Etymologischer Exkurs: Demokratie

Geschrieben von Swissman am 23. August 2002 00:51:24:

Als Antwort auf: Re: Trotzdem - das ist das Mittelalter in neuer Form ! geschrieben von Bine am 22. August 2002 09:56:17:

>Natürlich will keiner die Feudalherrschaft wieder, aber seien wir uns doch mal im Klaren drüber, daß es Demokratie im wörtlichen Sinne eigentlich nicht
>gibt :-o.

Doch, die gibt es (meiner Meinung nach) durchaus: Das Wort "Demokratie" wird nämlich genaugenommen meistens falsch verwandt: Entgegen der landläufigen Meinung, der griechische Begriff "demos" bedeute "Volk", ist die ursprüngliche und primäre Bedeutung "Abschaum" (wenn ich an gewisse Politiker denke... *g*). Im Laufe der Zeit begann die Oberschicht, den Begriff auch im Sinne von "Pöbel", "Plebs", etc. zu verwenden.

Der Begriff "Demokratie" taucht als solcher erstmals in Platons "Politeia" auf: Platon stellte fest, dass es grundsätzlich drei Arten der Herrschaftsausübung gebe, wobei es zu jeder Form zwei Subtypen gibt - einen positiven und einen negativen, wobei die erste Form dazu tendiere, über kurz oder lang in die zweite Art zu degenerieren. Die Staatsformen nach Platon sind die folgenden:

1.) Herrschaft durch Einen (Monarchie - Tyrannis)
2.) Herrschaft durch Wenige (Aristokratie - Oligarchie)
3.) Herrschaft durch Viele (Republik - Demokratie)

In unserem Zusammenhang braucht uns nur der dritte Typus zu interessieren: Die positive Variante ist die Republik (griech. "politeia"), welche Platon als anzustrebendes Ideal ansah. "Demokratie" hingegen ist, nach Platon, eine Entartung der Republik. Eine Republik zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass der Souverän eine gewisse geistige Reife besitzt. Zudem ist es ihm auch nicht erlaubt, bestimmte Grundwerte zu ändern - diese sind für die Ewigkeit.

Letztlich besteht der Hauptunterschied zwischen den jeweiligen Subtypen darin, dass die Herrscher in Monarchie, Aristokratie und Republik sich bemühen, dem Staat als Ganzem zu dienen, währenddem sie sich in Tyrannis, Oligarchie* und Demokratie weitestgehend von egoistischen Motiven leiten lassen ("Wie leite ich möglichst viel Geld aus der Staatskasse in meine eigene Tasche um?").

Platon war weder der erste noch der einzige, der so dachte: Die weitaus meisten griechischen Philosophen lehnten die "Demokratie" ab.

Nach und nach wurde die "Demokratie", bzw. Republik in den meisten griechischen Stadtstaaten dennoch eingeführt. Die Vertreter der alten Ordnung schmähten das neue System als "Demokratie" im platon'schen Sinne. Schliesslich übernahmen die unteren Klassen den Begriff, und begannen, ihn synonym zu "Republik" zu verwenden...

Das, was gemeinhin gemeint ist, wenn von "Demokratie" die Rede ist, müsste man korrekterweise als "Republik" bezeichnen.


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