Langsam interessiert mich der Spengler

Geschrieben von franke43 am 07. Februar 2003 12:30:52:

Als Antwort auf: Spengler nicht vergessen geschrieben von Hubert am 07. Februar 2003 12:17:46:

Hallo Hubbi

>Hallo Frank,

>wenn ich eine Formulierung wie „bis ans Ende der Zeiten“ gebrauche, dann >bezieht sich das natürlich auf die amerikanische Sichtweise – und nicht auf >die meine. Und die amerikanische Sichtweise ist vielleicht nur die lebendigste >Ausprägung jenes Zeitalters, in dem wir leben.

Ich habe dir auch nicht unterstellt, dass Du das billigst, was
du als diagnose ausgesprochen hast. Analysieren ist eine Sache,
gut und richtig finden eine andere. Nicht alles, was faktisch
der Fall ist, ist deshalb auch moralisch vertretbar. Die normative
Kraft des Faktischen ist keine moralische Kategorie.

>Selbstverständlich habe ich immer Spenglers Satz im Kopf „Geld ist eine Form >des Denkens. Es hört auf zu sein, wenn es die Wirtschaftswelt zu Ende gedacht >hat.“

Kann ich ihm sofort zustimmen, denn Geld "ist" nicht. Geld
entsteht durch die Vereinbarung auf seine Gültigkeit und
seine Funktion. In diesem Sinne existiert die riesige
Verschuldung der meisten Staaten der Welt - und spiegel-
bildlich auch die Ansprüche ihrer Gläubiger - nur solange
die meisten die Vereinbarung "Geld" und "Geldforderungen"
aufrechterhalten wollen.

>(Auch wenn Spenglers bekanntestes Werk „Der Untergang des Abendlandes“ nicht >auf eine Stufe zu stellen ist mit den unfehlbaren Verlautbarungen des Heiligen >Stuhls, so schadet es m. E. nicht, hin und wieder mal einen Blick in dieses >Werk zu werfen.)

Wenn ich es hätte, würde ich es vermutlich sofort lesen.

>Das heißt, die Zeitalter kommen und gehen, ganz wie es dem Herrn Schöpfer >beliebt und nicht wie einzelne, der Hybris verfallene Strippenzieher dieser >Welt es gerne hätten. Auch das „amerikanische Zeitalter“ – the american >dream – geht irgendwann mal zu Ende – vielleicht schneller, als die >meisten heute meinen würden. Und dann können wir wieder mal mit Franz Zappa >sagen: „Another Hollywood dream-bubble popped.“

Das römische Zeitalter (in weltlicher Hinsicht) ging bekanntlich
in den hundert Jahren von 376 (Hunnensturm, Goteninvasion) bis 476
(Absetzung des letzten Westkaisers Romulus Augustulus) langsam und
qualvoll zu Ende. Wenn es mit dem neuen römischen Reich auch so
lang dauert, hat die Welt noch einiges vor sich. Denn anders
als damals leidet heute die gesamte Erdkugel mit, und noch (!!)
scheint sich das neurömische Reich auf dem Expansionskurs zu
befinden und noch nicht im Verfallsstadium. Noch haben die die späte
Republik und nicht die späte Kaiserzeit. Leider.

>Die Kräfte, mit denen wir es hier zu tun haben, sind selbstverständlich ein >paar Schuhnummern zu groß für uns, als dass wir hier einfach sagen >könnten „Jetzt wollen wir das mal von heute auf morgen ändern.“

Wir nicht. Aber falls sich der WK3 ereignet, ist der vielleicht
genau das Korrektiv, das einzelne Menschen auch in höchsten
Positionen nicht sein können. Eine globale Stunde Null, wenn
auch um den Preis vieler Millionen.

Und es sieht so aus, als ob die USA sich und allen anderen diese
Stunde Null demnächst bescheren will.

>Selbst die jeweiligen „Lenker“ – oder wie man heute sagt, die „Player“ – >überblicken diese Gewalten nicht, auch wenn die Verschwörungstheoretiker noch >immer von der bewussten Steuerung des Weltgeschehens durch eine verschworene >Clique ausgehen.

So sehe ich das auch: der verschwörungsartige Ablaugf kommt
nicht zustande, weil Menschen zu einer so langatmigen
Verschwörung in der Lage wären, sondern weil die immanenten
Mechanismen bei allen ähnlich und in ein und dieselbe Richtung
zusammenwirken.

>Nein, diese Lenker sind ebenfalls nur Marionetten des Zeitalters. Man könnte >auch sagen, einem Zeitalter gefällt es mitunter, sich in bestimmten Typen zu >verdichten – so wie sich die Renaissance z. B. in Michelangelo, Raffael oder >Leonardo verdichtet hat.

Ja, damals hätte man leben sollen. Du hättest als Palestrina
Karriere machen können, und ich wäre vielleicht irgendein
zweitklassiger Madrigalist oder Lautenkomponist geworden.

>Es handelt sich hier wirklich um Elementarkräfte, die ein Zeitalter von innen >heraus gestalten, ohne dass uns dies bewusst wird. Und eine Renaissance, einen >Barock, eine Klassik kann man nicht einfach an- und ausknipsen wie einen >Lichtschalter.

Ehrlich: ich hätte lieber im Barock gelebt. Nicht unbedingt
in der Renaissance. Vielleicht in der Klassik. Aber die
Barockkunst und -musik liegt mir am meisten.

>Herzlichst,
>Hubert

Gruss

Franke 43


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