Hervorragende Arbeit

Geschrieben von SoL333 am 23. August 2002 15:38:13:

Als Antwort auf: Geschichtslektion - wie bekommt man einen Kriegsgrund ? geschrieben von franke43 am 23. August 2002 08:34:33:

Hi Odin :-)

Ersteinmal vielen Dank für Deine Arbeit.
Ich finde es vollkommen unverständlich, daß es Leute immer noch nicht begriffen haben, daß Kriege einfach nichts bringen. Jedes Reich, daß durch Krieg nach Größe strebte ist früher oder später zerfallen. So war es immer und so wird es wieder sein.

Liebe Grüße
Chrisi

>Hallo Leute
>Wenigstens wir sollten aus der Geschichte wissen und gelernt haben,
>dass, wer Krieg führen will, immer einen Grund bekommt.
>Das Beispiel des polnischen "Überfalls" auf den Radiosender im
>schlesischen Gleiwitz ist ja hinlänglich bekannt. Genauso der
>angebliche japanische Überraschungsangriff auf Pearl Harbor zwei
>Jahre später.
>Aber schon frühzeitig haben die wahren Kriegstreiber es verstanden,
>der Gegenseite die Schuld am Krieg zuzuschieben. Ein Paradebeispiel
>ist der gallische Krieg von Caesar.
>Langweiliges Zeugs aus dem Lateinunterricht ? Nicht unter real-
>politischen Aspekten.
>Was war los ?
>Caesar brauchte einen Krieg
>- um seine desolaten Privatfinanzen via Kriegsbeute zu sanieren
>- um von einem Prozess abzulenken, den man ihm in Rom machen
> wollte, und den man einem siegreichen Feldherrn nicht macht
>- um seine bescheidenen Provinztruppen auf eine riesige Privat-
> armee (offiziell: Armee des römischen Staates) aufstocken zu
> können.
>Dabei durfte der Krieg nicht um irgendein kleines Gebiet mit
>fünf armseligen Dörfern geführt werden. Ein grosser Brocken
>musste es sein. Und es wurde ein grosser Brocken: das ganze
>heutige Frankreich einschliesslich Belgien und dem Westen von
>Deutschland. Dazu noch die Schweiz. Selbst für das römische
>Reich war das ein Riesenzugewinn auf der Landkarte.
>Aber Caesar war nur Provinzstatthalter. Er hatte keine grosse
>Armee, und er durfte nicht einfach den Gallierstämmen den
>Krieg erklären, um sie besetzen, ausplündern und in die
>Sklaverei verkaufen zu können. Also brauchte er einen Kriegs-
>grund, denn nur dann reichten seine Vollmachten als Statthalter
>aus.
>Den Kriegsgrund lieferten die Helvetier. Dem Stamm war es im
>Schweizer Mittelland rund um Bern und Zürich zu eng geworden.
>Man woltle sich woanders in Frankreich ansiedeln.
>Also kam eine Abordnung der Helvetier zu Caesar nach Genf,
>denn bis nach Genf reichte die römische Provinz Südfrankreich
>(Gallia Narbonensis). Man bat um freien Durchzug und war
>bereit, mit Geiseln die Sicherheit der römischen Provinz zu
>garantieren.
>Caesar antwortete Nein und riss die Rhonebrücke bei Genf
>ab, damit die Helvetier den durchzug nicht erzwingen konnten.
>Die Helvetier nahmen einen Umweg über den Schweizer Jura
>und begannen mit ihrem Durchzug durch Gallien auf einem
>Weg, der das römische Territorium nicht verletzte. Caesars
>Kriegsgrund war dabei flöten zu gehen.
>Also musste Caesar die Auswanderung der Helvetier auf eine
>andere Weise so umdeuten, dass dadurch römische Rechte
>verletzt wurden. Caesar richtete sein Augenmerk auf den
>nächstgelegenen Nachbarstamm ausserhalb der römischen Provinz,
>die Haeduer. Zogen nicht die helvetier soeben mordend und
>plündernd durch das Gebiet dieses friedlichen Stammes ?
>Hatten nicht die Haeduer alte Bündnisverträge mit ihren
>römischen Nachbarn ? Das war doch was.
>Also: die Haeduer brauchten UNBEDINGT römische Hilfstruppen,
>und drei lausige Provinzlegionen würden wohl kaum ausreichen,
>denn der Haeduerstamm war selbstverständlich völlig ausserstande,
>sein Stammesgebiet ohne römische Hilfe zu verteidigen.
>Caesar hatte einen Grund, um zunächst den Helvetiern den
>Krieg zu erklären. Sie mussten "befreit" werden wie Kuwait.
>Caesar hatte einen Grund zur Kriegserklärung, ohne die
>Vollmacht des Senats zu benötigen. Und er durfte, ja er
>"musste" sogar neue Truppen ausheben und neue Legionen
>aufstellen. Truppen, die nach eine siegreichen Feldzug ihm
>persönlich und nicht der Regierung in Rom gegenüber loyal
>sein würde. Um diese Loyalität gegenüber einer Einzelperson
>zu sichern, erlaubte Caesar in der Folgezeit viele
>Plünderungen in einem Ausmass, wie es sonst im römischen
>Kriegswesen nicht üblich war, obwohl auch andere siegreiche
>Feldherren nicht zimperlich waren.
>Als die Helvetier abgeschlachtet waren, brauchte Caesar
>einen neuen Kriegsgrund, um weitermachen zu können. Er
>fand ihn im Suebenkönig Ariovist, der den Nachbarstamm der
>Haeduer, die Sequaner, besetzt hatte und angeblich die
>Haeduer bedrohte. Also "musste" Caesar seinen Bündnis-
>verpflichtungen nachkommen und den Haeduern und Sequanern
>gegen Ariovist helfen.
>Bei Verhandlungen zwischen Caesar und Ariovist stellte sich
>letzterer auf einen interessanten Standpunkt. Er konnte
>nicht einsehen, warum Caesar an ihn Forderungen richtete.
>Schliesslich waren sie beide Fremde in Gallien, und der
>eine Fremde dürfe dem anderen Fremden keine Vorschriften
>machen. Das dürften bestenfalls die Ureinwohner.
>Das war in Caesars Augen natürlich genau die "Provokation",
>die er benötigte, hatte sich doch Ariovist erfrecht, sich
>die gleichen Rechte anzumassen wie der Weltpolizist Rom.
>Nach dem Sieg über Ariovist brauchte Caesar einen Kriegsgrund
>gegen die Belgier, dann gegen die Küstenstämme, dann gegen
>die Briten, die angeblich den Festlandsgalliern Militärhilfe
>gegen die römische Armee gewährt hätten. So war das:
>Die Gallierstämme durften sich gegenseitig nicht mit Militär
>beistehen, nur die römische (eigentlich: Caesars) Armee
>durfte auf fremdem Territorium intervenieren, wie immer es
>dem Feldherrn gerade passte.
>Jahre später nutzte Caesar die gleiche Armee, um auf Rom zu
>marschieren (Rubicon) wie später Franco auf Madrid.
>Quintessenz: wer einen Kriegsgrund braucht, bekommt ihn
>auch.
>Hat der angebliche Dummkopf Bush jr. Caesars gallischen
>Krieg gelesen ? Sieht er sich als den Caesar unserer
>Zeit ? eine gewisse entfernte Ähnlichkeit wäre sogar
>vorhanden.
>Gruss
>Franke 43



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