Tausende wie vom Erdboden verschluckt

Geschrieben von einniemand am 10. April 2003 17:56:53:

Als Antwort auf: Frankreich im Schatten von Amerikas Sieg geschrieben von Hubert am 10. April 2003 14:28:35:

Hi Leute ;-) ... ob da noch was auf die USA zukommt?


Keine Wächter vor Botschaftsgebäuden, keine Polizei oder Geheimdienstmänner: Seit Mittwoch wurden in Bagdad keine Mitarbeiter des irakischen Regimes mehr gesehen.

Nicht nur Präsident Saddam Hussein und alle engen Mitarbeiter sind verschwunden, sondern auch Tausende Vertreter des irakischen Überwachungsstaats sind plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.


Saddams Schicksal ungeklärt


Über den Verbleib Hussein mehren sich die Spekulationen: Wurde er bei dem auf ihn gerichteten Bombenangriff am Montag tatsächlich getötet? Ist der in seine Heimatstadt Tikrit geflohen? Versteckt er sich in dem weit verzweigten Bunkersystem Bagdads? Fieberhaft suchen US-Truppen nach Hinweisen - bisher ohne Erfolg.


Auf einen Schlag verschwunden


Doch abgesehen vom Schicksal des 65-jährigen Machthabers drängt sich die Frage auf, wie angesichts der von den Amerikanern weitgehend zerstörten Kommunikationsstrukturen trotzdem fast alle Ministerialbeamten, Soldaten und Kämpfer wissen konnten, dass sie am Mittwoch besser das Weite suchen oder zu Hause die Parteiabzeichen verbrennen sollten. Mit einem Schlag sind sie alle von der Bildfläche verschwunden.


"Jeder wusste, was passiert"


"Jeder, der irgendwie zum System gehörte, wusste schon Tage vorher, was passieren würde", meint ein irakischer Beamter. Er glaubt, dass sich die Führung auf dem Land oder bei engen Vertrauten versteckt. Die "kleinen Fische" würden einfach zu Hause bleiben und abwarten.


Geheime Vereinbarung?


"Wo war die Führung plötzlich, wo waren die Fedayyin Saddam?", fragt auch der ägyptische Militärexperte Mohammed Ali Bilal im arabischen Fernsehsender al-Jazira. Er glaubt ebenfalls an eine geheime Vereinbarung.


Der vom gleichen Sender befragte ehemalige ägyptische Generalstabschef Saadeddin Shasli, schließt das aus. Er hält einen Verrat durch die Offiziere für wahrscheinlicher.


Furcht vor Elite-Truppen im Untergrund


Das spurlose Verschwinden der Republikanischen Garde bereitet auch den US-Truppen Kopfzerbrechen. Man befürchtet die Elite-Truppen könnten auf der Lauer liegen und jederzeit wieder zuschlagen.


Vor allem für die langfristige Stabilität sei eine aus dem Untergrund agierende paramilitärische Vereinigung extrem gefährlich.


Aufgabe Bagdads geplant?


Die schnelle Einnahme Bagdads hat bei vielen arabischen Beobachtern außerhalb des Irak den Verdacht geweckt, die Entscheidung, die Hauptstadt aufzugeben, sei schon vor längerer Zeit gefallen.


Der irakische Ex-Geheimdienstchef Wafik Samarrai meint, der Widerstand in Bagdad sei ohnehin nur symbolisch gewesen, die militärische Strategie Saddams ein völliger Fehlschlag.


Gerüchte über Geheimabkommen


Mittlerweile sind Gerüchte über ein Geheimabkommen zwischen Amerikanern und Angehörigen der militärischen Führung des Irak aufgekommen.


Die arabische Zeitung "Al-Hayat" berichtet in ihrer Ausgabe vom Donnerstag unter Berufung auf diplomatische Quellen, Washington habe sich möglicherweise mit den sunnitischen Generälen geeinigt. Damit sollte eine große Konfrontation in Bagdad, Tikrit und anderen Städten mit vorwiegend sunnitischer Bevölkerung vermeidet werden.


Russland als Vermittler?


Die Amerikaner wollten so ein Gegengewicht zur Dominanz der schiitischen Bevölkerungsmehrheit schaffen, hieß es weiter. Der libanesische Parlamentssprecher Nabih Berri glaubt, dass die russische Regierung, die historische Beziehungen zum Regime in Bagdad unterhielt, bei einer solchen Vereinbarung die Rolle der Geburtshelferin gespielt hat.


Der "Deal" wäre beim jüngsten Besuch der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in Moskau besiegelt worden.


friedliche Grüsse aus Wien



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