Bitte die Frage entschuldigen

Geschrieben von franke43 am 04. September 2002 12:01:29:

Als Antwort auf: Re: Neugierige Frage geschrieben von Badland Warrior am 04. September 2002 11:14:00:

>Hallo, Franke!
>Danke für die Blumen, aber das ist zuviel der Ehre. Ich habe den Text von einer Seite, wo das altisländische Original neben der deutschen Übersetzung steht. entspricht im Wesentlichen der Übersetzung von Genzmer. Nur soviel: Altnordisch kann ich nicht, aber ich befasse mich sehr intensiv mit der germanischen Mythologie und habe auch Freunde aus dem Bereich, welche mir zur Seite stehen mit Rat und Tat.
>Badland Warrior

Hallo Krieger

Bei mir ist es eher umgekehrt:

Ich bin seit meiner Jugend vom skandinavischen Virus
infiziert und seit langer Zeit Wahlskandinavier.
Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Skandinavien-
freunden habe ich mich nie auf ein einziges dieser
Länder spezialisiert, sondern mein Interesse galt
allen Ländern gleichermassen (ausser Finnland). Nur
bei der Übersiedlung musste ich mich natürlich für
eines entscheiden. Befasst habe ich mich aber mit
allen dreien.

Die Gebiete "janz weit draussen" im Nordatlantik,
also die typischen Kinder der wikingeschen
Besiedlung (Island, Färöer) habe ich dabei
vernachlässigt, obwohl ich von Anfang an auch ein
Interesse an der Frühgeschichte der skandinavischen
Völker ("Wikingerzeit") mitbrachte. Wie die meisten,
die sich mit der Materie etwas befasst haben, weiss
ich, dass das europäische Zerrbild von den hörner-
helmtragenden Berserkern (Bärenhäutern) so nicht
stimmt. So hat die Archäologie und auch die Quellen-
forschung keinen einzigen Hörnerhelm nachweisen
können.

Zwar habe ich mich auch für die sprachlichen Früh-
formen der heutigen skandinavischen Sprachen
interessiert, denn ich bin ein geschichtsorientierter
und auch philologisch neugieriger Mensch. Das hat
aber nie so weit gereicht, dass ich bereit gewesen
wäre, altisländische, altnorwegische oder gar gotische
Beugungsformen zu pauken, von denen nur die alt-
isländischen in modifizierter Form im heutigen
Isländisch fortleben.

Auch war ich - trotz einer gewissen Affinität zu
Wagner - nie ein Anhänger des germanischen Götter-
himmels. Dem widerspricht teils meine christliche
Verankerung (jaja, der Vitekrist), teils mein
chronisches Desinteresse an familiären Verwick-
lungen, auch wenn diese im Götterhimmel stattfinden.

Aufgrund eines Schmalspurkurses in Altnordisch
(Anfänge der Hrafnkells Saga Freysgoda gelesen)
kann ich vieles im Eddatext erkennen, was mir
nur mit modernen skandinavischen oder gar nur
deutschen Sprachkenntnissen verborgen bliebe.
Aber "lesen" im strengen Wortsinn könnte ich die
Texte niemals. Das wäre eher mit der analytischen
Arbeit zu vergleichen, mit der man am Gymnasium
Caesars Kriegskommentare "lesen" musste.

Immerhin habe ich hier in der Nähe etliche echte
Runensteine, auf denen auch wirklich was geschrieben
steht. Und das neuere nordische Runenalphabet mit
seinen nur 16 Zeichen ist schnell gelernt.

Im Ragnarök sehe ich hauptsächlich eine heidnische
Widerspiegelung von Elementen aus der Johannes-
offenbarung und aus anderen frühchristlichen
Apokalypsen. Durch die frühe Christianisierung der
südgermanischen (deutschen!) Stämme kann dieses
Gedankengut leicht in den nordgermanischen Siedlungs-
raum eingedrungen und dort an die heimische Götter-
welt angepasst worden sein. Ein Hinweis darauf ist
eben das halbchristlich-halbheidnische "Muspilli"
aus dem bayerischen Raum. Dort wurde ja bereits
in der spätrömischen Zeit christianisiert.

Gruss

Franke 43
Odin


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