BdW: Treibstoffmangel erhöht Risiko beim Absturz der "Mir"

Geschrieben von Fred Feuerstein am 19. März 2001 22:13:25:

Da bin ich mal gespannt ob das "Haus im Himmel" nicht doch auf die Erde kracht, statt ins Wasser plumpst:

Treibstoffmangel erhöht Risiko beim Absturz der "Mir"

Von Anatol Johansen

Moskau - Die russische Raumstation "Mir" ist auf ihrem Weg zum kontrollierten Absturz an einem Tag um drei Kilometer abgesunken. Sie kreiste am Montag in 227,9 Kilometer Höhe um die Erde, teilte das russische Flugleitzentrum bei Moskau mit. Es war der größte bislang verzeichnete Höhenverlust an einem Tag.
Noch nie zuvor in der Geschichte der Weltraumforschung ist der Absturz eines Raumfahrzeuges derart intensiv verfolgt worden wie jetzt das bevorstehende Ende der "Mir". Nicht nur die Russen, auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa, die Europäische Raumfahrtagentur Esa, die Japaner und Chinesen verfolgen mit zahlreichen Teleskopen und Radarstationen die Annäherung des 140 Tonnen schweren und etwa 33 mal 30 Meter großen Weltraumbrockens.

Die Russen sind zwar sicher, dass es ihnen gelingen wird, all jene Trümmer, die beim Eintritt der Station in die Erdatmosphäre nicht verglühen, im geplanten Zielgebiet zwischen Neuseeland und Südamerika im Pazifik zu versenken - doch absolut sicher sind sich auch sie nicht. So ist das Absturzszenario denn auch laufend geändert worden. Ursprünglich hatte man daran gedacht, mehrere unbemannte Progressfahrzeuge an die Station anzudocken und sie dann mit deren Hilfe ganz sicher auf den geplanten Rückkurs zu bringen. Die russische Raumfahrtbehörde Rosawiakosmos, die unter einem drückenden Defizit leidet, kann sich jedoch eine derartige, sehr sichere Methode aus Kostengründen nicht leisten. So muss jetzt ein einziges Progressfahrzeug, das an die "Mir" angekoppelt ist, den Absturz einleiten.

Ebenso war geplant, mit dem Abbremsen der Station bereits anzufangen, wenn sie auf 250 Kilometer Höhe abgesackt sei. Davon rückte man dann ab und will jetzt das Abbremsen erst bei 220 Kilometern beginnen - offensichtlich um Treibstoff zu sparen. Dabei ist die "Mir" in größerer Höhe leichter zu steuern als in den etwas dichteren Schichten der Erdatmosphäre. Schließlich war auch vorgesehen, für den Absturz vier Gegenschubmanöver über drei Tage hinzuziehen. Am 6. März aber kam man überein, das Manöver innerhalb von 24 Stunden mit nur drei Bremsschüben zu erledigen. Auch das dürfte eine Frage der verfügbaren Treibstoffreserve sein.

Am Montagnachmittag wollten russische Raumfahrtspezialisten erneut einen wahrscheinlichen Absturztermin berechnen und dieses Szenario heute der Raumfahrtbehörde Rosawiakosmos vorlegen. Derzeit sieht es so aus, als würde die "Mir" die kritische Höhe von 220 Kilometern am Donnerstagabend erreichen. Dann ist die Station so ausgerichtet, dass das Haupttriebwerk des Progressfahrzeugs genau nach vorn, in die Flugrichtung der "Mir", weist. Die Bahn wird noch 14 Erdumkreisungen lang - eine Umrundung dauert 92 Minuten - genau beobachtet.

Stimmen alle Parameter überein, wird sodann der erste kleine Bremsschub mit dem Triebwerk der Progresskapsel gegeben. Auf der 16. Erdumkreisung soll der zweite Bremsimpuls erfolgen. Danach wartet man, bis die "Mir" auf 210 Kilometer Höhe heruntersackt. Befindet sich die "Mir" dann auf dem richtigen Annäherungskurs, erfolgt die eigentliche Hauptbremsung. 20 Minuten lang feuert das Progresstriebwerk gegen die Flugrichtung. Die abstürzende "Mir" kann dann nicht mehr durch die Flugkontrolle beeinflusst werden.


Antworten: