Re: "12 Jahre in die Tasche gelogen"

Geschrieben von Torsten am 25. November 2002 10:41:38:

Als Antwort auf: "12 Jahre in die Tasche gelogen" geschrieben von H.Joerg H. am 25. November 2002 01:07:15:

Lieber Jörg,

ich habe auch lange den Fehler gemacht, die Ursache von Problemen bei Anderen zu suchen. Ich weiß nicht, ob das ein angeborenes oder erlerntes Verhalten ist, aber das Abwälzen von Schuld gehört zu den Grundmustern menschlichen Verhaltens.

Ich will damit nicht sagen, daß Politiker, Industrielle und Banken keine Schuld an der Misere trifft. Aber auf der ganzen Welt gibt es nur einen Menschen, dessen Fehler Du abstellen kannst: Dich. Schon Jesus prangert an, den Span aus dem Auge des Bruders ziehen zu wollen, aber den Balken im eigenen zu übersehen.

Sich über Andere aufzuregen, treibt die Streßhormone in die Höhe und ändert nichts. Derjenige, dem Du den Fehler vorwirfst, wird dasselbe machen und den Fehler beim Nächsten suchen. Und Du kannst es ihm nicht übelnehmen, da Du ja auch nicht anders handelst. Unterm Strich wird Keiner irgendetwas tun.

Das von Dir genannte Streben nach Bereicherung ist nicht auf die beschränkt, die das auch schaffen (Politiker, deren Freunde, Verwandte und Geschäftspartner), sondern wird von den Meisten versucht. Egoismus und Gier sind nicht auf elitäre Kreise beschränkt, sondern ziehen sich durch alle Schichten. Der Neid führt zu Vorwürfen gegenüber denjenigen, die das am Erfolgreichsten umsetzen, und zwar seitens derer, die sich bei der Befriedigung ihrer Gier zu kurz gekommen fühlen.

Sich selbst zu ändern hat mehrere Vorteile. Erstens ändert sich wirklich was, und sei es im "gesellschaftlichen" Maßstab verschwindend. Man gewinnt Erfahrungen, was in welchem Zeitraum realistisch ist und einen Blick dafür, wie stark man selbst den Kritisierten ähnelt. Und schließlich kann man nur eine Vorbildwirkung ausüben, wenn man die Forderungen selbst erfüllt. Der Mensch lernt - wie alle Primaten - hauptsächlich durch Nachahmung.

Viele Grüße

Torsten



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