Pazifismus und Christentum vertragen sich nicht

Geschrieben von Hubert am 24. Januar 2003 14:52:20:

Als Antwort auf: Nun bitten wir den Heiligen Geist ...... geschrieben von franke43 am 24. Januar 2003 14:11:59:

Hallo Frank,

natürlich kann ich mangels Zeit nicht zu allen von Dir aufgeworfenen Fragen (auch zu denen anderer Foris) Stellung nehmen, aber ich darf zu Deiner Frage, welche Haltung der Heilige Stuhl zu diesem komplexen Thema „Krieg“ einnimmt, kurz aus dem WamS-Artikel zitieren:

George W. Bush hingegen weiß, dass es sehr nützlich sein kann, den so genannten „Krisenstab eins“ im Vatikan an seiner Seite zu haben. Dieser Krisenstab kümmert sich um Probleme zwischen Staaten, nicht um Probleme zwischen Religionen. Er ist sozusagen das außenpolitische Lagezentrum des Vatikan. Die Beziehungen zu den anderen Weltreligionen werden im so genannten „Krisenstab zwei“ behandelt. Zur ersten Gruppe gehören außer dem Papst selbst der Erzbischof Renato Martino, der Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, sein Stellvertreter Leonardo Sandri und Jean-Louis Tauran, zuständig für das Verhältnis zu den Staaten im Staatssekretariat. Diese Gruppe hält einen direkten Kontakt zu den 174 Nuntiaturen rund um den Erdball. Der 0,44 Quadratkilometer kleine Vatikan ist auf diplomatischem Gebiet ein Riese – und vor allem gerissen.

Beim Angriff auf Afghanistan zeigte der Vatikan schon einmal, was die große diplomatisch Stärke des Kirchenstaats ist: Die enorme Erfahrung mit Menschen. Der Vatikan kennt die Mechanismen der internationalen Diplomatie, der Papst weiß, dass nicht nur Strategien, sondern Zufälle, die Meinung der Medien und Menschen, die Fehler machen, über Krieg und Frieden entscheiden.

Als die USA um den Segen für den Angriff auf Afghanistan baten, war das für den Vatikan ein echtes Problem. Die USA waren angegriffen worden, die US-Bischofskonferenz wollte den Segen für die Soldaten, die gegen Al Qaida und die Taliban ins Feld zogen. Doch die Zeiten, in denen Päpste Waffen segnen können, sind vorbei. Der Vatikan fand eine diplomatische Lösung: Als der Papst am 22. September 2001 gar nicht weit von Afghanistan in Astana in Kasachstan eintraf, kam es zu einem ungewöhnlichen Mittagessen zwischen dem Sprecher des Papstes, Joaquin Navarro-Valls, und einem Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters, Phil Pulella. Navarro-Valls las während des Mahls nur eine Seite des Katechismus der katholischen Kirche vor: Wer sollte ihm so etwas verwehren? Die Seite, die er vortrug, hatte es allerdings in sich: Es sei nach der Auffassung der katholischen Kirche erlaubt, einen bewaffneten Angreifer zu entwaffnen, auch wenn dabei das Leben des Angreifers aufs Spiel gesetzt wird.

Der Vatikan wusste ganz genau, was passieren würde. Der Reporter schrieb seine Geschichte, schließlich hatte nicht irgendjemand aus dem Katechismus vorgelesen, sondern der Sprecher des Papstes. Natürlich gerieten alle anderen Reporter in Astana dadurch unter Druck: Sie mussten erklären, was dieses Mittagessen zu bedeuten hatte. Die US-Medien agierten exakt so, wie es sich der Vatikan hatte, denn wenige Augenblicke später brachten die wichtigsten US-Fernsehsender wie CNN die Nachricht: „Vatikan gibt grünes Licht für einen Angriff“, ohne dass der Papst persönlich das Wort ergriffen hätte.

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass US-Präsident Bush im Falle eines Angriffs auf den Irak erneut mit einem katechetischen Hilfsdienst des Papstes rechnen darf.

Herzlichst,
Hubert



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