Re: Otto von Habsburg und R. N. von Coudenhove-Kalergi
Geschrieben von JeFra am 12. Mai 2002 20:06:32:
Als Antwort auf: Re: Otto von Habsburg und R. N. von Coudenhoeve-Kalergi geschrieben von Chris am 12. Mai 2002 19:00:08:
die Zitate muten wirklich seltsam an. Wobei ich bemerken muss, das Otto von Habsburg seit 1972/ 1973 Vorsitzender der Paneuropa-Union ist - also genug Zeit hatte, seine Sichtweise einzubringen bzw. einem veränderten Weltbild anzupassen.
Ja, Otto von Habsburg ist in diesem Amt der unmittelbare Nachfolger von Coudenhove-Kalergi.
Mir fiel jedoch bei meinen Recherchen auf, dass auf dem Bild zu Ottos Goldener Hochzeit in Mariazell die Gratulantin Riess-Passer (Vize-Kanzlerin der FPÖ) abgebildet ist. Die Nähe zu ideologisch recht(ere)en Strömungen lässt sich also auch nicht verleugnen.
Meine Quelle ist ja auch FPÖ-nah und ich selbst bin, wenn man das landlaeufige Koordinatensystem verwendet, wohl rechtsradikal. Dazu waere zu sagen, dass ich die Tauglichkeit dieses Koordinatensystemes anzweifele. Es kam mir in erster Linie auf die Zitat als solche an, unabhaengig davon, ob das nun rechts oder links ist oder ob sich der VS dafuer interessieren wuerde.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Radikale grundsätzlich immer radikal sind - egal an welchem politischen Rand. Und sich ebenso -in Minutenschnelle!- für das andere Lager ködern lassen. Hauptsache radikal! Unser Bundes-Joschka und Innen-Otto sind dafür das beste Beispiel, wie sich bei der Übernahme persönlicher Verantwortung die radikale Weltanschauung ins Gegenteil verkehren und auch argumentieren lässt!
Ich glaube, ihre Erfahrungen beziehen sich entweder auf Karrieristen oder sie sind dadurch begruendbar, dass das Links/Rechts-Schema kein sehr brauchbares politisches Koordinatensystem ist. Ich habe selbst nach 1990 unter der unmittelbaren Erfahrung der Politik im Westen meine politischen Anschauungen geaendert. Das hat selbst bei den unwichtigeren Punkten einige Monate gedauert und in der Hauptsache mehr als fuenf Jahre, und es hat in gewissem Sinn sehr viel verbrannte Erde hinterlassen. Ich glaube nicht, dass es sich um einen leichtfertigen Positionswechsel gehandelt hat, sondern das System meiner Anschauungen zu politischen Fragen war inkonsistent geworden: Es war unmoeglich, noch alle Komponenten davon zu halten.
Wenn ich richtig verstanden habe, sind die Buchzitate nicht von Otto von Habsburg, sondern von seinem Vorgänger, und zwar aus dem Jahre 1925 und 1935. Als Diskussionsgrundlage sind sie daher nicht brauchbar, zumal sie weder Programm für die Paneuropäische Union sind noch politische Willenserklärung der Vereinigung seit Otto von Habsburg sie vertritt.
Ich habe ja gesagt, dass mir eine Stellungnahme des Habsburgers dazu nicht bekannt ist. Diese koennte natuerlich auch darin bestehen, dass Coudenhove-Kalergi seine frueheren Schriften verworfen hat oder dass Otto von Habsburg das tut. Es ist vermutlich so, dass die Vorstellungen von Coudenhove-Kalergi sehr konfus gewesen sind. Das behauptet jedenfalls der Autor des zitierten 'Aula'-Beitrages, und es geht auch aus seinen Zitaten hervor, von denen ich nur einen Teil benutzt habe. Ich betone also nochmals, dass der Schwerpunkt meiner Vorwuerfe auf 'menschenfeindlich' und 'konfus' liegt, nicht auf 'links' oder 'rechts'. Aber warum hat Otto von Habsburg nicht eine eigene Pro-Europa-Gesellschaft gegruendet? Als Prominenter haette er ja beste Erfolgsaussichten gehabt. In die Organisatin des C.-K. ist er, wenn ich mich richtig erinnere, schon waehrend WK2 eingetreten.
Die Verquickung dieser Personen über fast ein Jahrhundert wäre genauso vermessen, wie ein Vergleich Gerhard Schröders mit Adolf Hitler, bloß weil beide (Reichs-) Kanzler von Deutschland waren.
Es geht ja hier um eine politische Organisation, fuer die man freiwillig optiert, im Gegensatz zu einem Land, in das man geboren wird.Schoenen Sonntagabend, und vielen Dank dafuer, dass Sie die interessante Frage der politischen Taetigkeit Ottos von Habsburg angeschnitten haben.
JeFra