Pakistans Offiziere haben den Finger auf dem Atomknopf

Geschrieben von IT Oma am 08. Juni 2002 21:39:59:

Das folgende ist meine Übersetzung eines Artikels aus dem Londoner Telegraph, gespiegelt von der australischen Online-Zeitung smh.com.au. (Der Telegraph erfordert eine Registrierung für sein Archiv, daher verwende ich nicht das Original).
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Offiziere haben "den Finger auf dem Atomknopf"
von David Blair, Islamabad
8. Juni 2002

Pakistans Atomraketen können von Armeeoffizieren ohne Rücksprache mit einer zentralen Autorität abgefeuert werden, wenn der Zusammenbruch der Kommunikation während eines Krieges mit Indien das erfordert. Das behaupten Kritiker des pakistanischen Atomwaffenprogramms und höherrangige britische Quellen.
Offiziell liegt die Kontrolle zwar bei Präsident Pervez Musharraf, der sowohl Staatsoberhaupt als auch Generalstabschef ist. Kritiker behaupten jedoch, daß durch die Mängel im Kommandosystem im Falle einer Krise ein Brigadegeneral oder ein Korpskommandant(?) innerhalb weniger Minuten entscheiden müßten, ob sie einen Atomschlag befehlen und damit Indiens Vergeltung riskieren.
Die Supermächte haben im Kalten Krieg Verfahren entwickelt, um die Risiken ihres nuklearen Wettbewerbs möglichst niedrig zu halten. Indien und Pakistan müssen das erst noch tun.
Der "heiße Draht" zwischen den beiden Staatsoberhäuptern ist seit 1997 (als er nach 20 Jahren wieder funktionsfähig gemacht wurde), nie mehr benutzt worden.
Noch viel bedrohlicher erscheint dem Westen, daß keiner der beiden Rivalen eine genaue Vorstellung davon hat, wo beim Gegner die "rote Linie" verläuft, bei deren Überschreiten mit einem atomaren Vergeltungsschlag zu rechnen ist.
"Pakistan hat klar gemacht, daß es Atomwaffen einsetzen wird, wenn bestimmte "rote Linien" überschritten werden. Aber wir sind nicht sicher, daß Indien genau weiß, welche das sind", sagte ein Diplomat.
"Pakistan wird handeln, wenn es sich in tödlicher Gefahr sieht, aber es ist unklar, was das heißt. Ist es die Eroberung einer größeren Stadt wie Lahore? Ist es der drohende wirtschaftliche Zusammenbruch bei einer Blockade von Karachi? Oder ist es die Unterbrechung der wichtigsten Straßenverbindung durch Pakistan?"
Damit seine Ghauri- und Shaheen-Raketen nicht in einem einzigen Angriff zerstört werden können, hat Pakistan sie in abgelegenen Gegenden des Landes verteilt, wo die Kommunikationseinrichtungen bestenfalls unzuverlässig sind. Die Berechtigung zum Abschußbefehl ist entsprechend delegiert worden, sagt Professor Pervaiz Hoodbhoy, von der Quaid-e-Azam University in Islamabad. "Im Falle eines Atomkriegs kann es gut sein, daß der Befehl zum Abschuß nicht vom obersten Befehlshaber, vom Präsidenten, oder jemand ähnlichem gegeben wird. Diese Entscheidung könnte von einem Brigadegeneral kommen, er könnte bestimmen, ob Sie und ich leben oder sterben."
Von Indiens Atomwaffen nimmt man an, daß sie fest in der Hand der gewählten Politiker sind. Pakistan jedoch hat eine lange Geschichte von Militärregimes, abwechselnd mit schwachen demokratischen Regierungen, und die Lage erscheint weniger klar.
The Telegraph, London
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Ich weiß nicht, inwieweit das vielleicht Propaganda ist.
Ich habe allerdings meine Zweifel, ob die indischen Kommunikationseinrichtungen im Falle des Falles zuverlässiger sind. Deshalb halte ich es für möglich, daß auch in Indien die Abschußknöpfe nicht so fest in der Hand der gewählten Politiker sind, wie das hier behauptet wird.
Höchst beunruhigend das alles.

Gruß
ITOma


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