Die drei Magoi sind ein Hinweis auf die esoterische Tradition

Geschrieben von Baran am 22. Juni 2005 20:07:36:

Als Antwort auf: Re: Die drei Magoi - nicht esos... geschrieben von detlef am 22. Juni 2005 00:33:29:

Hallo Detlef!

> tut mir leid, aber hier kann und will ich dir nicht folgen.

Das erwarte ich auch gar nicht. Trotzdem möchte ich die Aussagen kurz kommentieren.

> ich weiss, dass in wissenschaft und magie jede handlung folgen hat,
> und jedes vorkommnis folge einer handlung/eines ereignisses ist,

Dem kann ich zustimmen.

> aber ein ausweichen aus diesen causalzusammenhaengen auf eine
> andere ebene halte ich fuer irrig.

Für dieses „Ausweichen“ habe ich meine Gründe:

Es gibt gewissermaßen ein ersten „Ausweichen“, wenn spirituelle Themen auf die symbolische Ebene verschoben werden. Diese Verdrängung geschieht zumeist für uns unbewusst. Dementsprechend gibt es auch ein zweites „Ausweichen“, um wieder auf die richtige Spur zurück zu kommen. Bei diesem zweiten „Ausweichen“ werden die Themen wieder ganz bewusst von der symbolischen Ebene auf die spirituelle Ebene zurück verschoben.

Jedesmal, wenn in einem Traum ein verdrängter Gedanke über den Umweg der Symbolik geht, erleben wir das erste „Ausweichen“. Der „innere Wächter“ lässt einen Gedanken nicht zu und deshalb wird der Gedanke so verpackt, dass der „innere Wächter“ ihn nicht mehr erkennt. Wenn wir den Traum deuten, dann vollziehen wir das zweite „Ausweichen“. Das gilt in ähnlicher Weise sowohl für psychologische Themen wie auch für spirituelle Themen.

Diese beiden Ausweichprozesse (Verdrängung und Deutung) finden wir nicht nur bei der Traumdeutung, sondern auch in der Schöpfung und in vielen anderen Prozessen:

- Fleischwerdung und Vergeistigung
- Sünde und Buße
- Sündenfall/Tod und Auferstehung
- Verhüllung und Enthüllung
- Analyse und Synthese
- Alchemistisch ausgedrück: solve et coagula
- Konkretisierung und Abstraktion

Die Schöpfung vollzieht sich im permanenten Zyklus dieser beiden Prozesse.

Weil wir das Göttliche nicht direkt erfassen können, geht es einen Umweg und offenbart sich in der Schöpfung, im Materiellen, in der Verhüllung (gr. Hyle = Materie), im Fleisch, in einer Form, die wir analysieren und zerlegen können.

Das ist das erste Ausweichen. Und nun liegt es an uns, dass wir in einem zweiten Schritt das Göttliche in der Schöpfung erkennen, das Geistige im Materiellen, das Verborgene in der Verhüllung, den Inhalt in der Form, das Ganze im Zerteilten, das Abstrakte im Konkreten, usw. Alles das sind Metaphern für das gleiche Grundprinzip.

> interpretationen im "spirituellen sinn" halte ich fuer ein absichtliches
> missverstehen von realen/magischen vorgaengen.

Dieser Aussage kann ich mich nicht anschließen und damit wird man auch der Bibel nicht gerecht. Es gibt ein paar sehr deutliche Kommentare in der Bibel, die uns ganz klar und eindeutig sagen, dass die Bibel in einem allegorischen Sinn zu uns spricht.

Ich greife jetzt mal nur exemplarisch einen dieser Kommentare heraus, auf den ich vor ein paar Tagen schon einmal hingewiesen habe:

Mt 16,23 Er (Jesus) aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh weg von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

Es geht hier um ein ganz typisches Missverständnis. Die biblischen Aussagen werden von vielen Menschen nicht spirituell/göttlich interpretiert, sondern irdisch/menschlich. Petrus hatte in dieser Situation Jesus vollkommen falsch verstanden. Petrus hatte Tod und Auferstehung irdisch/menschlich fehlinterpretiert, wie es übrigens die Mehrzahl der Christen noch immer tut.

Satan ist der Herr der Materie. Wenn hier Petrus als „Satan“ angesprochen wird, so bezieht sich das auf seine materielle Sichtweise.

Eine Interpretation im „spirituellen Sinn“ ist also kein „absichtliches Missverstehen“, sondern es ist ein ganz grundlegendes „Missverstehen“, wenn man die biblische Symbolik zu menschlich interpretiert, so wie Petrus es in dieser Geschichte gemacht hat.

Was ich hier schreibe, das gilt übrigens in gleicher Weise auch für das Thema Visionen und Prophezeiungen.

Nebenbei bemerkt: Manche biblischen Aussagen können gar nicht irdisch gemeint sein, weil sie in einem irdischen Sinne gar nicht möglich sind. Vieles was in der Bibel steht, hat in einem irdischen/wörtlichen Sinne nie stattgefunden. Man kann z.B. nicht im Jahre 6 nach Chr. zu einer Volkszählung gehen und dann vor einem Herodes flüchten, der 4 vor Chr. gestorben ist. Wenn wir diese Geschichte nicht allegorisch/spirituell interpretieren, dann hat sie gar keinen Wert, denn einen historischen Wert hat sie nicht. Der einzige Wert dieser Geschichte liegt in ihrer allegorischen Bedeutung.

> ich bin auch nicht mehr gewillt, mich mit diesen fluchtwegen
> aus der realitaet zu beschaeftigen.

Es geht mir nicht um Flucht aus der Realität.

Man kann das Abstrakte nur dann im Konkreten erkennen, wenn man sich mit dem Konkreten beschäftigt. Man kann das Göttliche nur dann in der Schöpfung erkennen, wenn man sich mit der Schöpfung beschäftigt. Usw.

> ich komme aus einer hellseherisch belasteten familie. keiner von uns
> war/ist der meinung, dass da irgendwelche "spirituellen ebenen" fuer
> die traeume und gesichte verantwortlich sind.

Diese Aussage halte ich für sehr gewagt.

Stört Dich etwas am Begriff „spirituelle Ebene“? Wäre Dir ein anderer Begriff lieber?

- Gegenwart Gottes
- Kosmisches Bewusstsein
- Höhere Wirklichkeit

Die reine Kausalität auf der materiellen Ebene hat als Erklärungsmodell gewisse Grenzen. Durch minimale Änderungen/Abweichungen im Ablauf kann das Endergebnis ganz anders aussehen und damit ist es nur im absoluten Nahbereich abzuschätzen. Langfristige Zukunftsvisionen wären damit vollkommen unmöglich. Das klappt nur dann, wenn es eine planende Instanz gibt, die auf ein Ziel hinarbeitet. Indem das Ziel dieser Instanz bekannt ist, ist es auch vorhersagbar. Vorhersagbarkeit klappt in einem chaotischen System nur dann, wenn es neben der Kausalität auch eine Zielorientierung (Finalität) gibt.

> imho sind prophezeiungen, genau so wie gebete jeder art, magischer natur.

Einerseits wehrst Du Dich gegen den Begriff „spirituelle Ebene“, aber nun verwendest Du hier den Begriff „magische Natur“. Die direkte, physische Wirkung, die von einem Gebet ausgeht, ist ausgesprochen gering. Es wirkt also ganz sicher nicht über die physische Ebene. Wenn es also wirkt, dann wirkt es ganz offensichtlich indirekt über eine andere Ebene – egal ob wir diese andere Ebene nun magisch oder spirituell nennen.

MfG

Baran



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