Re: Wie eingebildet muss man sein...

Geschrieben von Baran am 24. April 2005 23:41:57:

Als Antwort auf: Re: Wie eingebildet muss man sein... geschrieben von Dunkelelbin am 24. April 2005 22:13:41:

Hallo Dunkelelbin

> Generell ist mir schleierhaft weshalb man *die*
> christliche Lehre immer wieder versucht umzudeuten.

Das Problem ist, das die heute übliche "christliche Lehre" bereits eine Umdeutung ist, die mit den ursprünglichen Ideen und Zielen nicht allzu viel gemeinsam hat. Wenn man zur ursprünglichen Lehre zurück kehrt, dann wird das natürlich von den Anhängern der heute üblichen "christlichen Lehre" wiederum als Umdeutung empfunden.

> Eine Lehre kann doch nicht falsch werden,
> nur weil sie schon vor 2000 Jahren richtig war.

Eine Lehre, die vor 2000 Jahren richtig war, konnte falsch werden, weil sie missbraucht und für machtpolitische Gründe zurechtgestutzt wurde.

> Ich glaube viele Christen haben ein Problem; sie versuchen die
> gegenwärtigen Ethik und Moralvorstellungen mit ihrem Glauben in
> Einklang zu bringen. Und da es unbequemer ist seinen Lebenstil
> nach der Religion auszurichten, wird eben die Religion so verbogen,
> dass sie in die Gegenwart passt.

Ich habe das Gefühl, dass Du mir eine solche Intention unterstellst.

Nein, ich musste das kirchlich-christliche Korsett nicht dehnen, damit ich mich darin bewegen kann. Es war bei mir anders. Das kirchliche Denken hatte ich bereits vor Jahren komplett ablegt und habe mich mit ganz anderen Religionen und Glaubenslehren beschäftigt. Dadurch habe ich aber auch einen neuen Zugang zum Christentum gefunden. Es ist ein esoterisch-gnostischer Zugang. Es ist eine Perspektive, aus der das Christentum wieder einen Sinn bekommt und aus der sich manche Widersprüche erklären lassen. Das gilt sogar für den bibl. Schöpfungsmythos.

Ich kenne auch das traditionelle Christentum und sehe, dass man dort manche Widersprüche nicht erklären kann. Meistens reagieren die traditionellen Christen ziemlich säuerlich, wenn man sie auf diese Widersprüche anspricht.

Nimm einfach als Beispiel folgendes Zitat:

Mk 4,10 Und die Jünger traten zu ihm und sprachen: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen? Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen widerfährt es alles in Gleichnissen, damit sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.

Man achte auf das "damit" in diesem Satz. Die Gleichnisse werden zu einem Zweck verwendet, DAMIT es die Leute NICHT verstehen und damit sie sich NICHT bekehren. Aus dem traditionellen Christentum lässt sich so ein Zitat doch überhaupt nicht erklären. Die christliche Lehre wird nach außen hin so dargestellt, dass sie nicht verstanden wird. Bei so einem Jesus-Zitat müssten doch für einen traditionellen Christen alle Alarmglocken angehen.

Diese Aussage ist jedoch das Grundprinzip vieler Einweihungslehren. Nach außen hin wird die Lehre verschleiert, so dass sie nicht verstanden werden kann. (Das hat übrigens durchaus seinen Sinn.) Das Zitat lässt sich also nur erklären, wenn man das Christentum im Kontext der geheimen Einweihungslehren interpretiert.

Wenn es eine Annahme A gibt, die zu einem sinnvollen Erklärungsmodell führt und wenn es eine andere Annahme B gibt, die nicht zu einem sinnvollen Erklärungsmodell führt, dann gehe ich davon aus, dass Annahme A der urspürngliche Idee näher kommt. (Die Art und Weise, wie ich zu Annahme A gekommen bin, verstärkt mich in dieser Annahme.)

Wenn ein traditioneller Christ meint, dass sein Erklärungsmodell der usprünglichen Idee näher kommt, dann soll er mir den Grund nennen, warum die Menschen die christliche Lehre nicht verstehen sollen und warum sie sich nicht bekehren sollen und warum Jesus nicht will, dass ihnen nicht vergeben wird.

Wenn man das mit dem traditionellen christlichen Weltbild nicht kann, dann sollte man das traditionelle Erklärungsmodell in Frage stellen.

> Bewahrer des reinen Glaubens ...

Wie ich schon schrieb: die heute übliche "christliche Lehre" ist bereits eine Umdeutung.

Übrigens: Wir sind hier immer noch im Kern der Prophezeiungsproblematik, denn auch manche prophetischen Motive werden uns ganz gezielt so gegeben, dass wir sie nicht verstehen können.

MfG

Baran


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