OFFTOPIC: Mal etwas zum schmunzeln für zwischendurch! ;-))

Geschrieben von Subman am 09. Oktober 2002 14:15:23:

Das ATLAS-Projekt

Im März des Kriegsjahres 1943 flatterte ein seltsamer Brief in die Post Wernher von Brauns. Er war von einem Mann verfasst, der sich ihm als Friedrich Leimbacher vorstellte. Der Brief, mit "ATLAS-Projekt" betitelt, enthielt mehrere wissenschaftliche Abhandlungen, welche sich hauptsächlich mit der Größe der Erde beschäftigten und einen Hinweis des Verfassers einen eklatanten Irrtum die Sache betreffend.

Leimbacher behauptete in seinem Schreiben ebenso kühn wie stolz, daß es ihm gelungen sei, mit Hilfe von Messungen und einer von ihm entwickelten Formel den Durchmesser unseres Planeten neu zu berechnen. Dieser betrüge, so Leimbacher, der sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ, die gesamte Lehrwissenschaft in einem Atemzug mit unflätigen Beleidigungen zu überziehen, moderate fünfundzwanzig Kilometer. Er schlußfolgerte daraus, daß es also möglich sein mußte, die Vereinigten Staaten von Amerika erfolgreich weil überraschend dergestalt anzugreifen, indem ein "geeignetes Objekt, vorzugsweise eine zu diesem Zwecke umgebaute V2, durch die Erde gebohrt und beim Austritt auf der gegenüber liegenden Seite mitten in Washington zur Detonation gebracht", erheblichen Schaden an Mensch, Bebauung und Moral anrichten würde. Dem Brief angefügt waren noch einige abstruse Beweisführungen und eine Reihe von Ehrerbietungen an den prominenten Raketenkonstrukteur.


Bereits 1942 lagen im Reichskriegsministerium nicht weniger als 260 Eingaben in den Panzerschränken unter Verschluß, dessen geistige Väter felsenfest davon überzeugt waren, daß ihre Erfindungen "unbedingte kriegsentscheidende" Wirkung besaßen. Unter der Akte 205/II/3 beispielsweise ist ein Dokument beurkundet, welches den Abwurf von Prostituierten mit Fallschirmen über Stalingrad beschreibt, um die Soldateska der Russen aufzurühren. Auf Einladung der Gestapo folgen viele der Erfinder dem Ruf des Führers nach Berlin, um ihr Werk zu präsentieren, aber nicht selten endete die Vorführung mit einem ordentlichen Standgericht.

Trotz der anhaltenden Enttäuschungen hielt Hitler an den Audienzen fest, nicht weil er sich bahnbrechende militärische Novitäten erhoffte, sondern sich über alle Maßen erheitert fühlte. Bormann sagte später einmal, der Führer habe sich auf eine Art und Weise unterhalten, die ihm sein Leibarzt "nicht auf eine Spritze hätte ziehen können!". Tatsächlich war bekannt, daß die Vorführungen meist ausgelassene Feiern in vertrautem Kreise nach sich zogen, bei denen von Rommel aus Afrika eingeflogenen exotischen Drogen herumgereicht wurden und die in der Regel damit endeten, daß Göring unter den Anfeuerungsrufen Hitlers und Bormanns zu der Melodie von "Kauf dir einen bunten Luftballon" im Ballettkleidchen auf dem Tisch tanzte.

Friedrich Leimbacher war bei den Nazis kein Unbekannter, da er bereits 1943 erstmalig in Erscheinung getreten war, als er Karl Maria von Bunzel, der maßgeblich an der Weiterentwicklung des (---> mobilen Schützengrabens ) beteiligt gewesen war, die bei KRUPP abseits der regulären Rüstungsproduktion in der sorgfältig abgeschirmten Halle 27 vonstatten ging, vorschlug, auf Frankreichs Küste in gesamter Länge Mausefallen auszulegen, um so die Landung der Alliierten zu vereiteln und vorgab, zu diesem Zwecke bereits eine erkleckerliche Summe Geldes angehäuft zu haben, von dem sich später allerdings herausstellte, daß es sich dabei um solches handelte, das beim Monopoly eingesetzt wird.

Eine weitere verworfene Idee: Die fliegende Festung
Was Leimbacher in seinem Brief an von Braun nämlich verschwiegen hatte, war, daß er seit dem zwölften Lebensjahr Stimmen in seinem Kopf hörte, die ihm befahlen, Gebisse zu fälschen und eine Halbinsel zu ehelichen. Auch Leimbachers Verwandtschaft schien zeitlebens wenig Hoffnung auf Intelligenz beschieden. Sein Vater war im ersten Weltkrieg unehrenhaft gehängt worden, weil er den weggeschossenen Unterleib eines Offiziers als Harnwegsinfektion fehldiagnostiziert hatte. Seine Mutter Clara war als neurotisch verschrieen, weil sie sich nie von ihrer Fliegenklatsche trennte, mit der sie den Großteil ihrer wachen Zeit sowohl auf ihre Umgebung eindrosch als auch Richard Wagners "Fliegenden Holländer" in einer dunklen Abstellkammer zu dirigieren pflegte. Ihre Schwester Hermine war von dem Gedanken besessen, daß sie eines Tages von Haushaltsgegenständen angegriffen werden würde und behing alles mit kleinen Glöckchen, die sie bei der geringsten Bewegung warnen sollten. Wenn ein Wind durch die offenen Fenster strich, schrie Hermine das ganze Haus zusammen. Friedrichs Bruder Christian Leimbacher schulte vom Urologen zum Strassenbauingenieur um. Er starb, ohne je eine Strasse entworfen zu haben, weil er nicht zwischen Vorhaut- und Fahrbahnverengung unterscheiden konnte. Lediglich ein entfernter Cousin, Eduard Putensiek, ließ mit seinem Werk "Kelvin allein zu Haus" die Fachwelt aufhorchen und gilt gemeinhin als Begründer der Klimatechnik.

Leimbachers fortschreitende Paranoia zwang ihn schließlich 1944, seinen Hausarzt aufzusuchen, da die Stimmen in seinem Kopf so laut geworden waren, daß er die Umgebungsgeräusche nicht mehr wahrnehmen konnte, ohne ständig "Ruhe bitte!" zu rufen. Sein Arzt verriet ihn an die Nazis, weil er davon überzeugt war, Leimbacher prahle in einem Anfall von krankheitsbedingter Leichtsinnigkeit damit, englische Feindsender zu hören. Untermauert wurde der Eindruck dadurch, daß Leimbacher die Angewohnheit besaß, immer auf einem halben Meter nacktem Kupferdraht herumzukauen, den sein Arzt für eine Kurzwellenantenne hielt. Leimbacher wurde von der Geheimpolizei nach Berlin-Plötzensee gebracht und standesgemäß ermordet, indem man ihn an den Sendemast des Funkstandes im Reichstag hängte. Heinrich Himmler erstattete dem Führer über den "stimmenhörenden Mann" Bericht, der, bereits deutlich von seiner Medikamentenabhängigkeit gezeichnet, den Vorfall mit "das passiert mir andauernd!" kommentierte. Die ATLAS-Dokumente, die bei Leimbacher gefunden wurden, landeten nach kurzer Einsicht von Wissenschaftlern, die daraufhin wegen "heftigen Kopfschüttelns" stationär behandelt werden mußten, im Archiv und fielen der Vergessenheit anheim.

Friedrich Leimbachers Nachlaß ging nach seinem Tod an seinen Sohn Bernd über, der ihn nach dem Krieg behutsam der Öffentlichkeit zugänglich machte, indem er von Zeit zu Zeit unvermittelt in vollbesetzte Strassenbahnen sprang und laut daraus vorlas. Es fanden sich weitere interessante Arbeiten, die sich mit Astrophysik im Allgemeinen und der Frage, wie das Verschwinden des zweiten Erdtrabanten auf die dramatische Inflation während der Weimarer Republik zurückzuführen war, im Besonderen beschäftigte. Ein weiterer beachtenswerter Artikel behandelte die in Leimbachers ketzerischer Art abgefasste Frage, ob die gesamte Schöpfungsgeschichte in Wirklichkeit nicht ein Witz sei, den die Menschen nur deswegen bisher nicht begreifen konnten, weil Gott am siebten Tage die Pointe versaut hatte.

Machbarkeitsstudien für die Zeit nach dem Krieg: Produktion von Brausewürfeln bei KRUPP

Wernher von Braun sagte nach dem Krieg in einem Interview der BBC, er habe nicht einen einzigen Augenblick auch nur mit dem Gedanken gespielt, Leimbachers "idiotisches Gekritzel" und die "augenfällig zur Gänze nutzlose Meßanordnung" einer ernsthaften Prüfung zu unterziehen, es ist aber überlieferte, daß er in den Folgemonaten einige Anstrengungen unternahm, Fachliteratur zu erwerben, welche die Beschreibung der Anatomie von Maulwürfen zum Inhalt hatte. Weiterhin bohrten sich bis weit in die siebziger Jahre bisweilen die von dem Deutschen im Exil für die Amerikaner konstruierten Raketenflugkörper in den Boden, was von offiziellen Stellen als Materialermüdung abgetan wurde, von Historikern aber für ein untrügliches Zeichen dafür gehalten wird, daß sich Wernher von Braun bis zu seinem Tode insgeheim mit den Theorien Friedrich Leimbachers beschäftigte.

Die amerikanischen Streitkräfte nahmen bei Kriegsende das komplette Archiv der Nazis als Kriegsbeute mit in die USA, wo es noch heute in den Kellern des Pentagon lagert. Die "ATLAS"-Akte wurde 1976 von dem Bediensteten Thomas Buchanan entwendet und blieb elf Jahre verschwunden. Sie tauchte 1987 in Oregon wieder auf, wo Leimbachers wirre Theorie heute die Grundlage für die Glaubenslehre der Sekte der "Geißeltierchen der heiligen Helena" bildet, deren spiritueller Führer Thomas Buchanan seinen Anhängern empfiehlt, sich am Tage des jüngsten Gerichts "bis zum Hals einzubuddeln und zu warten, bis das Gröbste vorüber ist".

Friedrich Leimbachers Sohn Bernd ging 1956 zur Deutschen Post und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Hebdrehwähler. Als er 1988 pensioniert wurde, bekam er zum Abschied von den Kollegen lediglich ein Besetztzeichen geschenkt. Er lebte bis 1995 auf der Ostseeinsel Fehmarn, um Meerwasser in freier Wildbahn zu beobachten und zog sich dann in sein Baumhaus in Schweden zurück.



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