Re: oder diesen herrlichen Weißkopfadler
Geschrieben von Hubert am 23. Oktober 2005 14:07:39:
Als Antwort auf: Re: oder diesen herrlichen Weißkopfadler geschrieben von Zitrone am 23. Oktober 2005 12:55:21:
Hallo Zitrone,
ich stimme dir grundsätzlich zu, wobei ich aber glaube, dass Syrien doch im Januar schon "fest" angefasst werden wird.
Keine Ahnung – das wäre ein bißchen arg schnell – aber möglich wäre es schon. Alles hängt jetzt von der Kooperationswilligkeit Assads ab. Zeigt er sich jetzt kooperationsbereit, dann wird er von dem Attentat auf Hariri offiziell nichts gewußt haben. Sträubt er sich, wird er das Hariri-Attentat selbst angeordnet haben und damit in der gesamten arabischen Welt zur Unperson. Also – er hat die Wahl.
Weiterhin habe ich auch von einer Strategie gesprochen (viele glauben ja auch hier den Vsa gleitet alles aus den Fingern im nahen Osten - ich sehe es nicht so) die ein Staat Kurdistan als Fernziel zur Folge haben soll--dabei ist es durchaus O. K. wenn der Irak durch Bürgerkrieg zerfällt.
Den Staat Kurdistan wird es möglicherweise schon in ein paar Jahren geben, das sehe ich genau so wie du. Aber wie wir beide wissen, werden diese (in erster Linie israelischen) Ambitionen aus Sicht der Türkei, Syriens und des Irans wie eine Kriegserklärung empfunden werden. Deswegen wird man sich um diese drei Länder bereits im Vorfeld ganz grundsätzlich kümmern müssen.
Syrien und Iran sind ja bereits Schurkenstaaten. Die Türkei kann aber so lange nicht zum Schurkenstaat erklärt werden, wie sie sich in der NATO befindet. Die eigentliche Frage lautet deshalb: Brauchen wir die Türkei noch in der NATO?
Zur Zeit des Kalten Krieges, als ein westliches Verteidigungsbündnis noch Sinn machte, war die NATO-Mitgliedschaft der Türkei als das Tor zum Nahen Osten noch unabdingbar. Dafür waren die USA und Europa bereit, jeden Preis zu zahlen – Deutschland unter anderem dadurch, daß es jene zehn Millionen Türken aufnahm, die die Türkei selbst nicht gebrauchen konnten (zu hohes Bevölkerungswachstum, zu wenig Arbeitsplätze).
Heute, wo die NATO alter Couleur nicht mehr benötigt wird, wo die Türkei nicht nur den Islam im eigenen Land nicht überwunden hat, sondern durch Emigration auch noch in zivilisierte Länder exportiert, wird die Türkei mehr und mehr zu einem untragbaren Sicherheitsrisiko. Das heißt, die USA und Europa wissen im Grunde, daß sie jetzt alles daran setzen müssen, die Türkei wieder loszuwerden. Für viele klingt dieser Gedanke wahrscheinlich ungewöhnlich, aber es wird wohl darauf hinauslaufen.
Für die Türkei selber wäre der NATO-Austritt übrigens das Ende. Denn als NATO-Land bekommt sie ja erhebliche finanzielle Unterstützung. Wenn der breiten türkischen Öffentlichkeit bekannt wäre, daß nur durch die Gelder der „Ungläubigen“ das Land vor dem Ruin gerettet wird, gäbe es vielleicht ein Umdenken in der Bevölkerung. Die islamischen Brüder halten sich aber auffallend zurück, wenn es um Hilfe geht. Die USA brauchen die Türkei schon lange nicht mehr, aber bis zu deren Ausscheiden aus der NATO wollen sie die Finanzierung der Türkei der EU überlassen. Das ist wieder typisch USA: Zum Nachbarn Mexiko hat man einen Grenzzaun gezogen, aber Europa soll die unregierbare Türkei stemmen. Die Türkei braucht Europa, Europa braucht aber nicht die Türkei. Solange die türkische Regierung keine ernsthaften Anstrengungen unternimmt, den mittelalterlichen Islam im Lande zu bekämpfen und statt dessen die Bevölkerung zur Taufe aufruft, kann sich die Lage in der Türkei unmöglich verbessern, und eine EU-Mitgliedschaft wird Utopie bleiben.
Aber wie gesagt – in diesem großen strategischen Spiel spielen so viele Unbekannte mit, daß sich die Zukunft mit letzter Sicherheit nicht prognostizieren läßt. Vieles spricht für einen unabhängigen Kurdenstaat, aber die USA werden ihre Zustimmung hierzu erst dann geben, wenn es ihnen in das Gesamtkonzept paßt.
Herzliche Grüße,
Hubert
- Re: oder diesen herrlichen Weißkopfadler Zitrone 23.10.2005 19:02 (0)