Re:Hoppla!-da wurde einiges "verschluckt"! Nochmal des Ganze;-)

Geschrieben von H.Joerg H. am 19. Mai 2002 11:27:04:

Als Antwort auf: geschrieben von H.Joerg H. am 19. Mai 2002 11:14:44:

Geistreiche Pfingsten allen!

Hier ein lesens- und nachdenkenswerter Artikel vom Freitag aus der Nahe-Zeitung:

Mensch erschafft Computer-Sklaven

Für den Philosophen Sloterdijk ist die Konsum- eine Neidgesellschaft

Peter Sloterdijk ist für provokante Thesen bekannt. Beim Trendtag in Hamburg
bezeichnete er moderne Gesellschaften als "Neidkraftwerke". Nur das ständige Vermehren des Warenangebots könne die unaufhaltsame Konsumgier befriedigen und so "die Brennstäbe des Neides vor dem Durchbrennen" schützen.

Hamburg. Eine "Zivilisation der neuen Grausamkeit" hat der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk beim Siebten Deutschen Trendtag in Hamburg vorausgesagt. Sloterdijk zeichnete ein überwiegend düsteres Bild der modernen Konsum- und Informationsgesellschaft voller Neid und Eifersucht. Durch die starke Verbreitung von Computern entstehe eine neue Form der Sklaverei, sagte der durch seine Thesen zur Gentechnik in der Vergangenheit heftig kritisierte Philosoph.

Marktforscher, Soziologen und Philosophen diskutierten auf Einladung des Hamburger Beratungsunternehmens Trendbüro unter dem Titel "Sofortvertrauen: Die neue Moral der Netzwerkkinder" ethische Grundlagen der modernen Gesellschaft. In Zukunft werden nach Ansicht von Sloterdijk Prinzipien der Antike immer stärker den Alltag der Menschen bestimmen.

Die Sklaverei kehre durch die Computerisierung des Alltags zurück. "Kommunikation ist Sklavenarbeit", so Sloterdijk. Die Computer spielten die Rolle der Sklaven, die den Menschen diese Arbeit abnehmen. Die Herrschaft in der Gesellschaft falle immer stärker den Besitzern und Kontrolleuren der Kanäle zu, welche die Daten und andere Güter hin- und hertransportierten. Die einzelnen Menschen ziehen sich nach der Analyse Sloterdijks weiter in soziale Nischen aus Freunden und Nachbarn zurück und lassen sich durch die Medien - wie die alten Römer - von "Brot und Spielen" unterhalten.

Neid, Eifersucht und ständiger Konsum seien wesentliche Triebkräfte im heutigen Zusammenleben, sagte Sloterdijk. Was Soziologen einst freundlich als "Erlebnisgesellschaft" analysierten, bezeichnete der Philosoph nun als "medial
inszenierte Konsumpanik". In einer "Kultur des täglichen Ausnahmezustands" stacheln sich die Konsumenten ununterbrochen gegenseitig zu immer neuen Käufen an-denn die glitzernden Waren versprechen scheinbar grenzenlos wachsenden Genuss.

"Moderne Gesellschaften sind große Neidkraftwerke", sagte Sloterdijk - durch ihre Käufe erzeugten die Menschen immer neue Eifersucht. Nicht einmal Reformkräfte wie die Grünen hätten diese auf Hochtouren laufenden Reaktoren bislang abzuschalten versucht. Nur das ständige Vermehren des Warenangebots könne die unaufhaltsame Konsumgier befriedigen und so "die Brennstäbe des Neides
vor dem Durchbrennen" schützen.

Hoffnung schimmerte bei Sloterdijk nur am Rande durch: Souverän ist, wer sich von der Sklaverei freimacht, räumte er immerhin ein. Andere Wissenschaftler zeichneten vor den rund 400 Teilnehmern ein angenehmeres Zukunftsbild. So setzte der Essener Kommunikationstheoretiker Norbert Bolz auf eine gerade im Computerzeitalter neu aufkeimende Moral - wenn er sie auch ausschließlich ökonomisch und mathematisch begründete.

In fast anonymen Internet-Gemeinschaften können die "Netzwerk-Kinder" seiner Ansicht nach "gelassen miteinander kooperieren". Mathematischen Grundsätzen folgend, versuche dabei jeder, den größtmöglichen Nutzen für sich herauszuholen. Bolz warnte davor, Liebe und menschliche Nähe zur Voraussetzung ethischer Standarts zu machen. Eine Renaissance der 70er Jahre mit "Love, Peace und Happiness" werde es nicht geben - stattdessen setzt er auf die "Stärke der Informationsverarbeitung". Bolz: Die ideale Betriebstemperatur der Gesellschaft ist nahe am Kältepol.

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Dem ist von meiner Seite aus nichts mehr hinzuzufügen.

Nochmals geistreiche Pfingstgrüße!

Jörg


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