Köln und der Kaiser

Geschrieben von Abulafia am 29. April 2005 04:51:31:

Vorab: Da vielleicht manche nicht wissen, wie man die Prophezeiungen über die Kaiserkrönung in Köln deuten kann, möchte ich hier einiges kurz erklären, das für den ein oder anderen vielleicht interessant sein könnte. Auch und gerade von der Interpretation her, die Menschen in früheren Zeiten vielleicht zu den Visionen, die sie hatten, beeinflusst haben könnte.

Köln war über Jahrhunderte die größte Stadt im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen. Seit dem 12. Jahrhundert hatte Köln neben Jerusalem, Byzanz und Rom die Bezeichnung "Sancta" im Stadtnamen: "Sancta Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia" - Heiliges Köln von Gottes Gnaden, der römischen Kirche getreue Tochter. Zeitweise war Köln im europäischen Mächtespiel wichtiger, als Rom.

Die Stadt war so groß, dass es nie ein Heer geschafft hat, sie einzunehmen - es hätte einfach kein so großes Heer gegeben, sie zu belagern. Insgesamt besaß die Stadt 12 Tore. Einige davon waren bloße Zierde und hatten keine Funktion. Es ging lediglich darum, ein irdisches Abbild des himmlischen Jerusalems zu schaffen. Von diesen ehemals 12 Toren stehen heute noch vier und wenige Reste der Stadtmauern.

Der Kölner Erzischof gehörte als Kurfürst zu den wichtigsten Machthabern des Reiches und vielleicht sogar Europas, nur hatte er innerhalb der Stadt Köln nichts zu sagen. Die Stadt wurde seit dem 12. Jahrhundert von den Gaffeln (Handwerkerbünde) regiert und die Kölner haben noch heute ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Bischof. Köln unterstand als freie Reichsstadt nur dem Kaiser.

Das "hillije Köln" fiel (angeblich kampflos) 1794 an die Truppen Napoleons, die dort bis 1798 blieben, bevor die Preußen kamen. Die taten schließlich alles daran, Köln zu demontieren und die einstige, religiöse und kulturelle Hochburg Köln möglichst klein zu halten. Als Symbol der nationalen Einheit wurde der Bau des Doms wieder aufgenommen, an dem man seit dem 16. Jahrhundert nicht weitergebaut hatte.

Wenn nun geschrieben steht, die Russen würden bis zum Rhein kommen und der Kaiser danach in Köln gekrönt werden, dann muß das für die Menschen damals eine vollkommen andere Bedeutung gehabt haben, als für uns heute. Der Kaiser des 1000-jährigen Friedensreiches, gekrönt im irdischen Abbild des himmlischen Jerusalems - wow! Das hat Stil. Aber heute ist Köln selbst im Fußball nur noch zweitklassig. Der Rhein als Grenze ist auch verständlich, denn während hier Frankreich und drüben Deutschland war, sowie hier Rom und drüben Germanien war, so wäre nach den Prophezeiungen auch hier 1000-jähriges Reich und drüben Russland gewesen. Und mit den Leuten von der rechten Rheinseite konnten die Kölner noch nie etwas anfangen.

Es bleibt also die Frage, ob die Prophezeiungen zur Kaiserkrönung und zum Einmarsch der Russen nicht doch Phantasien aus einer Zeit sind, die heute ihren Stellenwert verloren haben. Köln ist einfach nicht mehr das, was es über Jahrhunderte hinweg einmal war. Eigentlich schade.




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