Re: Nein, Probleme mit der Unfehlbarkeit habe ich nicht
Geschrieben von Theo Stuss am 06. Mai 2002 10:45:50:
Als Antwort auf: Re: Prophetische Stemmen: sieht aus wie Engelwerk geschrieben von JeFra am 05. Mai 2002 23:43:26:
Hallo JeFra,
Sie schreiben:
>Irgendwie scheint mir, dass Sie als Lefebvre-Anhaenger letztlich gezwungen sind, die Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubensfragen abzulehnen. In gewisser Weise ist Ihre Lage aehnlich wie die Luthers, der ja anscheinend auch urspruenglich durch Verfallserscheinungen in der Kirche motiviert war. Es ist fuer Luther ein ganz selbstverstaendlicher Gedanke gewesen, dass der Antichrist die Macht in der Kirche ergreifen kann.
meine Antwort:das ist ein typisches Mißverständnis der Unfehlbarkeit. Der Papst ist bei Kardinalentscheidungen gemäß der katholischen Lehre nicht etwa vom Heiligen Geist inspiriert, sondern der Beistand ist negativer Art, d.h. eine Dogmatisierung gegen die Offenbarung wird verhindert. Das Objekt ist eine ohnehin überlieferte Lehre und kann in sich nichts neues sein. Deswegen hatte ja bereits Luther die ihm bekannte Doktrin der päpstlichen Unfehlbarkeit abgelehnt, obwohl es damals noch nicht "de Fide definita", sondern nur "de Fide" galt. Außerdem haben alle Päpste, die bis jetzt im Verdacht der Häresie standen, niemals Kathedralentscheidungen getroffen.
a) Liberius sah sich gezwungen seine Exkommunikation gegen Athanasius zurückzunehmen und hatte einige Retraktionen vornehmen müssen.
b) Honorius, der den Streitfall des Monotheletismus unterbinden wollte, indem er allen Schweigen gebot, auch den Vertretern der Orthodoxie, wurde nach seinem Tod wegen Begünstigung der Irrlehre exkommuniziert.
c) Johannes XXII., der im 14.Jhr. öffentlich leugnete, daß die Seligen im Himmel keine geistige Schau Gottes hätten, widerrief seine Irrlehre noch auf dem Sterbebett.
d) Das II.vatikanische Konzil ist ein Pastoralkonzil, das nie Dogmen erlassen wollte. Seine Sprache ist auch viel zu wenig präzise, als das man sagen könnte, die Bischöfe hätten einmütig einer Lehre zugestimmt und dadurch entweder einmütig unfehlbar gelehrt, oder gemeinsam geirrt. Tatsächlich verbergen sich hinter den oft ungenauen Formulierungen die Ansichten verschiedener Fraktionen. Das ist allgemein bekannt und wird selbst von Ratzinger zugegeben.
Das Problem des Papa haereticus ist ein gängiges Thema der wissenschaftlichen Dogmatik. Generell herrscht Einmütigkeit, daß ein Papst selbst schismatisch, ja häretisch werden kann. Über die Folgen ist man sich aber im unklaren. Bleibt er materiell Papst, oder verliert er sein Amt? Behält er sein Amt als Mietling um Rechtssicherheit zu garantieren?
Da sich diese Experten seit nun Jahrhunderten nicht darüber einigen können, ist es auch nicht an mir das Problem zu lösen. An die Katholiken hier im Forum sei nur gesagt, daß es ein offenes Problem ist und daß es darüber Literatur gibt. Obwohl Bellarmin (immerhin Kirchlehrer) ganz klar den häretischen Papst für möglich hält, lehnt er es ab, daß der Anti-Christ jemals Papst werden könnte.
Ein Papst der Reformationszeit, ein Vorgänger von PiusV., veröffentlichte eine Bulle in der er festlegte, daß die Wahl eines Häretikers ungültig sei. Diese Bulle war lange im Anhang des Kirchenrechtes noch vor PiusX., der festlegte, auch exkommunizierte können Päpste werden. Diese Exkommunikationen beziehen sich aber nur auch Ausschluß wegen einfacher Vergehen, die nicht gegen den Glauben sind. Man wollte nämlich verhindern, daß alte Päpste vorher die Wahlen durch Exkommunikation von Kardinälen beeinflussen, um diese vom Konklave auszuschließen. Der Rechtsgrundsatz von PiusX. scheint sich daher nicht auf Exkommunikationen zu beziehen, die einen Ausschluß wegen festgestellter Akatholizität, oder Apostasie verfügen.
Wie dem auch sei, Probleme mit der Unfehlbarkeit der Päpste habe ich keine. Im Gegenteil, es ist ja gerade die Unfehlbarkeit der alten Entscheidungen, die uns zum Widerstand gegen Zielsetzungen ermächtigt, die völlig schleierhaft sind. Wenn man jemanden zur Zustimmung bewegen will, braucht es ein konkretes Objekt. Das wird aber nicht geliefert.
Man wird heute aufgefordert ganz allgemein der neuen Politik des Konzils, oder des Papstes zuzustimmen. Was denn nun konkret?
Das Konzil von Nizäa lehrte eindeutig, daß Jesus Christus die göttliche und die menschliche Natur in einer Person vereinigt. Jedem, auch den Gegenern war die Bedeutung klar. Man wußte wem man zu stimmt, oder was man ablehnt.
Man drückt sich heute um diese klare Sprache, weil man sich nicht offenbaren will. Mal ganz ehrlich, alle haben heute doch nur eines im Ohr, nämlich, daß das Johannes PaulII. gegen die Pille ist. Das ist ja auch das einzige, was man klar vernimmt. Wenn ich nicht rumferzle, nicht abtreibe, nicht verhüte, Pornographie ablehne und ein bißchen die Muttergottes verehre, dann gelte ich doch heute als katholisch. Das ist das, was heute bei den Leuten klar ankommt, der Rest ist wischiwaschi. Alles andere ist Kaugummi.
Man muß überhaupt erst einmal festlegen, wovon man spricht. Na nach langen Jahren des Wartens hat es endlich den Anschein, daß Ratzinger sich mit uns auf der Ebene der Lehre unterhalten will. Ergebnisse will ich nicht vorwegnehmen.
Gruß,
Theo Stuss
- ich auch nicht. kein mensch ist unfehlbar. Guerrero 06.5.2002 12:16 (2)
- Paßt mehr ins Reli-Forum. Stimmt! Theo Stuss 06.5.2002 13:30 (1)
- Re: leider nicht, theo. (ohne text) Guerrero 06.5.2002 16:52 (0)