Re: USA-Europa im Zyklus der Geschichte - Wozu Staaten?

Geschrieben von Torsten am 03. März 2003 17:57:12:

Als Antwort auf: USA-Europa im Zyklus der Geschichte geschrieben von BBouvier am 03. März 2003 01:45:52:

Lieber BB,

ich glaube nicht, daß die Zukunft der Menschheit Staaten im heutigen Sinne kennt. Die braucht man doch nur, um Bereicherungssysteme abgrenzen und Menschen gegeneinander ausspielen zu können. Jede Form zentralistischer Regierung scheitert langfristig. Je größer eine administrative Einheit ist, desto größer sind auch die Spannungen, die nicht beherrscht werden können. Ohnehin werden politische Entscheidungen von den wirtschaftlichen Verhältnissen diktiert und nicht von politischen Richtungen (wodurch nicht erkennbar ist, was gegenwärtig sozial, demokratisch und grün sein soll oder was in Bayern christlich).

Eine auf Gemeinnutz ausgerichtete Ordnung basiert ohnehin auf einem einheitlichen Wertesystem, welches von regionalen Gemeinschaften umgesetzt wird. Wahrscheinlich werden verschiedene Kulturkreise in bestimmten Gegenden existieren, nach denen sich Völker definieren (weswegen wohl weiter Sorben mit verschiedensten Techniken wunderschöne Ostereier produzieren und Vogtländer Spitzendeckchen klöppeln werden). Ich finde das auch viel interessanter als den Multikultimist, dessen Vorzüge uns schon seit Jahren eingeredet werden.

Der große Führer oder Weltherrscher wird nicht die Vergnügungssteuer auf Feuerland festlegen und gleichzeitig die Hochzeitsformalitäten in Timbuktu. Wie er beschrieben ist, soll er ja weise sein, womit die Anmaßung entfällt, Alles und für Jeden vernünftig festlegen zu können. Ich vermute, er wird eher ein geistiger Führer sein, dessen Regeln regional von dortigen Herrschern in konkrete Richtlinien umgesetzt werden. Wie der Erzdruide, dessen Ratschläge und Ratschlüsse von anderen Druiden verbreitet und lokal von den Königen, Fürsten und Clanoberhäuptern umgesetzt wurden.

In Amerika wird sich wohl auch so was herausbilden. Die Amerikaner haben ja Kultur - die Ureinwohner ihre und die Einwanderer die ihrer Herkunftsländer und Religionsgemeinschaften. Vielleicht wird sich das mit der Zeit regional organisieren, wenn sich erst die erzwungene Vermischung der Großstädte aufgelöst hat. Bloß für die Leute, deren einzige Kultur darin besteht, Anderen das Fell über die Ohren zu ziehen und sich die Taschen vollzustopfen, sieht's eher schlecht aus, da sie keine auf sich gestellte Gemeinschaft bilden können. Die Indianer werden vielleicht recht behalten, daß die alte Ordnung wiederkehrt.

Übrigens ist diese Denkweise gar nicht so weit weg. Ich habe mich in Norwegen mal mit ein paar Sami (Lappen) unterhalten, die gerade zu ihrer Jahresversammlung zusammenkamen. Die sehen bis heute nicht ein, was sie mit Staatsgrenzen sollen, da ihre Siedlungsgebiete in Norwegen, Finnland und Schweden liegen und ihre nomadische Lebensweise seit ewigen Zeiten keine Grenzen kannte. Erschreckend fand ich, welchen Repressalien seitens unserer "zivilisierten westlichen" Nachbarländer sie bis in jüngste Zeit ausgesetzt sind und wie idiotische Gesetze eine Lebensweise untergraben, die viel länger stabil funktioniert hat als die von Krise zu Krise stolpernden Wirtschaften der gesetzgebenden Staaten. Erst kürzlich war wieder irgendeine hirnrissige Regelung in den Nachrichten, die Schlachtung und Verwertung der Rentiere betraf (wenn ich mich richtig erinnere) und mit dem Althergebrachten unvereinbar ist.

Ich denke, daß die Menschheit einen (oder mehrere gleichgesinnte) Retter braucht. Schließlich hat die Mehrheit nur Prinzipien kennengelernt, die offensichtlich nicht funktionieren. Wenn jeder Einzelne anfängt, herumzuprobieren, ist der Mißerfolg su gut wie sicher, da nur ein optimaler Weg existiert, aber unendlich viele falsche. Und von den Hopi und Aboriginees kann man nicht erwarten, daß sie Konzepte haben, wie man die zersiedelte Müllkippe Mitteleuropa so entwickelt, daß dabei keine neuen Katastrophen entstehen. Die Wende '89 hat bewiesen, daß auch noch so gute Aktionen ohne geistigen Führer in die Hose gehen. Da sich Keiner fand, der die Rolle ausfüllen konnte, übernahm der Trittbrettfahrer Helmut das Ruder und wir gerieten von einem gescheiterten System in ein scheiterndes.

Meine Schlußfolgerung: Wenn man etwas ändern will, muß man auch wissen auf welchem Weg und mit welchem Ziel. Nur dann werden die kommenden Katastrophen zu etwas Besserem führen als der systematischen Vorbereitung der nächsten. Das Wissen darum muß vorher komplett und wenn möglich auch verbreitet sein.

Viele Grüße

Torsten


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