Ist das "Vater Unser" authentisch?

Geschrieben von KLL am 13. März 2001 19:56:08:

Als Antwort auf: Re: Widerspricht der Aufruf zum Rosenkranzgebet der Botschaft Jesu? geschrieben von Elias am 13. März 2001 13:39:51:

Hallo Elias,

allerdings liegt der Sinn des Rosenkranzes (der meiner persönlichen Erfahrung nach konzentriert und innig gebetet werden kann) eher stillen Gebet. Massenveranstaltungen in Sporthallen sehe ich da auch eher kritisch.

Eine "Heiligung" des Namens wie bei den Juden damals, daß schon das Aussprechen eine Sünde war, kann ich mir bei diesem persönlichen Gottesbild nicht mehr vorstellen.

Ich mir auch nicht, ist m. E. auch gar nicht gemeint. Wie hätte Jesus JHWH sonst als "Abba" (eher "Papa" als "Vater") bezeichnen können. Es geht hier nur darum, dass Gott als dem Schöpfer Verehrung zusteht ("nicht mein, sondern dein Wille geschehe").

Dein Reich komme.

Hier sehe ich eine gewaltige Diskrepanz zwischen der Naherwartung und der Aussage, daß das Reich Gottes schon da sei und es nicht von dieser Welt sei. Hier spürt man aber schon wieder die Naherwarungs-Theologie.

Das Reich Gottes ist schon in der Welt, aber noch keineswegs überall. Wir bitten um Beistand, dass auch unsere Lebenswelt Teil des Reichs wird.
Dieses Reich ist aber nicht an Landbesitz gebunden, kein Reich im damaligen Sinn ("mein Reich ist nicht von dieser Welt").

6,11 Unser tägliches Brot gib uns heute.

Das wiederspricht doch "Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet"

Jesus erkennt das Grundbedürfnis des Menschen, um Dinge zu bitten, die er selbst nur bedingt beeinflussen kann. Obwohl Gott schon weiß, was für uns gut ist, rät er ja "Bittet, dann wird euch gegeben...". Die Bitte um das, was wir zum Leben benötigen, ist zutiefst menschlich und das Vater Unser ist für den Menschen "entworfen".

Und führe uns nicht in Versuchung

Damit wird der Sinn der Versuchung geleugnet, durch die wir reifen. Das ist doch genau das, was der daheimgebliebene Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn auch nicht verstanden hat, warum ein Fest gegeben wird für den, der in Versuchung geführt wurde.

Diese Stelle ist wirklich problematisch. Ich sehe es nicht so, dass der Vater den (später verlorenen) Sohn in Versuchung geführt hat. Der Sohn hat sich sein Schicksal selbst zuzuschreiben. Ich glaube auch nicht, dass Gott Menschen in Versuchung führt. Diese im AT (Abrahams Opfer) geschilderte Eigenschaft Gottes passt m. E. nicht zum Gott, den Jesus uns schildert. Die Frage ist interessant. Wenn ich einmal Zeit habe, werde ich darauf zurückkommen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Diese Stelle kommt im Ursprungstext nicht vor und wird auch in vielen Bibeln als spätere Ergänzung gekennzeichnet.

Absolut korrekt. Es handelt sich um eine Ergänzung für den liturgischen Gebrauch, die nach 1 Chr 29,10f gestaltet ist.

Sieht man das "Vater Unser" im Kontext des NT, der darin enthaltenen Gleichnisse und dessen, was in der Bergpredigt über das Beten gesagt wird, ist es sehr stimmig, es als authentisch anzusehen.

MfG,

KLL



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