China, Rußland und Indien schmieden an Bündnis gegen US-Präsenz in Asien
Geschrieben von Silvermoon am 15. Februar 2002 18:03:30:
15.02.2002
Ausland
Ranjit Devraj, Neu Delhi (IPS)
Strategisches Dreieck
China, Rußland und Indien schmieden an Bündnis gegen US-Präsenz in Asien
Angesichts der sich ausbreitenden Militärpräsenz der USA in Zentralasien möchte Rußland im Gegenzug in der Region mit Indien und China als Partner ein Machtdreieck schmieden. Einen solchen Vorschlag hatte Rußlands damaliger Premierminister Primakow im Dezember 1998 erstmals ins Gespräch gebracht. Damals konnte er weder Indien noch China für seinen Plan sonderlich begeistern. Doch nach dem erfolgreichen Indien-Besuch des chinesischen Premierministers Zhu Rongji im Januar diesen Jahres, dem ein Besuch des russischen Außenministers Igor Iwanow folgte, könnte die Bildung einer »informellen Allianz«, so ein indischer Regierungsvertreter, neues Interesse gefunden haben.Nach Ansicht politischer Analysten zwingt die sich im Gefolge des Afghanistan-Krieges ausbreitende Machtbasis der USA in Zentralasien Rußland, Indien und China dazu, Primakows Vorschlag zu überdenken. Dabei gehe es nicht nur darum, ein Gegengewicht gegen die USA aufzubauen, sondern auch um den Schutz der eigenen Interessen in der strategisch wichtigen Region mit ihren reichen Erdölvorkommen.
Der wachsende militärische und diplomatische Einfluß der USA in Zentral- und Südasien liege nicht im Interesse Chinas, betont Jean-Pierre Cabestan, der Leiter des französischen China-Forschungszentrums in Hongkong. In einem Vortrag, den er vor kurzem in Neu Delhi hielt, betonte Cabestan: »Der von den USA angeführte Krieg gegen Afghanistan schadet Pekings fundamentalen, langfristigen Zielen. Seine asiatischen Rivalen – vor allem Japan und Indien – haben in der Region ihren Einfluß in Sicherheitsfragen vergrößert und Chinas Ansehen als Großmacht geschwächt.« Indien werde von China wegen dessen Atomwaffenpolitik, dessen freier Marktwirtschaft sowie als rivalisierende Macht, deren Annäherung an die USA unbequem werden könnte, jetzt ernst genommen, meinte Cabestan. Diese Entwicklung zeige sich auch daran, dass man in Neu Delhi das Raketenabwehrprogramm der USA nachdrücklich unterstützt.
Als bedeutender Waffenlieferant kann Rußland seinen Einfluß sowohl in Indien wie in China ausüben. Erst in der vergangenen Woche hatte Indien mit Moskau u. a. einen Milliarden-Dollar-Vertrag über die Lieferung von einem Flugzeugträger, von Atom-U-Booten und strategischen Langstreckenbombern abgeschlossen. Außenminister Iwanow nutzte diese Gelegenheit und setzte sich mit großem Nachdruck für eine Dreier-Achse ein, die im klaren Widerspruch zu den sich rasch verbessernden Beziehungen Indiens zu den USA, auch im militärischen Bereich, steht. US-Präsident George Bush hatte in seiner letzten Regierungserklärung betont, die USA arbeiteten »mit Rußland, China und Indien so gut wie nie zuvor zusammen, um Frieden und Wohlstand zu erreichen« und hinzugefügt: »Jetzt läßt die gemeinsame Gefahr alte Rivalitäten verschwinden.«
Ein Dreierbündnis, wie es Primakow anstrebte, dürfte nach Ansicht von Rajiv Nayan vom renommierten Institut für Verteidigungsstudien und Analysen (IDSA) nicht daran interessiert sein, die USA als natürlichen Verbündeten einzuschließen. Es wolle vielmehr ein Machtzentrum aufbauen, das mit den USA konkurriert. Zu Zeiten des Kalten Krieges war Indien wirtschaftlich und militärisch ein Verbündeter der Sowjetunion. Heute regiert in Neu Delhi eine rechtsgerichtete Koalition, die sich mit aller Macht darum bemüht, Indiens Beziehungen zu den USA auf allen Ebenen auszubauen.
Um China in Schranken zu halten, suche Indien eher Unterstützung bei den USA als bei Rußland, meint Nayan. Aus diesem Grund habe es den US-Raketenschirm so enthusiastisch gelobt und nach dem 11. September als eines der ersten Länder den USA die Unterstützung ihrer Anti-Terrorismus-Kampagne angeboten. Kurz nach den indischen Atomwaffentests im Jahre 1998 hatte Indiens Außenminister George Fernandez erklärt, China sei die größte Gefahr für sein Land. Und auch in einem Schreiben an den damaligen US-Präsidenten William Clinton bekräftigte die indische Regierung, China, nicht Pakistan, sei der entscheidende Faktor im indischen Atomwaffenprogramm. Die Beziehungen zwischen Indien und China haben sich nach Abschluß eines bilateralen Vertrages, in dem sie sich für Ruhe und Sicherheit an den Grenzen verpflichteten, zwar zunehmend verbessert. Doch Neu Delhi ist beunruhigt über Pekings fortgesetzte Lieferung von Raketen und Atomwaffentechnologie an Pakistan.
Kanti Bajpai, Professor für Internationale Beziehungen an der Jawaharlal-Nehru-Universität, sieht in der von Rußland vorgeschlagenen Dreier-Allianz eine Reihe von nützlichen Aspekten: Sie könnte ein asiatisches Sicherheitssystem aufbauen, gegen religiösen Extremismus angehen, die zentralasiatischen Energieressourcen nutzen und besser mit Washingtons Raketenplan umgehen. »Alle drei befürchten, die USA würden schließlich den Weltraum mit Waffenbasen und Aufklärungseinrichtungen beherrschen, die ihnen die Möglichkeit verschaffen, in bisher nicht gekanntem Ausmaß Gewalt anzuwenden.«
Derzeit sei das Mißtrauen zwischen Indien, China und Rußland noch zu groß, als daß sie sich zu einer strategischen Partnerschaft zusammenschließen könnten. Doch sie sollten möglichst bald miteinander über eine Raketenabwehr und deren Implikationen sprechen, empfiehlt Bajpai. Schon jetzt gebe es Bereiche, in denen Protokolle, Gespräche und Verträge über eine Verbesserung der eigenen Sicherheit und über einen Beitrag zur Sicherheit der asiatischen Region möglich seien.
QUELLE:
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- Re: China, Rußland und Indien schmieden an Bündnis gegen US-Präsenz in Asien Apollo 15.2.2002 18:21 (2)
- Da steige einer mal durch! Badland Warrior 15.2.2002 18:45 (1)
- Gute Analyse! (o.T.) IT Oma 15.2.2002 21:13 (0)