Definitionen

Geschrieben von Gaia am 25. Mai 2002 03:59:06:

Als Antwort auf: Unruhen, Chaos, Gesetzesgültigkeit und andere juristische Fragen geschrieben von Badland Warrior am 24. Mai 2002 15:15:13:

Hallöchen, B.W.!

So, hab nun etwas mehr Zeit und hab das gefunden:

Mein Mann hat mir dazu das Wörterbuch zur Sicherheitspolitik der NATO/Bundeswehr zur Verfügung gestellt.

1. Ausnahmezustand:
In der Regel zeitlich begrenzte Aussetzung der normalen Verfassungs- und Rechtssituation eines Staates, die einer Regierung außerordentliche Vollmachten verleiht. Grundzüge einer Notstandsverfassung sind mit der Notstandsgesetzgebung (1968) in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eingeflossen.
Begriff und Regelung eines Ausnahmezustandes sind jedoch nicht in das Grundgesetz aufgenommen worden.

2. Bürgerkrieg
2.1. Krieg
Ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei oder mehreren Staaten, Bündnissen oder militärisch organisierten Gruppierungen bzw. ein organisierter, mit Waffengewalt ausgetragener Machtkonflikt zwischen Völkerrechtsubjekten oder Bevölkerungsgruppen innerhalb eines Staates zur gewaltsamen Durchsetzung politischer, wirtschaftlicher, ideologischer oder militärischer Interessen.

2.2. Angriffskrieg
Bewaffnete Aggressionen gegen einen Staat, eine Staatengemeinschaft oder ein Bündnis. Das moderne Völkerrecht stellt ein grundsätzliches Verbot des Angriffskrieges auf. Neben dem Kellog-Pakt vom 27.08.1928 enthält auch die Charta der Vereinten Nationen (VNCh) Artikel 2 ein allgemeines Gewaltverbot. In der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz Art. 26) ist schon die Vorbereitung eines Angriffskrieges verboten.

2.2.1. Kellog-Pakt (Erklärung Kellog-Pakt)
Vom französischen Außenminister Aristide Briant angeregter und vom Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika, Frank Billings Kellog, vorgeschlagener internationaler Vertrag vom 27.08.1928, der die Unterzeichnerstaaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und seinen Dominien, Irland, Italien, Japan, Polen, Tschechoslowakei und die USA verpflichtete, auf den Krieg als Mittel nationaler Politik zu verzichten und Streitfälle auf friedliche Weise zu regeln. Dabei blieb das Recht auf Selbstverteidigung als unveräußerliches Mittel eines Staates anerkannt. Bis 1939 schlossen sich weitere 38 Staaten dem Kellog-Pakt an.

2.3. Begrenzter Krieg
Nach Raum, Mitteln und/oder Zeit sowie Zielen begrenzt gehaltener Konflikt.

2.4 Blitzkrieg
Art der Kriegsführung, die als stragegisch-operativer Überfall durch Nutzung von Überraschung, Feuer und Bewegung gegnerische Kräfte so zerschlägt, dass die Substanz der gegnerischen Kräfte schnell verbraucht, und der Angriff aufgrund raschen Geländegewinns den angegriffenen Staat zur Kapitulation zwingt.

2.5. Bürgerkrieg
Bewaffneter, nicht internationaler Konflikt innerhalb eines Staatsgebietes, der zwischen regulären Streitkräften des Staates und/oder intranationalen Gegnern geführt wird.

2.6. Gerechter Krieg
Schlüsselbegriff der christlichen Friedenslehre. Anliegen dieser Lehre war es, spezielle Bedingungen bzw. ethische Normen zu entwickeln, unter denen vom Friedensgebot des Neuen Testaments (Bergpredigt: "Liebet Eure Feinde") abgewichen werden durfte. Durch Augustinus (354-430) wird der Topos "Belum iustum" eingeführt. Thomas von Aquin (1225-1274) systematisierte die Lehre vom gerechten Krieg, indem er spezielle Kategorien für die Rechtfertigung eines Krieges entwickelte. Der einzige gerechte Grund, einen Krieg zu führen, bleibt für den spanischen Scholastiker Franciscus De Vitoria (1483-1546) das "erlittene Unrecht".
Ein Krieg kann prinzipiell nicht gerecht sein, wenn er dem Staat mehr Schaden als Nutzen bringt. Bei Vitoria brechen zum ersten Mal die großen Schwierigkeiten im Begriff des Krieges in bezug auf ihre praktischen Anwendungen auf eine konkreten Einzelfall auf. Die Möglichkeit, eines beiderseits (subjektiv) gerechten Krieg verkompliziert die Gerechtigkeitsfrage, die vor dem Hintergrund des Golf-Konflikts vor allem in den USA eine neue Aktualität erhalten hat. Für die christliche Friedenslehre hat inzwischen der Topos "gerechter Krieg" seine theologische Bedeutung verloren.

2.7. Nuklearer Krieg
Ein bewaffneter Konflikt, in dem eine oder beide Seite Nuklearwaffen einsetzen. Ein solcher Nuklearkrieg kann begrenzt in Raum und Zeit verlaufen oder zu einem allgemeinen Kriegeskalieren.

2.8. Präemptiver Krieg
Bewaffneter Konflikt, der aufgrund der gesamtpolitischen und militärstrategischen Beurteilung der Lage von der bedrohten Seite durch Angriff begonnen wird, weil ein gegnerischer Angriff unmittelbar bevorzustehen droht oder erkannt ist und der Bedrohte mit einem Angriff auf militärische Vorteile hofft.

2.9. Präventiver Krieg
Bewaffneter Konflikt, der durch Angriff von der Seite begonnen wird, die nach ihrer Beurteilung der gesamtpolitischen, strategischen und militärischen Lage glaubt, dass die Anwendung militärischer Mittel ohnehin unvermeidbar ist und dass gegnerische Gewinne dadurch verhindert und eigene erleichtert werden, indem man als erster die Initiative des Handelns erreicht.

2.10. Stellvertreterkrieg
Begrenzter bewaffneter Konflikt, indem Mächte die direkte Konfrontation vermeiden und für die Durchsetzung ihrer Ziele andere Staaten Krieg führen lassen.

2.11. Totaler Krieg
Ein mit dem Einsatz aller zur Verfügung stehenden militärischen, ökonomischen und psychologischen Mittel geführter Vernichtungskrieg. Ein totaler Krieg kann mit oder ohne Nuklearwaffen geführt werden. Die einem mit solchen totalen Krieg verbundene "totale Mobilmachung" aller militärischen, wirtschaftlichen und geistigen Kräfte einer kriegführenden Macht führt zwangsläufig zur Aufhebung des Unterschiedes von Kombattanten und Nichtkombattanten und damit durch die Wirkung moderner Waffentechnologien zu einer besonderen Brutalisierung des Krieges. Der Begriff entwickelte sich durch konzeptionelle Arbeiten internationaler Militärtheoretiker (u.a. Giulio Douhet, Erich Ludendorff) nach dem ersten WK und wurde im zweiten WK angewandt (strategischer Luftkrieg der Westalliierten)

3.1. Aufstand
Erhebung von Menschen in meist großer Anzahl, vorbereitet oder ad hoc, mit dem Ziel das regierende System ihres Gemlein-Wesens gewaltsam zu stürzen. Siehe Putsch, Staatsstreich

3.2. Putsch
Gewaltakt meist kleiner Gruppen mit dem vorrangigen Ziel des Sturzes einer Regierung und Übernahme der Regierungsgewalt

3.3. Staatsstreich
Bezeichnung für einen illegalen meist auf militärische Mittel gestützter Akt unter Androhung oder Anwendung von Gewalt, der auf einen Wechsel eines Regimes oder einer Regierung und gegen eine bestehende Verfassung abzielt.

4.1. Definition Notstand
4.1.1. Allgemein
Durch eine Naturkatastrophe oder einen besonders schweren Unglücksfall eingetretener Zustand, in dem Gefahr besteht, für Menschen, Tiere oder für Sachgüter und Einrichtungen, die für die Allgemeinheit besonders lebenswichtig oder wertvoll sind

4.1.2. In der Bundesrepublik Deutschland im verfassungsrechtlichen Sinne eine Situation, in der durch innere oder äußere Einflüsse der Bestand, die innere Ordnung gefährdet ist.
Im deutschen Verfassungsrecht wird unterschieden zwischen:

4.1.2.1 innerer Notstand
Grundgesetz Art. 91 Abs.1 in Verbindung mit Art. 87a Abs. 4

4.1.2.2. ziviler Katastrophenfall
Grundgesetz Art. 35 Abs. 3,5

4.1.2.3 äußerer Notstand
Bei dem zwischen dem Spannungsfall (Grundgesetz Art. 80a und Art. 87a) den Verteidigungsfall (Grundgesetz Art.115c) und der Vorsorge für den Verteidigungsfall (Grundgesetz Art. 115a bis Art. 115l) unterschieden wird.

4.2. Notstandsplanung
Überlegungen, wie im Falle eines Notstandes unter Rückgriff auf das Notstandsrecht Abhilfe geschaffen werden kann und die daraud folgenden Maßnahmen.

4.3. Notstandsrecht
In der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung aller Rechtsvorschriften, die zur Bewältigung eines Notstandes erlassen worden sind. Kern der einfachen Notstandsgesetze sind die Sicherstellungsgesetze und die Gesetze im Rahmen des Zivilschutzes.

4.4. Notstandsverfassung
In der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Normierungen eines Notstandes.

4.5. Spannungsfall
In der Bundesrepublik Deutschland verfassungrechtlicher Begriff für einen Zustand internationaler Spannung (Grundgesetz Art. 80a), der als Vorstufe für den Verteidigungsfall gilt, jedoch bereits Maßnahmen erfordert, die ähnlich denen des Verteidigungsfalles sind. Die Feststellung des Spannungsfalles bedarf einer qualifizierten Mehrheit von 2 Dritteln der abgegebenen Stimmen im deutschen Bundestag. Auf Grundlage des Spannungsfalls können die einfachen Notstandsgesetze aufgerufen werden.

4.6. Verteidigungsfall
4.6.1. Allgemein
Zustand, in dem das Staatsgebiet eines Staates von außen her mit Waffengewalt angegriffen wird oder wenn eine solche Aggression unmittelbar droht.

4.6.2. In der Bundesrepublik Deutschland wird bei einem Angriff auf Deutschland der Verteidigungsfall auf Antrag der Bundesregierung zur Erklärung des Verteidigungsfalles nach Gundgesetz (Art. 115a) vom deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates bzw. im Hinderungsfall vom gemeinsamen Ausschuß mit Qualifizierter Mehrheit festgestellt. Der Verteidigungsfall ist vom Bundespräsidenten zu verkünden. Wird deutsches Territorium bereits mit Waffengewalt angegriffen und sind die zuständigen Bundesorgane nicht in der Lage, sofort den Verteidigungsfall festzustellen, so gilt er für den Zeitpunkt als festgestellt, an dem der Angriff begonnen hat.

Du schreibst:
"Inwiefern hätten oder haben Polizei, Bundesgrenzschutz oder Armee (Heer, Marine, Luftwaffe) besondere Befugnisse oder würden gegen die Bevölkerung eingesetzt? Ist es denkbar, daß Teile der Exekutive sich auf die Seite des Volkes schlügen oder "Freikorps" bildeten? Inwieweit gelten da noch Gesetze aus dem Dritten Reich, der Weimarer Republik oder dem Kaiserreich?"

Das kann man nicht verallgemeinern. Vielleicht kannst Du das spezifizieren?

Ich betone nochmals: Es sind Ansatzpunkte/Definitionen aus der Sichtweise der NATO/Bundeswehr.

Bezugsquellen: Wörterbuch zur Sicherheitspolitik der NATO/Bundeswehr
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

So, wünsch Dir noch einen wunderschönen Samstag
Tschaui Gaia

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