Einspruch, Euer Ehren! – Über die Trefferquote von Vorhersagen
Geschrieben von Elias Erdmann am 29. April 2003 20:27:26:
Als Antwort auf: Re: Was, wenn... geschrieben von BBouvier am 29. April 2003 12:59:22:
Hallo Bernhard
> Bis zum heutigen Tage haben die Schauungen jedenfalls gestimmt.
> Das sollte doch zu denken geben....Normalerweise bin ich hier nur ein stiller Mitleser, aber bei einer solch unglaublichen Behauptung muss ich doch einmal eingreifen. Dass diese unhaltbare Behauptung sogar noch von einem „Experten“ stammt, gibt mir dabei auch etwas zu denken.
Fakt ist: Es gibt zwar einzelne signifikante Treffer, aber allgemein ist die Trefferquote von Schauungen und prophetischen Voraussagen tatsächlich ziemlich gering.
Es ist nicht mein Ziel, hier als „Miesmacher“ aufzutreten, aber für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema halte ich es für notwendig, die tatsächliche Trefferquote von visionären Vorhersagen zu berücksichtigen und es ist einfach unseriös, wenn man behauptet, bis zum heutigen Tage hätten die Schauungen gestimmt. Das stimmt so nämlich nicht.
Wenn jemand tatsächlich glauben würde, dass die Schauungen exakt stimmen, dann birgt eine solche unkritische Prophezeiungsgläubigkeit zwei Gefahren:
1. Man sieht eventuell Gefahren, wo keine sind
2. Man entwirft untaugliche „Gegenstrategien“, die eventuell bei den tatsächlichen Ereignissen bzw. Gefahren versagen.Die Versuche, aus unterschiedlichen Visionen ein Zukunfts-Szenario zusammen zu puzzeln, bringen nicht viel, wenn die Trefferquote der einzelnen „Puzzlesteine“ einerseits viel zu gering ist und wenn die Einzelaussagen darüber hinaus auch noch widersprüchlich sind. Und wir wissen noch nicht einmal, ob alle diese Vorzeichen überhaupt zum gleichen Szenario gehören – oder ob manche Szenarien glücklicherweise schon ausgefallen sind.
Es gibt teilweise auch Vorzeichenlisten in der Form: „kurzer, milder Winter, extreme Vulkanausbrüche, schönes, zeitiges Frühjahr, Eisenbahnbau über den Reschenpaß, ...“
Doch ob uns diese Listen helfen werden, so dass wir von den realen Ereignissen nicht überrascht werden, halte ich für sehr zweifelhaft. Wenn man optimistisch von einer Trefferquote von bis zu 5% ausgeht, dass trifft bei einer Liste mit 20 Vorzeichen vielleicht eines zu. Und ob dann die nachfolgenden Ereignisse auch noch zutreffen, ist dann eine andere Frage.
Ich habe in der Vergangenheit schon einige Leute erlebt, die haben ihren Überlebensplan optimal an die Prophezeiungen angepasst und sogar schon Fahrgemeinschaften für die Flucht verabredet. Wenn es exakt so kommt, wie es in den Prophezeiungszusammenfassungen steht, dann haben diese Leute vielleicht tatsächlich die beste Strategie. Aber was ist wenn es auch nur minimal anders kommt?
In Anbetracht der realen Trefferquote kann ich vor Strategien nur warnen, die ausschließlich auf ein Szenario ausgerichtet sind. Hier führt leider die Beschäftigung mit der typischen Prophezeiungsliteratur oftmals zu einem gewissen „Tunnelblick“, weil der Blick und damit auch die Vorbereitung nur auf ein Szenario verengt wird.
Ich plädiere hingegen für eine Strategie, die sich an ganz unterschiedlichen Szenarien orientiert und wo es unabhängig von allen Prophezeiungen zunächst um die unterschiedlichen Grundprobleme geht:
- Leben ohne finanzielle Einkünfte oder nur mit geringen Einkünften
- Leben ohne Strom, Wasser, Gas, Telefon, Ersatzteile
- Leben ohne Einkaufsmöglichkeiten (kurzfristig/langfristig)
- Leben ohne medizinische Versorgung
- staatliche, wirtschaftliche und kulturelle Verschärfungen / härtere Gesetze
- Verrohung, Terrorismus, Plünderungen
- Zerstörung von Eigentum
- Flucht im Nahbereich (befristete Probleme vor Ort)
- Flucht im Fernbereich
-Überleben unter "Camping-Bedingungen"
- Atom- oder Chemie-Unfall
- Bombardierungen
- Naturkatastrophen (z.B. Sturmschäden oder Überschwemmungen)Siehe auch: http://home.arcor.de/elias_erdmann/prophezeiungen.htm
Wenn es hier schon mal um die Trefferquote von Prophezeiungen geht, so möchte ich in diesem Zusammenhang mal kurz auf die Chronik der verpassten Weltuntergänge hinweisen:
http://www.infolink-net.de/docs/lehren/weltuntergang.htm
Ein weiteres gutes Beispiel für die geringe Trefferquote ist auch das Buch „Die siebte Offenbarung“ von Ray Nolan, wo „zwölf der bekanntesten Hellseher, Channel-Medien, Schamanen und Astrologen“ ihre Voraussagen aufschrieben, aber letztendlich fast hundertprozentig daneben lagen.
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3453163516/booksnewasin/028-6018833-3226901
Ebenfalls erwähnenswert halte ich die statistischen Auswertungen von Stephan Berndt, der für den Ausbruch des Krieges in den Aussagen einen Häufungspunkt für die Jahre 1998-2000 feststellte.
Und in den Feldpostbriefen können wir nachlesen: „Er sagte, das soll im Jahre 1949 sein. 47 und 48 sollen die Jahre dieser wilden Einkehr sein. [...]Im Jahre 1948 geht die Strafe Gottes zu Ende“
Quelle: http://www.sabon.org/prophezeiungen/index4.html
Die Liste von Prophezeiungen, die nicht eingetreten sind, ließe sich beliebig fortsetzen.
Auch die angeblich so hohe Trefferquote der alttestamentarischen Messias-Prophezeiungen hält einer sachlichen Prüfung nicht stand. Die Erklärung ist ziemlich banal: Das neue Testament wurde von den Evangelisten gezielt so geschrieben, „damit die Schrift erfüllet werde“. Die Prophezeiung, dass der Messias aus dem Hause David stammen würde, wird in den rein männlichen Ahnenreihen bei Matthäus und Lukas sogar unterschiedlich hergeleitet und bei den 30 Silberlingen für Judas wird sogar ein alttestamentarischer Hinweis in einer nicht mehr gebräuchlichen Währung erfüllt. Das beweist, dass zumindest diese beiden Erfüllungen das Werk der Evangelisten waren. Die mehrfachen, deutlichen Hinweise der Evangelisten („damit die Schrift erfüllt werde“) legt diesen Verdacht auch für die anderen Prophezeiungen und „Lebensdaten“ nahe.
Einen interessanten Aufsatz zum Thema Trefferquote findet man hier:
http://www.allmystery.de/special/230302.shtmlZitat:
Ein Soziologe mit dem trefflichen Namen Edgar Wunder vom Forum Parawissenschaften im badischen Sandhausen hat die Trefferquote von Wahrsagern ermittelt. Zunächst sammelte er von 1990 bis Ende 1999 ihre Aussagen. Er nahm sie nur dann in seine Auswahl, wenn sie eindeutig überprüfbar waren – wenn also bei der Ankündigung eines Erdbebens auch Ort und Zeit genannt wurden. Außerdem mussten die Aussagen überraschend sein, sie durften zum Beispiel nicht den FC Bayern als Deutschen Fußballmeister ankündigen.
Rund 800 Weissagungen kamen zusammen, darunter jede Menge angekündigte Katastrophen. Das Ergebnis: Vier Prozent trafen zu. Immerhin sagte dabei ein amerikanischer Wahrsager korrekt den Absturz einer Swissair-Maschine bei New York voraus. Nur: Die anderen Prognosen desselben Wahrsagers, fast 300, waren »völlig unbrauchbar«, wie Edgar Wunder feststellte. Kurzum gilt, von Einzelfällen abgesehen, das Statement des Freiburger Parapsychologen Eberhard Bauer: »Auf Prophetien ist kein Verlass.«
Siehe auch: http://www.pnp.de/news/boulevard/special/astro/main.htm
und: http://home.t-online.de/home/M.S.Salomon/IR12000.htm
Von 1990 bis 1999 hätten sich von 803 registrierten Prognosen nur 31 als richtig herausgestellt. Anders gesagt: Noch nicht einmal jede 25. Vorhersage traf ins Schwarze, 96 Prozent waren Nieten. Zu den Treffern zählen vor allem Wahlergebnisse, bei denen letztlich nur auf einen von jeweils zwei Kandidaten zu tippen war. Bei der Bundestagswahl 1994 sagte beispielsweise je die Hälfte der Seher einen Sieg des damaligen SPD-Kandidaten Rudolf Scharping, die andere die des damals amtierenden Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) voraus. Unabhängig vom Wahlausgang waren also 50 Prozent Trefferquote fällig. Dennoch überwog nach der Untersuchung des Forums bei den rund 200 beteiligten Wahrsagern, Hellsehern und Astrologen die Zahl der Fehlprognosen deutlich die der Treffer. Auch an Papst Johannes Paul II scheitern die Astrologen seit Jahren: Zwar hatte der "Heilige Vater" jüngst zu Beginn des Heiligen Jahres Schwierigkeiten, das goldene Tor im Vatikan zu öffnen - aber er lebt. Dabei steht die Prophezeiung "Der Papst stirbt" seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen auf der alljährlichen Themenliste der Hellseher. Die tatsächlich bedeutsamen und überraschenden Ereignisse kamen nicht in das Blickfeld der Hellseher: Weder mit dem Kosovo-Krieg, noch mit dem Rücktritt von Oskar Lafontaine oder dem CDU-Parteispendenskandal hatten sie gerechnet.
(Schweriner Volkszeitung, 28.12.99)
Viele Grüße
Elias
- Re: Einspruch, Euer Ehren! – Über die Trefferquote von Vorhersagen BBouvier 29.4.2003 20:43 (7)
- OK! - Kristallkugelseher Elias Erdmann 29.4.2003 21:12 (6)
- Re: OK! - Kristallkugelseher BBouvier 29.4.2003 22:47 (5)
- Re: OK! - Kristallkugelseher katzenhai2 30.4.2003 01:07 (1)
- was ich propagiere ... Elias Erdmann 30.4.2003 19:38 (0)
- Basisinformation + Wahrnehmunsfilter ergibt Szenario Elias Erdmann 30.4.2003 01:07 (2)
- Re: Basisinformation + Wahrnehmunsfilter ergibt Szenario katzenhai2 30.4.2003 01:29 (1)
- Sternenfall und Waldviertler Elias Erdmann 30.4.2003 19:28 (0)