Schuhmacher und Poet dazu ?
Geschrieben von franke43 am 17. August 2005 14:28:46:
Als Antwort auf: Re: Jacob Böhme geschrieben von Johannes am 17. August 2005 13:28:47:
Hallo
>> Ich habe in dem Buch "Nahe an zweitausend Jahre" von M. Kahir von einem
>> Jacob Böhme gelesen. Leider konnte ich keine entsprechenden Texte im Inter-
>> net finden, um diese als Diskussions- und Beurteilungsgrundlage reinzustel-
>> len. Überhaupt findet sich nur sehr wenig von oder über Böhme im Netz.
>Hallo T.U.,
>es gibt schon einiges im Netz über ihn, aber von habe ich auf >Anhieb nichts finden können. Hier eine Beschreibung seiner Auffassungen:
>Jacob Böhme (1575 - 1624) war ein Schuster, also ein einfacher Mann >aus dem Volke. Er schreibt, was intuitiv in ihm aufsteigt. Er hat ein >religiöses, metaphysisches Bedürfnis. Er steht in der Tradition der Mystik.
Hier stellt sich eine Frage, die wir aufgrund der Quellenlage
im Augenblick nicht beantworten können. Konnte ein Schuster
wie Böhme überhaupt schreiben und also seine Gedanken selbst
veröffentlichen ? Und konnte er sich so gewandt ausdrücken,
dass seine Texte eine chance hatten gedruckt und der Nachwelt
erhalten zu werden ?Ein Parallellbeispiel fast aus der gleichen Zeit wäre der
Schuhmacher und Poet Hans Sachs aus Nürnberg. Der war nicht
nur ein tüchtiger Meister seines Handwerks, sondern auch noch
Poet und religiöser Schriftsteller. Er konnte nicht nur lesen
und schreiben, sondern verfasste üer 1000 Meisterlieder,
über 100 Schwänke (kurze Lustspiele) sowie das Propagandalied
"Die wittenbergisch Nachtigall", in der Luther als der neue
Prophet gepriesen wurde. Sachs hatte auch eine kleine Privat-
bibliothek, auf die er sehr stolz war.Und als Nürnberger lebte Sachs in einer Stadt des Buchdrucks
und der humanistischen Bildung. Er konnte also - obwohl er
"nur" Handwerksmeister war - seine Texte sogar im Druck
herausbringen.Es wäre interessant herauszufinden, ob auch Böhme solch ein
gebildeter Handwerksmeister wie Sachs war, und ob seine
Texte vielleicht wirklich gedruckt wurden.>Alles sei Gott, alles sei in Gott. "Wenn du die Tiefe und die Sterne und die >Erde ansiehest, so siehst du deinen Gott, und in demselben lebest und bist du >auch, und derselbe Gott regiert dich auch, und aus demselben Gott hast du auch >deine Sinne und bist eine Kreatur aus ihm und in ihm, sonst wärest du >nichts. ... Also können wir mitnichten sagen, daß Gottes Wesen etwas Fernes >sei, das eine sonderliche Stelle oder Ort besitze oder habe; denn der Abgrund >der Natur und Kreatur ist Gott selber." (Alle Zitate aus Störig, S. 309f.) [In >indischer Terminologie: Die Welt ist Brahman. Und Brahman und Atman sind >letztlich identisch.]
Das deckt sich auch mit meinem Glaubensbild, das ich aber
jetzt hier nicht erläutern werde.>Dialektik: Woher stammt das Böse, wenn alles Gott ist? Es müsse etwas >Böses geben, da es sonst nichts Gutes gäbe. Es gebe einen sich durch alles >Sein und durch alles Denken hindurchziehenden Widerspruch, ohne den es nichts >gäbe. Dieser Widerspruch sei die innerste Triebkraft der Welt. Das Böse sei >schon im göttlichen Grunde der Welt angelegt. [Kein Wunder, das Hegel Böhme >sehr verehrte. Obwohl er gerade bei der Beurteilung des Bösen inkonsequenter >Weise Böhme nicht folgt.]
Hier hätten wir einen indirekten Hinweis. Hegel muss also
die Aussagen Böhmes in irgendeiner Form (Buch?) zugänglich
gehabt haben.>Christ oder Nichtchrist: Seine Auffassungen gab Böhme in christlicher Einkleidung wieder. Es ist bis heute umstritten, ob er eine nichtchristliche Auffassung nur christlich einkleidete, oder ob es sich um eine mögliche Art der Interpretation des Christentums handelt. [Für mich besteht da überhaupt kein Zweifel, daß es sich hier nicht um Christentum handelt. Das ist Pantheismus. Und das erinnert an den Gnostizismus.]
>(entnommen aus http://www.philolex.de/boehme.htm - diese Seite enthält viele weiterführende Links im Text, die ich nicht mitkopiert habe, also schaut dort bitte mal rein)
>> Böhme wird aber ab zu zu in einem Atemzug mit Swedenborg und Lorber genannt,
>> die auch hier sicherlich bekannter sein dürften.
>Die sind bekannt, Böhme kaum. Er muß aber auch einiges zu Prophezeiungen >geschrieben haben, z.B. gibt es die Schrift
>> Die letzte Posaune an alle Völker oder Prophezeyungen des gottseligen und
>> hocherleuchteten Theosophi Jakob Böhmens von dem nahefeyenden Untergang des
>> Antichrists und Babels ...
>> Kuhlmann, Quirinus. Neubegeisterter Böhme, begreiffend hundert funffzig
>> Weissagungen, mit der fünfften Monarchie oder dem Jesus-Reiche des hollän-
>> dischen Propheten, Joan Rotheus, übereinstimmend und mehr als 1,000,000,000
>> Theosophische Fragen, allen Theologen und Gelehrten zur Beantwortung vorge-
>> legt; ...
>> Benz, Ernst. Der Prophet Jakob Boehme: Eine Studie über den Typus nachrefor-
>> matorischen Prophetentums.
>Gefunden habe ich diese Titel hier: http://pegasus.cc.ucf.edu/~janzb/boehme/boehmebib.htm
>Nach der Schriftenliste auf dieser Seite scheint sich Böhme hauptsächlich mit >Philosophie und Lehren beschäftigt zu haben, aber ich hoffe, daß wir im Forum >noch etwas aus seinen Prophezeiungen finden, um da mal einen Blick drauf >werfen zu können.
>Gruß
>JohannesWäre zu eruieren, ob und wo diese Schriften erhältlich
wären.Die Schriften von Swedenborg haben wir hier in unserer
Stadtbücherei. Ich hab mal drin rumgelesen, aber darin
hauptsächlich Engelsvisionen gefunden. Auf direkte
Prophezeiungen, die auf unsere Zeit passen könnten, bin
ich nicht gestossen.Gruss
Franke