Re: Ich sorge mich um Deutschlands Zukunft!

Geschrieben von Funktionsdelta am 03. Juni 2003 21:37:05:

Als Antwort auf: Ich sorge mich um Deutschlands Zukunft! geschrieben von Niels am 03. Juni 2003 20:31:09:

Hallo Niels.

Mit dieser Antwort beteilige ich mich zum ersten Mal aktiv an diesem Forum.
Ich gestehe, nochnicht sonderlich firm in meinem Wissen über Prophezeiungen zu sein, werde mich deshalb diesbezüglich ein wenig zurückhalten.
Das soll mich aber nicht daran hindern, zu allgemeinen Dingen meinen Senf dazu zu geben...
Nun denn:
Deutschland steckt in der Tat in einer Krise! Und wird mit Sicherheit untergehen.
Punkt.
...
Punkt?
Fragen wir uns doch zunächst einmal: Was ist das denn überhaupt für eine Krise, in der Deutschland steckt?
Sind es wirklich die Arbeitslosen, die faul zuhause herumhängen und Stütze kassieren?
Sind es die Millionen von Scheinasylanten, die unser Land überfluten?
Sind es die Ausländer, die uns Deutschen unsere Arbeit in der öffentlichen Entsorgung, in Hotel- und Gaststättengewerbe, im Bereich der Gebäudereinigung wegnehmen?
Es käönnten natürlich auch die korrupten Politiker sein, die wir gewählt haben, oder deren Wahl wir durch unsere Enthaltung ermöglicht haben (Und wer jetzt jammert, ob des geringen Einflusses seiner Stimme, soll sich gefälligst politisch betätigen, das ist nämlich sein demokratisches Recht).
Vielleicht sind es natürlich auch dunkle Mächte von aussen, die unser Land zerstören wollen...
Lassen wir das.
Fakt ist: wir hatten auch schon 1990 ähnlich hohe Arbeitslosenzahlen, wir hatten damals genügend Asylsuchende aus Bürgerkriegsregionen, wir hatten auch damals ausländische Mitbürger, die durch ihre Arbeit unser Sozialsystem mitgetragen haben und mittragen. Und die Politiker waren meines Erachtens eher schlechter als die, die wir heute haben.
Sieben Jahre später, 1997. Ich glaube wir erinnern uns, mit welcher Verzweiflung geradezu Arbeitskräfte in der IT-Branche gesucht wurden...
Wo ich Dir uneingeschränkt zustimme: die niedrige Geburtenrate in unserem Land ist ein ganz großes Übel. Aber warum wollen heute Erwachsene menschen keine Familie mehr gründen, oder, wenn Sie denn schon gründen: warum ist man nach einem Kind vielerorts so geschafft, dass man sich kein zweites Kind zutraut?
Weil Deutschland so kinderunfreundlich ist!
Frage: Warum ist Deutschland kinderunfreundlich? War es früher kinderfreundlicher? Hat einer von euch die Oma schon mal gefragt, wieviel Kindergeld denn früher so drin saß? Ob denn der Abholdienst für die Kindertagesstätte auch immer pünktlich war? Und hatten Oma und Opa eigentlich noch genügend Zeit für Sport, Fernsehen, Shopping und Parties bei den ganzen Kindern, die sie zu versorgen hatten?
Wie konnten sie sich eigentlich nur die ganzen Kinder leisten? Die müssen doch auch Ansprüche gehabt haben, oder? Handy? Volksempfänger? Wenn schon keinen PC, dann doch sicher ein Abakus, oder?
Fragen wir doch Opa mal, ob auch damals bereits einmal im Jahr die Gewerkschaft
für die 35 Stunden-Woche gestreikt hat. Hat eigentlich auch damals schon der Arbeitgeber kommentarlos den Lohn weiterbezahlt, wenn Opa montags mal wieder nicht auf der Arbeit erschienen ist, weil er am abend davor zu viel gesoffen hatte?
Ich will hier und jetzt ganz sicher nicht mit einem "Früher war alles besser"-Spruch aufwarten, und auch nicht mit einem "Früher war alles schlechter". Aber: anders war es schon:
Deutschland war kinderfreundlicher, nicht weil der Staat sich besonders intensiv um die kleine Racker bemüht hat, sondern weil es so Familie im Sinne einer verlässlichen Generationengemeinschaft gab. Weil es Gemeinschaft innerhalb der Siedlung gab und auch innerhalb des Dorfes, in dem man lebte.
Deutschland war sicherlich auch mental gesünder, weil Solidarität nicht in einer Kosten-Nutzen-Analyse stets überdacht wurde, sondern weil man sich einfach darauf verlassen konnte. Und weil man sich auch für den Bezug einer solchen Unterstützung durch andere rechtfertigen, dafür "geradestehen" musste. Heute ist das einfacher: Wenn jemand arbeitslos bin, geht er halt zum Arbeitsamt und bekommt dort sein Geld. Hat ja lange genug auch einbezahlt in seine Arbeitslosen-VERSICHERUNG.
Früher, als er noch nicht arbeitslos war, da hat er wahrscheinlich immer geschimpft über diese faulen Arbeitslosen. Aber jetzt: Jetzt, da er selber einer dieser Arbeitslosen ist, lässt er es sich so richtig gut gehen.
Warum kann man von jemanden, der zwischenzeitlich ohne Beschäftigung ist, eigentlich nicht erwarten, dass er für das Geld, das ihm die Solidargemeinschaft zukommen lässt, eine Gegenleistung erbringt? Es gibt genügend Aufgaben, die sogar ungelernte Arbeitskräfte erledigen können, beispielsweise im Naturschutz. Es gibt Jobs für sozial engagierte Menschen in der Kranken- und Altenpflege, wer schreiben kann, könnte auch die Polizei bei ihrem lästigen Papierkrieg unterstützen. Wer zumindest pädagogische Grundkenntnisse hat (ich darf ein Kind nicht schlagen, nur weil ich der stärkere bin), kann sich auch um die Betreuung von Schulkindern kümmern. Und wer wirklich für gar nichts zu gebrauchen ist: der könnte sich ja fortbilden! Bringt dem Staat und damit der Gemeinschaft immer noch mehr, als würde er nur zu hause morgens ab zehn seine Bierchen zischen.
Um die Geschichte abzukürzen: Gleiches gilt für Sozialhilfeempfänger.
So, um die geschichte noch ein wenig zu beschleunigen, denn ich habe jetzt langsam keinen Bock mehr, noch mehr zu schreiben:
Warum muss jedem Kohlekumpel eigentlich umgerechnet 65000,-€ in den Anus geschoben werden, warum gibt es Subventionen für die Vernichtung von Molkepulver. Warum kann sich Lafontaine ungestraft aus dem politischen Geschehen verpissen, um nach ein paar Jahren jammernd und mäkelnd zurückzukehren. Und das, ohne dass es natürliche finanzielle Auswirkungen hätte. Warum werden Beamte nach Anwesenheit und ALter bezahlt und nicht nach Leistung?

Okay.
Letzte Frage:
Wenn ich eine Partei gründete, die verspräche und verbindlich in ihrer Satzung hinterlegte, diese Missstände zu beheben, mehr von JEDEM Einzelnen zu fordern (sogar von Politikern und Beamten), Subventionen zu kürzen auf die Gewissheit hin, dadu´rch zunächst noch einige Leute zusätzlich arbeitslos zu machen. In momentan direkter konfrontation zu den Gewerkschaften, aber auch zu dieser schleimigebn Amerikafreundlichkeit der CDU.
Also: wieviele Menschen würden meine Partei bei der nächsten Bundestagswahl wählen?

PAX



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