Das scheinbare Paradoxon der Prophetie

Geschrieben von BBouvier am 27. Januar 2003 03:49:23:

Manch einer glaubt, Schauungen seien nur eine von vielen Möglichkeiten ,die die Zukunft bereit hält,andere,die Zukunft läge unabdingbar fest.

Ich meine nach 25 Jahren Beschäftigung mit diesem Thema, dass es sich folgendermassen verhält:

Ein Seher steht subjektiv in seiner Gegenwart, obgleich er sich objektiv in der Zukunft befindet. Und er sieht ganz wertfrei das Ergebnis aller vorherigen Einflüsse.Im Rahmen seiner Grenzen hat der Mensch einen freien Willen, und er ist ja auch verantwortlich für seine Entscheidungen.

Im persönlichen Bereich wird präzises Wissen über künftiges nur schwer zu erlangen sein, und das aus folgendem Grund:
Sagt mir der Seher,ich hätte morgen eine Autopanne, und ich nehme deshalb die Bahn,dann hätte der Seher ja gleich DAS gesehen und mich nicht warnen können.

Insofern ist es auch müssig, Anstrengungen zu unternehmen, z.B. durch Rüstung die Russen vom Krieg abhalten zu wollen. Aber nicht, weil das keinen Erfolg hätte, sondern weil bei durchgeführter Rüstung und Abschreckung ja gar kein Krieg stattfinden würde und somit auch keine Schauungen über den Krieg vorliegen würden.

Zur Verdeutlichung noch eine Begebenheit aus den zwanziger Jahren:
Die Abiturienten in Königsberg liessen sich von einem Seher die Prüfungsaufgaben sagen. Als das die Lehrer erfuhren änderten sie sogleich die Aufgaben. Und genau DIE hatte der Seher genannt!

Wir sehen also, der Seher sieht einfach das, was ist,obgleich das Ereignis eigentlich noch in der Zukunft liegt. Wäre die Zukunft anders, hätte er etwas anderes gesehen.

Leider ist unser Verstand nicht dafür eingerichtet, dieses scheinbare Paradoxon zu begreifen, aber dennoch verhält es sich genau so. Es ist, als wenn man versuchte, Jing und Jang gleichzeitig zu erfassen...


Bernhard Bouvier


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