehen auf deutsche Eliteschulen. (Nein ich bin nicht neidisch, ich finde es echt widerlich) Wenn, dann sollte man so leben wie die Menschen dort leben. Alles andere finde ich verlogen und herzlos. (Außer man ist wirklich dort zum Arbeiten und gibt das auch offen zu und steht vor allenm dazu, wie beispielsweise hier der Guerrero)
>Übrigenbs sreht Paraguay auf der AI Liste. Zwar nicht mehr unter den Ländern mit Todesstrafe, aber gefoltert wird dort auch noch, und wie ! Und AI moniert insbesondere auch die Stellung der Frau, die man wirklich nur noch als schlimm bezeichnen kann.
>Ob dort ein Menschenleben wirklich soviel mehr wert ist als bei uns ? Die Hemmschwelle zu Gewalt wie Folter und Mißhandlung scheint jedenfalls wesentlich niedriger zu liegen als bei uns hier. Nicht, daß ich hier urteilen will, ich will nur die Augen öffnen, für bestimmte Realitäten, die einfach nicht vom Tisch zu weisen sind.
>Daß es auch hier Menschen mit sehr viel echter Lebensfreude gibt, das weiß ich und habe ich erfahren dürfen. Gott(heit) sei Dank :-))
>liebe Grüße
>von der Bine :-))



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