Viel Wahres dran
Geschrieben von Rhodes am 25. August 2002 20:23:07:
Als Antwort auf: DAS STIMMT NICHT! geschrieben von Badland Warrior am 25. August 2002 19:28:07:
Natürlich kann man "viel" mit der Wohnungseinrichtung verlieren. Aber ich denke mal, daß wohl niemand mehr als 30, 50000 EUR in seiner Wohnung stecken hat, normal dürfte eher 10 bis 20000 sein. Vergleich das mal mit einem kompletten Haus oder gar einem ganzen Betrieb.
Außerdem: Wer sagt denn, daß die Wohnungseinrichtung vernichtet wurde?
Wertgegenstände wurden doch im Regelfall aus der Wohnung geschafft, im wesentlichen sind also nur die Möbel weg. Da nicht gerade die Mehrzahl der Mieter im Erdgeschoss wohnt, werden wohl viele ganz davongekommen sein.Ich spreche hier nur von DER MASSE der Fälle. Natürlich gibt es ganz bedauernswerte Fälle. Nur eben wird die allergrößte Zahl der Geschädigten aus dem Kreis der Hauseigentümer stammen. Und die werden wahrscheinlich nicht einmal die Soforthilfe erhalten. Schulden laufen weiter...
Mit der Sozialhilfe ist es ebenso:
Natürlich ist sie sinnvoll. Nur eben nicht in der derzeitigen Form. Haben deine Eltern ein Haus oder deine Kinder und die gerätst in Not, dann gibt es NICHTS, NULL. In der Konsequenz wird Sozialhilfe vermehrt an die Leute gezahlt, deren Familien mittellos sind. D.h. ganze Generationen einer Familie leben von Sozialhilfe.
Und kaum ein Sozialhilfeempfänger ist Obdachloser. Das ist wirklich die absolute Minderzahl. Und ich denke, daß vor allem viele Obdachlose gar keine Sozialhilfe beziehen (psychische Probleme, kein Wohnsitz u.a. Gründe). Lassen wir die Obdachlosen also aus der Problematik heraus.Da du mein Beispiel der Rentnerin anzweifelst: Es ist (oder jetzt war) meine eigene Großmutter. Ich weiß also, wovon ich spreche.
Ich selbst lebe von 260 EUR im Monat, zahle davon die Nebenkosten der Wohnung, Lebensmittel usw. Was übrig bleibt (10 bis 50 EUR) spare ich. Urlaub mache ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr, Getränke gibt's aus dem Wasserhahn usw.
Ein Sozialhilfeempfänger zahlt keine Nebenkosten, hat also selbst mit dem Mindestsatz deutlich mehr. Viele Rentner können es sich eigentlich mit knapp 1000 EUR vergleichsweise gut gehen lassen. Und der "obdachlose" Punker aus Berlin, der in wirklichkeit gar nicht obdachlos ist, hat mit seinen Tageserlösen dann sogar das 4fache wie so mancher Student zur Verfügung ;-)Es soll hier nicht darum gehen, Neid zu schüren. Im Gegenteil. Wir müssen uns langsam über die Zukunft des Landes gedanken machen.
Und da muß der Staat investieren (nicht negativ gemeint):
Zum einen muß den älteren Bürgern ein annehmbarer Lebensabend zugestanden werden. Den Leuten, die nicht aus eigener Kraft für ihren Unterhalt aufkommen können, müssen auch irgendwie alimentiert werden. Außerdem muß in die Zukunft investiert werden.Das Resultat was aber jetzt bei uns vorherrscht:
Die Renten sind viel zu hoch, nicht finanzierbar (Generationenvertrag ist nur eine nette Umschreibung für Kettenbriefprinzip was bei sinkender Beitragerzahl eben nicht mehr funktioniert). Tja, und in die Zukunft wird überhaupt nicht mehr investiert. Ich selbst erhalte kein Bafög (Eltern zu "reich", sie können mir aber nur 260 EUR zahlen). Ein Bekannter von mir erhält ca. 150 EUR Bafög, da sein Vater arbeitslos ist.Es müßte doch wohl offensichtlich sein, daß jeder Student zumindest in Höhe des Sozialhilfesatzes eine Ausbildungsunterstützung erhalten sollte. Da steckt man hunderttausende in die Bildungs-Infrastruktur und nachher scheitern viele Studenten an ein paar läppischen EUR.
Die Sozialhilfe sollte man so umstrukturieren, daß auch Personen mit illiquiden Vermögenswerten oder Vermögenswerten, die anderweitig Sinn machen, unterstützt werden. Ein eigenes KFZ z.B. könnte doch den Leuten unter gewissen Umständen zugestanden werden. Resultat wäre, daß viel weniger Personen (und langfristig Familien) in die dauerhafte Sozialhilfe abrutschen würden (was ja jetzt z.B. ohne Transportmöglichkeit per eigenem KFZ der Fall ist).
Die Rente wird leider auf eine Volksrente umgestellt werden müssen (so wie z.B. in Dänemark der Fall), um noch finanzierbar zu sein.
Sorry, wenn der Beitrag sozialdarwinistisch rüberkam, mir geht es nur um die großen strukturellen Gegebenheiten, natürlich besteht da immer die Gefahr der Verallgemeinerung. Einzelfälle bleiben solchen Betrachtungen eben immer außen vor. Solche Begriffe wie "unverschuldet in Not geraten usw." sollte man bei solchen Betrachtungen m.E. gar nicht benutzen, der Staat muß in gewissen Situationen helfen und da darf dann nicht auf die Gründe gesehen werden. Die Situation ist eben da und muß gelöst werden.
Deine geschilderten Beispiel bei "den Ämtern" sind übrigens auch interessant, da es bei der Büroarbeit vor allem darum geht, die eigene "Arbeitslosigkeit" durch Zelebrierungen und Wichtigtuerei zu überspielen (wirkliche produktive Arbeit leisten in einer Gesellschaft nur geringe Minderheiten, war schon im alten Rom so. ich zähle mich übrigens nicht zu diesen Minderheiten).
Resultat ist jedenfalls zum derzeitigen Standpunkt, daß der Mittelstand immer weiter ausgequetscht wird bis nichts mehr übrig bleibt.
Viele Arbeitende verdienen vergleichweise zu wenig, Arbeit lohnt sich irgendwann einfach wirklich nicht mehr. Oder soll es bei uns so enden wie in den USA? Daß jeder mit 2 oder 3 Jobs Geld verdient?Man muß ja nur nach Schweden oder Dänemark oder in die Niederlande blicken, um zu sehen wie es besser gemacht werden könnte. Nirgendwo auf der Welt ist der Gehaltsunterschied zwischen der Supermarktkassiererin und dem Direktor (um es mal plakativ auszudrücken) so gering wie in Schweden. Mit übertrieben sozialen Konzepten (wobei hier das Problem die Renten und NICHT, bei weitem nicht, die Sozialhilfen sind) oder sozialdarwinistischen Ansichten und Neid kommt man jedenfalls nicht weiter.
Rhodes
P.S.: Arbeitsbelastung meines Studiums beträgt übrigens so ca. 60 Stunden die Woche im Durchschnitt (rechnet man die Semesterferien mit). Nebenjobs also nicht möglich. Allerdings muß man dazu sagen, daß hier an einer norddt. Uni vieles in solidarischer Gruppenarbeit (meist 3er Gruppen) geleistet wird und der eine eben weniger und der andere (z.B. ich) eben mehr macht.