Re: Versatzstücke, typische "Wandermotive"
Geschrieben von H.Joerg H. am 05. Juli 2005 23:41:32:
Als Antwort auf: Versatzstücke, typische "Wandermotive" geschrieben von franke43 am 05. Juli 2005 16:20:37:
Hallo Franke
Solch Versatzstücke überlieferter Art der Legendenbildung zu Nutze zum Ausdruck gebracht, sollen mit abklären helfen. Doch alles Geschehene wiederholt sich auf erneute Art und Weise, auch in Anbetracht der selben Fehler an Hochnäsigkeit verleumderischer, und an kropflastiger Mistelnbildung - wenn auch pazifistisch gemeint. Einstiges Treibgut war fester Bodenwurz. Motivation bringt nur der Schlag des Herzens mit, des Herzens im Schlag der Zeit.
Hier ein weiteres Beispiel (und bitte, ich bin ja nicht daran schuldig fest zu machen):
In uralter Zeit kam ein blinder Bursch in den Böhmerwald, der wußte, was sich noch alles auf der Welt begeben wird, und sagte es voraus. Er verkündete:"Der Wald wird einmal zugesperrt werden, und eiserne Straßen werden durch die Wildnis gehen. Um dieselbe Zeit bricht der Weltkrieg aus, da werden in Kuschwarda aus den Fenstern Brennesseln wachsen, und die Kirche wird ein Roßstall sein. Und das Blut wird so hoch steigen, wie die schwarzen Forellen gehen.
Ein lustigerer Wahrsager herentgegen sagte:"Ein Bauer wird sich auf den großen Felsen bei Oberlichtbuchet flüchten und sich einen Laib Brot mitnehmen, und der Weltkrieg wird so lange andauern, bis selbiger Bauer den Laib vertilgt hat."
Immer doch erkennt man die Parabel. Und soll diese trotz und gerade wegen deiner historischen Präferenz in Sachen Zeitgeschichte zum Aderlasse führen, um blutarm die geradewegs selbst holprige Zeit in der wir uns bewegen ad acta gelegt zu sehen?
Zu oft verdirbt man sich den Blick nur um des Blickes anderen Willen. Was einst die Wahrheit sind heut Weisheitspillen. Und schrillt nicht angepasster Ohrenklang erneut dem Wirken stetiger Verwandlung, dann bleibt bestehen Drangsal der Erklärungsflut. Von Nöten ist ein andres Gut, von dem jedoch geb ich nur selten noch was her!
Und mach gestalterisch den Narren meiner Zeit...den Hof.
Gruß
Jörg
>Hallo
>Das ist wieder mal so ein Beispiel von "Treibgut".
>Bestimmte Prophezeiungselemente haben sich offenbar
>früher weit verbreitet und tauchen in immer neuen
>Kombinationen der immer gleichen Grundmotive an
>verschiedenen Orten in "alten Quellen" auf.
>Aber gut, nehmen wir den Schäfer mal Ernst:
>>Tag zusammen
>>Eine uralte Sage, "Die letzte Schlacht" betreffend stammt aus Mecklenburg->Vorpommern
>Wie alt ? Älteste Quelle der Textüberlieferung ?
>Die Heimseite muss ich erst einsehen.
>>und handelt von einem Schäfer Thomas, der folgendes vor langer Zeit,
>Wie lange ist "lange Zeit" ?
>>als Deutschland noch ein kleines Fürstentum war,
>"Deutschland" war nie ein kleines Fürstentum. Aber
>es bestand lange Zeit aus vielen kleinen Fürsten-
>tümern, Grafschaften, Reichsstädten etc. pp.
>>prophezeite: Deutschland werde einst groß und mächtig werden. Aber es werde >noch herrlicher kommen, denn die Leute werden so großen Reichtum erlangen, daß >sie die Kühe an goldene Ketten legen.
>Das Motiv mit den goldenen Kuhketten ist so ein
>typisches Versatzstück, das immer wieder auftaucht.
>>Dann beginne jedoch der Verfall, und das ganze deutsche Reich wird am Ende der >Dinge nicht größer sein im Umfang, als ein Bauer mit vier Pferden an einem Tag >umfahren kann.
>Auch das mit ganz klein werden ist so eine stehende
>Wendung. Vgl. Prophezeiung des blinden Jünglings,
>für dei auch keine alte Originalquelle vorliegt.
>>Erfahrene Leute wissen gar zu berichten, wodurch und wie das Unglück >hereinbrechen wird: Der König von Mitternacht würde über den See gefahren >kommen und in einer gewaltigen Schlacht mit den Deutschen streiten.
>Aha, und jetzt werde ich bitterböse:
>Der König aus Mitternacht war der schwedische König
>Gustav II Adolf, der sich in seiner Kriegspropaganda
>in deutschland der "Löwe aus Mitternacht" nannte.
>Die grosse Schlacht war die Schlacht bei Breitenfeld
>1631, in der die Armee der katholischen Liga unter
>Tilly eine vernichtende Niederlage einsteckte. Dass
>Deutschland den Krieg gegen die schwedische Armee
>nicht sofort verlor, hatte nur mit dem Eingreifen
>des kaiserlichen Generalissimus Wallenstein zu
>tun. Tilly hingegen verlor gegen Gustav II Adolf
>noch eine Schlacht (bei Rain am Lech 1632) und dabei
>auch sein Leben.
>Viele Jahre später - nämlich 1648 beim Frieden von
>Münster und Osnabrück - war zwar Deutschland nicht so
>klein wie der Schäfer vorausgesagt hat, aber durch
>den langen Krieg und die damit verbundenen Verluste
>an Bevölkerung und Infrastruktur völlig am Boden.
>1648 war Deutschlands erstes "1945".
>Sollte der Hirte VOR dem 30-jährigen Krieg gelebt
>haben, dann könnte man Teile seiner Aussage als
>Prophezeiung dieses Weltkriegs des 17. Jahrhunderts
>auffassen.
>>Alle Deutschen gehen in diesem Kampf zu Grunde, nur soviele bleiben übrig, als >unter dem Laubdach einer Eiche Platz haben.
>Naja alle Deutschen gingen im 30-jährigen Krieg
>nicht zugrunde, und iom 1. und 2. WK auch nicht.
>Aber die Verluste werden auf über 6 Millionen
>geschätzt:
>Bevölkerung im Heiligen Römischen Reich:
>Etwa 19 Millionen im Jahr 1618
>Etwa 13 Millionen im Jahr 1648
>Das war schon ein drastischer Aderlass.
>Gruss
>Franke