Über die richtige Ausführung eines Putsches

Geschrieben von Swissman am 13. Oktober 2002 01:54:23:

Als Antwort auf: Re: Wenn der Befehl kommt ... - was dann? geschrieben von Niko am 12. Oktober 2002 13:16:38:

>Erstmal, vergiss nicht, das die russische Armee keine "Berufsarmee" in diesem Sinne ist (wie z.B. in der USA). Also, das macht schon was aus.
>Zweitens, es gibt auch schon jetzt in russischen Armee reichlich Desertiere, die ihre Wehrdienst aus humanitären und anderen Gründen verweigern.

Die Rote Armee hat bereits im Russischen Bürgerkrieg ein ebenso einfaches wie brutales, aber ungemein effizientes Mittel erfunden, um Desertion zu verhindern und den Angriffsgeist der Truppe zu stärken: Die Sperrverbände!

Da ich Sinn und Zweck der Sperrverbände bereits in einigen früheren Postings erklärt habe, verzichte ich auf eine Wiederholung und verweise Dich auf die betreffenden Beiträge, die Du hier und hier findest.

>Was hat uns misslungener Putsch im Jahre 1991 gezeigt?

Der "Putsch" von 1991 wurde derart dilletantisch geplant und durchgeführt, dass er von vornherein scheitern musste. Und das von KGB-Leuten, die sowas nun wirklich besser können, wenn sie es denn wollen (Ich selbst könnte einen Putschplan mit bedeutend besseren Aussichten auf Erfolg erarbeiten...). - Die Putschisten haben so ziemlich jeden Anfängerfehler gemacht, den man überhaupt nur machen könnte: Keine einzige Schlüsselstellung (Kreml, TV- und Radiosendeanlagen, Telekommunikationszentralen, Kasernen regimetreuer Truppen, etc.) wurde eingenommen oder anderweitig ausgeschaltet, kein einziger politischer Gegner verhaftet oder liquidiert... Man machte sich anfänglich noch nicht einmal die Mühe, Panzer ostentativ durch Moskau rollen zu lassen. Als die Panzer dann doch noch rollten, "vergass" man, ihnen Munition auszugeben... Man wundert sich wirklich, dass die Genossen wenigstens auf den Gedanken kamen, dass Gorbatschow als Staatsoberhaupt eine gewisse Wichtigkeit zukommen könnte... Und selbst dass geschah mit einem Dilettantismus, wie man ihn in keiner Bananenrepublik vermuten würde: Anstatt ihn zu verhaften oder auf der Stelle zu erschiessen, wurde er lediglich in seiner Datscha unter Hausarrest gestellt.

Jeder 3.-Welt-Putschist zeigt mehr Umsicht und Sachverstand, als diese Herrschaften es taten - ich billige einem KGB-Chef Kriutschkow (ein überaus bemerkenswerter Mann, nebenbei bemerkt: 1991 "beging er Selbstmord", weil er einsah, dass der Putsch gescheitert war - ich habe nicht schlecht gestaunt, als er der gleiche Kriutschkow am 10. Jahrestag in ein TV-Interview über seinen Putsch gab...) deutlich mehr Intelligenz zu: Dieser Putsch scheiterte, weil dies von Anfang an so geplant war, um die nächste Phase der Langzeitstrategie einleiten zu können.

Mal abgesehen davon: Du glaubst doch hoffentlich nicht wirklich, dass unbewaffnete Demonstranten eine auch nur halbherzig angreifende Panzerdivision aufhalten könnten - Ein angreifender Panzer macht alles platt, was sich ihm in den Weg stellt, es sei denn, er handle sich um seinesgleichen. In diesem Fall war es aber offensichtlich gar nicht erwünscht, dass die Panzer tatsächlich das Feuer eröffnen, denn sonst hätte man wohl nicht "vergessen", ihnen Munition sowie die Verschlüsse der Waffen auszugeben. Trotzdem starb ca. ein Dutzend Demonstranten, die den Panzern nicht rechtzeitig auswichen, und von den Ketten zermalmt wurden.

Wenn die Bolschewiki wirklich ernsthaft die Absicht gehabt hätten, das Weisse Haus zu stürmen, dann hätte ihnen der Putsch in Chile von 1973 als Beispiel dienen können, wie man's richtig macht: Pinochet liess sich gar nicht erst gross auf Verhandlungen ein, sondern liess die Moneda zuerst bombardieren und anschliessend erstürmen. Die Kommunisten sind nicht dümmer und nicht skrupelloser, als es Pinochet war. (Ich würde im umgekehrten Fall, das gebe ich durchaus zu, wenn der "Putschist" wäre, und die Kommunisten sich im Präsidentenpalalst verschanzt hätten, ebenfalls nicht zögern, den Schuppen in Schutt und Asche zu legen.)

>falsch. Darüber habe ich schon oben geschrieben (Putsch, 1991). Die Zeiten ändern sich ständig. Nichts bleit unverändert, auch das Bewusstsein in der Bevölkerung.

Mich würde mal interessieren, wieviele Kommunistische Mörder seit der "Wende" verurteilt wurden. Besonders interessieren mich dabei Fälle, in denen die Maximalstrafe verhängt (und wenn hoffentlich auf vollstreckt) wurde.


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