Ich glaube nicht an die Intelligenz von George Dabbelju

Geschrieben von Jack Blues am 31. Januar 2005 05:34:16:

Als Antwort auf: Analyse: Der Irak nach den Wahlen geschrieben von Swissman am 30. Januar 2005 23:56:05:

hallo Swissman.

ich stimme deinen Faktenkenntnisse und deine Analyse weitgehend zu.
Nur hast du die Rechnung ohne den Judenstaat und seine Gehilfen gemacht.


> Aus demographischen Gründen (über 60% Schiiten) ist ohnehin klar,
> dass die künftige Regierung überwiegend schiitisch, mit einem relativ
> starken kurdischen Juniorpartner, sein wird.

Das, was da zustande kommt, ist keine Regierung in unserem Sinn sondern
die Clanhäutlinge der Kurden und der Schiiten spielen es nur :-(

> Irgendwann im Verlauf des Februars wird der Irak über eine schiitisch-
> kurdische Regierung verfügen.

Die USA werden auf sunitischer Beteiligung bestehen und alle werden es
nach aussen hin akzeptieren. Die Machtfrage stellt sich aber erst danach!


> Tatsächlich aber erwartet den neuen Premier eine weitaus grössere
> Herausforderung: Der sunnitisch-wahhabitische Aufstand wird nach
> den Wahlen natürlich nicht eingestellt, sondern, im Gegenteil,
> nochmals zusätzlich eskalieren.

In dem Fall rechne ich mit einem miesen Deal der Bush-Krieger: Ein
gemäßigter sunnitisch-wahabitischer General wird Staatspräsident
und darf -als Gegenleistung für das Ende der Aufstände- nach Herzens-
lust Schiiten niedermetzeln. Einzige Bedingung: Sein Vorname darf
nicht Saddam lauten ;-))


> Aus strategischer Sicht gesehen eröffnet sich hierdurch nun eine höchst
> bedeutsame Entwicklung: Für die Schiiten ist die Lebensfähigkeit dieser
> Regierung (d. h. die Niederschlagung des derzeitigen Aufstandes!) buch-
> stäblich eine Frage von Sein oder Nichtsein

Wenn die USA oder die Schiiten ein bundesstaatliches Modell anstreben
(siehe Bosnien) und die Schiiten nicht die Verantwortung für die suniti-
schen Siedlungsgebiete übernehmen wollen, können sich die USA dort noch
eine ganze Weile in aller Ruhe rumprügeln.

> Im Unterschied zu diesen kämpfen die Schiiten im eigenen Land
> - Kapitulation kann für sie keine ernsthafte Option sein.

Sie können auf Zeit spielen und es genügt ihnen völlig ihren Lebensraum
im Südirak -den nur der ist ihr eigenes Land- zu befrieden. Ein Krieg
gegen die Sunniten und langfristig auch gegen die Kurden bringt ihnen
keine wesentlichen Vorteile.


> Daher werden die USA ab nächstem Monat erstmals über einen militärisch
> ernstzunehmenden Verbündeten am Golf verfügen.

Die USA werden den Schiiten weder Waffen noch Ausbildung noch Geld geben.
Das werden die Israelis und ihre Freunde in Washington niemals zulassen.
Wenn die USA mal Ärger mit dem Iran haben, ist jede schiitische Armee im
Irak eine tödliche Gefahr in der Flanke und schon jetzt sind die sich sehr
schiitisch gebende Hamas und die rein schiitische Hisbollah im Libanon
die gefährlichsten Gegner der Zionisten.


> Washington braucht nun nichts weiter zu tun, als psychologisch wenigstens
> halbwegs geschickt vorzugehen (selbst die Amerikaner sollten dazu in der
> Lage sein).

Das haben sie noch niemals geschafft *lach*


> Kürzlich wurden sogar zwei persönliche Mitarbeiter Gross-Ayatollah
> al-Sistanis ermordet.

Dahinter vermute ich eher al-Sadr - wie auch bei anderen Anschlägen
auf Schiiten-Mullahs.


> ... die Schiitenführer bis aufs Blut gereizt.

Das scheint mir ein Wiederspruch in sich zu sein ;-)


> wenn die Schiiten aber die Regierung einmal übernommen haben, naht der
> Tag der Abrechnung: Die Aufständischen werden für ihr Treiben zweifellos
> noch einen hohen Preis bezahlen.

Ich denke nicht, dass die Mullahs im Irak so dumm sein werden und mit
Gemetzel und Blutbädern ihre Regierug stärken wollen. Ich halte eine
nette schleichende Erdrückung der Sunniten durch die Schiiten für
viel klüger und wer sollt sie daran hindern?

al-Sadr und seine Spiessgesellen werden schon rechtzeitig eine Kugel
in den Kopf bekommen ... dies um so eher da al-Sadr religiös gesehen
ein absolutes Leichtgewicht ist.


> Das Ausbleiben einer Offensive würde mittelfristig zum Sturz der Regierung
> oder zum Auseinanderbrechen des Landes in zwei oder drei Einheiten führen.

Die Kurden und die Schiiten werden das immer bestreiten und ihr 'nebenein-
ander' in aller Ruhe geniessen. Ein schwacher Zentralstaat liegt in beider
Interesse und das die Schiiten alles erobern wollen wäre höchst ungeschickt.

> - Eine solche Entwicklung wäre für die irakischen Schiiten, die USA wie
> auch, zumindest derzeit, den Iran vollkommen inakzeptabel.

Warum sollten die Schiiten dies nicht wollen? Bei den Sunniten gibt es fast
kein Erdöl zu holen und das sie Lust haben sich auf Dauer Krieg gegen die
Kurden einzuhandeln kann ich mir kaum vorstellen. In Kurdistan sind schon
viele Besatzungsmächte untergegangen und die Schiiten wissen das genau.


> Des weiteren haben sich die führenden schiitischen Politiker und Kleriker
> bereits eindeutig dafür ausgesprochen, dass die US-Truppen einstweilen im
> Land bleiben sollen.

Wenn sie dann 'Seperatisten', die gegen den schiitischen Staat kämpfen,
niederhalten haben die Cowboys doch eine dankbare Aufgabe ... eine
Invasion der Schiiten im 'sunnitischen Dreieck' wäre überflüssig.


> Tatsächlich hat es dieser kluge Stratege, der sich auf das Spiel mit
> mehreren Bällen auf das trefflichste versteht, ja bereits unlängst
> geschafft, die USA und seinen gefährlichsten innerirakischen Rivalen
> al-Sadr in eine Lage zu manövrieren, in der die USA sich genötigt sahen,
> die Milizen seines Intimfeindes als Machtfaktor zu zerschlagen.

Ob das nicht doch al-Sadr ganz allein geschafft hat? Peter Scholl-Latour
hält al-Sistani für zu weltfremd und zurückgezogen um selber mit das
große Rad zu drehen und dessen Büchern folge ich fast blind ;-)


> Diesmal wird die Sache jedoch etwas anders ablaufen: Einerseits werden
> die USA zu Recht auf einer substantiellen schiitischen Beteiligung bestehen,

Das halte ich für, aus israelischer Sicht, undenkbar.

> andererseits sprechen wir hier von einem Kampf gegen Wahhabiten und
> Sunniten - die Gefahr, vor den eigenen Leuten als Brudermörder dazustehen,
> ist hier für den schiitischen Klerus nicht gegeben.

Die Anwesenheit der USA stärken den Zusammenhalt der Taquiyas solange die
USA Truppen auf 'islamischem Boden' haben und eine Isolation in der isla-
mischen Welt werden die Mullahs vermeiden um dadurch nicht in Abhängigkeit
zu Teheran zu kommen.


> Zudem wäre es vom schiitischen Standpunkt her gesehen auch alles andere
> als wünschenswert, den Triumph über diesen Feind ausgerechnet den USA zu
> überlassen - vielmehr brennen die Schiiten darauf, endlich Rache für ihre
> getöteten Glaubensbrüder zu nehmen.

Der Gedanke berzeugt mich fast - aber sich im Auftrag der Israelis gegen
andere Muslime zu wenden kann nicht Mittel einer rationalen Politik der
Schiiten sein. Und genauso würde es in der islamischen Welt gesehen!


Deine Einschätzung der militärischen und geheimdienstlichen Fähigkeiten
der Schiiten teile ich komplett.


> Allein schon aufgrund ihrer zahlenmässigen Überlegenheit kann die
> schiitisch-kurdische Dampfwalze, ...

Eine gemeinsame Dampfwalze mit den Kurden ist auch ein Widerspruch in sich.
Die Kurden morden, vergewaltigen und rauben in der Umgebung ihrer Berge.
Eine echte Offensive tief ins Feindesland ist mit diesen unter sich stark
zerstrittenen Stämmen nicht zu machen. Auch deshalb, weil die Kurden ihre
Dörfer und Mohnfelder nicht den kurdischen Nachbarstämmen oder den Türken schutzlos ausliefern werden.

> ... den Widerstand im "sunnitischen Dreieck" wohl durchaus niederwalzen -
> vorausgesetzt, man gestattet der irakischen Regierung (und den US-Truppen!),
> ungestört ihre Arbeit zu tun, ohne dabei dauernd völlig unnötigerweise
> gestört zu werden.

Du sprichst hier von einem erstklassichen Blutbad mit zehntausenden von
Opfern und der Folterung unzähliger Sunniten ... In Afrika stört sowas
ja kein Schwein aber im Irak sind die Kamerateams eben vorhanden. Also
werden die Erschiessungskommandos wohl "dauernd völlig unnötigerweise
gestört werden".


> ... die Erzwingung einer Vorentscheidung innert, sagen wir sechs Monaten,
> scheint jedoch nicht ausgeschlossen. - Geeignete Rahmenbedingungen (d. h.
> ein hartes, unerbittliches Vorgehen auf breiter Front) vorausgesetzt, ...

Das liest sich wie ein Wehrmachtsbericht von 1944 ;-)

> Dessenungeachtet wird der Aufstand aber, da sollte man sich keinen Illu-
> sionen hingeben, auch weiterhin auf kleiner Flamme vor sich hinköcheln.

Na dann ... weitermetzeln!
Auch wenn damit politisch alles sinnlos wird.


> Um die Aufständischen endgültig niederzuwerfen, wird man das "sunnitische
> Dreieck" mit Vorteil fürs erste unter Quarantäne stellen und dort ein
> ausgedehntes Informantennetzwerk installieren, um die aufständischen
> Elemente nach und nach aufzuspüren und zur Strecke zu bringen. - Der Rest
> ist klassische Polizeiarbeit.

Diesen Lösungsweg würde ich als Schiitischer Mullah viel eher gehen. Warum
also dein "hartes, unerbittliches Vorgehen auf breiter Front"? Und das
'Informantennetzwerk' haben die Schiiten deiner Aussage nach schon heute.


> Wenn einmal der Punkt erreicht ist, an dem die Schiiten in der Lage sind,
> die Aufgabe selbstständig zu Ende zu führen (..), wird es schliesslich
> möglich, die US-Truppen Schritt für Schritt aus dem Irak zurückzuziehen
> (..), und den Feldzug doch noch siegreich abzuschliessen.

Um dann eine schiitische Macht zurückzulassen, deren Fusion mit dem Iran
den Strategen in Washington wesentlich mehr Sorgen machen dürfte als der
ach so schlimme Sadam Hussein. Wenn die ebenfalls mehrheitlich schiitischen
Golfstaaten in diesen Sog geraten, dann werden die Amis sich nach Sadam
zurücksehnen!

> Ich gehe davon aus, dass George W. Bush ebenfalls auf diese Entwicklung
> spekuliert.

Der hat doch dabei am Wenigsten zu melden. Tel Aviv und die Neocons werden
sich schon was saublödes einfallen lassen :-( Dein Plan wäre sicher besser
als alles was denen einfällt!


Viele Grüße

Jake


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