Re: Nix gröhl / zu den 1 Euro Jobs

Geschrieben von Wizard am 23. Januar 2005 21:08:41:

Als Antwort auf: Re: Nix gröhl / zu den 1 Euro Jobs geschrieben von Johannes am 23. Januar 2005 11:53:30:

Hallo Johannes

>ich hatte ja schon geschrieben, daß ich gerade die Bedenken zur eventuellen zwangsweisen Arbeitsvermittlung (übrigens Arbeit, nicht 1 Euro Job) in den Rotlichtbereich für sehr bedenklich halte. Es ist allerdings eine Folge der Werteerosion, die sich nun rächt.

Die Zwangsarbeit für 1 Euro im großen Rahmen wird kommen, egal in welchen Beruf. Momentan macht der Eine oder Andere da noch Unterschieden, aber genau die bestehen nicht mehr lange. Man beachte nur, wie schnell die Entwicklung in den letzten 12 Monaten vorrangeschritten ist. Letztes Jahr um diese Zeit hat das was jetzt schon Fakt ist kaum einer für möglich gehalten.

>Das nächste Problem, diesmal aus einem ganz anderen Bereich, werden wir haben, wenn die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wird: Auch das wird wieder von Links gefordert und bejubelt, und dann werden sich alle wundern, was eine deutsche Berufsarmee bedeuten wird. Nämlich viel mehr Auslandseinsätze und auch weniger Skrupel bei möglichen Inlandseinsätzen.

Gerade die Inlandseinsätze (be)fürchte ich am meisten.

>Aber damit beschäftigt man sich jetzt genauso selten wie damals mit moralischen Fragen. Hauptsache, Prostitution wurde endlich anerkannt, der Sieg gegen die Kirchenmoral wurde gefeiert. Ja, und da haben wir nun die Gleichstellung dieses Berufs , die Folgen werden erkannt und das Geschrei geht los.

Klar, Otto Normalbürger geht alles am Arsch vorbei, solange er sein Bier in der Hand hat und in der Glotze Big Brother läuft. Die Drahtzieher aber beschäftigen sich sehr damit, schließlich haben sie es ja veranlasst.

>Vielleicht sollte man Moralvorstellung und Werte doch langfristiger betrachten, statt sie abzulehnen, nur weil sie lustfeindlich erscheinen. Auch die quasi Freigabe der Abtreibung wird sich für uns noch bitter rächen, wenn wir einmal ins Rentenalter kommen, denn bis dahin wird sich die Entwicklung der Diskussion um das Lebensrecht fortgesetzt haben in Richtung Euthanasie.

Otto Normalbürger hat da immer noch mehr Moral als vermutet. Nur, wenn man ihm ständig in der Glotze vormacht wie man es nicht machen sollte und die Politiker fleißig mit gutem Beispiel vorangehen, kann man nicht erwarten, das Otto Normal das nicht nachäfft. *Wenn es sich alle so leicht machen, warum nicht auch ich?*

>Nur eine Frage zu den 1 Euro Jobs: Es ist leicht, sich darüber zu beklagen. Aber wie sieht denn die Alternative aus?

Tja, wie könnte wohl die Alternative aussehen? Wie wäre es mit Arbeit für alle die wollen bei vernünftiger Bezahlung? Genau das ist nämlich auch möglich! Man kurbelt keine Wirtschaft an, in dem man der Masse der Leute den Hahn zu dreht. Aber eine Masse, deren Bildung man seit über 20 Jahren den Bach runter schickt und die befürchten muss, in naher Zukunft nichts mehr zu Beißen zu haben, lässt sich viel einfacher beeinflussen und steuern. Das was heute Fakt ist und noch kommt, wäre vor 20 oder 30 Jahren gar nicht denkbar gewesen.

>Laß mich die Frage anders stellen: Ich strande irgendwo, habe Hunger und lande bei Euch. Nun hoffe ich, daß ich erstmal etwas zu essen bekomme und ich nehme an, Ihr würdet mir das geben. Aber wie lange würdet Ihr das machen? Würdet Ihr das Tage und Wochen machen, ohne daß Ihr sagt, ich solle mal mit anpacken? Und wenn ich dafür noch Geld bekomme und mich dann beschwere, daß Ihr von mir Mithilfe erwartet, weil ich von Euch versorgt werde, wie würdest Du das dann sehen?

Mir ist nicht ganz klar welche Zeit und was du mit landen hier meinst.

Je nach Situation bin ich immer bereit zu helfen, wenn ich die Möglichkeiten dazu habe. Ist die Person arbeitsfähig, kann und soll sie mit anpacken, wenn es etwas zum anpacken gibt. Wenn nicht, erübrigt sich die Frage von ganz alleine.

Das Problem ist hier aber nicht das Arbeiten wollen sondern das es keine Arbeit gibt. Wobei das nun auch nicht ganz richtig ist. Es gibt Arbeit für jeden der will. Das wirkliche Problem liegt darin, das diejenigen die die Arbeit vergeben wenige sehr lange für wenig Geld arbeiten lassen und diejenigen die keine Arbeit haben als Druckmittel dienen.

Noch vor 5 Jahren war das auf dem Arbeitsmarkt gültig:

*Dir passt nicht, das du 45 Std./Woche für 5 Euro/Std. abreiten sollst? Kein Problem, draußen stehen noch 10 Millionen die geil sind auf deinen Job.*

Heute mit den geänderten Bestimmungen schmeißst man einfach die Leute raus und ersetzt sie mit 1 Euro-Kräften. Und selbst die, die so einen Job schon seit einiger Zeit bei irgend einer Gemeinde haben, müssen nun befürchten weniger zu bekommen oder gar nichts mehr.

Kleines Beispiel:;
Ich selber arbeite seit 2 Jahren für die Gemeinde als Co-Betreuer im Jugendtreff und hatte im Schnitt etwa 30 Std./Woche. Mit den neuen Bestimmungen darf ich nur noch 20 Std./Woche, wobei im Moment noch fraglich ist, ob ich den Job überhaupt behalten darf. Mein Vorgesetzter hatte bisher im Schnitt etwa 35 Std./Woche, weil er mehr Büroarbeit hatte. Er soll jetzt die Stunden , die ich nicht mehr machen darf, mehr leisten, aber ohne sie bezahlt zu bekommen. So ganz nebenbei soll er sich auch noch zerteilen, weil man schon einen Betreuer abgesetzt hat und er nun zwei (etwa 8 km auseinanderliegende) Treffs beaufsichtigen soll. Die Stunden von dem schon ganz fehlenden Mitarbeiter soll er übrigens auch noch mitmachen, natürlich auch ohne mehr zu bekommen.

Wo ist da der Sinn? An den etwa 200 Euro, die der gekündigte Betreuer und ich im Monat bekommen, kann es nicht liegen. Der Betrag ist wirklich lächerlich.

>Okay, ich weiß, eine staatliche Leistung kann man nicht direkt mit privater Hilfe vergleichen. Aber ich denke, dies ist ein guter Denkansatz, um die Frage, wie die Regelungen denn am besten sein sollten, unabhängig vom Frust über Politiker & Co anzugehen. Können wir ja ggf. auch im Zukunftsforum weiterführen, wenn es uns hier sonst zu sehr von den Pophs wegbringt.

Die optimalste Lösung währe das aufteilen der vorhandenen Arbeit auf alle die arbeiten wollen. Selbstverständlich bei vernünftiger Bezahlung. Das Beste Mittel eine Wirtschaft anzukurbeln ist, der Masse der Bevölkerung Geld in die Hand zu drücken. Was würde z. B. passieren, wenn man von heute auf morgen den Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen das Doppelte an Geld geben würde? Die Masse von denen würde in die Kaufhäuser stürmen und das Geld ausgeben. Die Kaufhäuser müssten mehr Leute einstellen, um den Andrang in den Griff zu bekommen. Die Hersteller würden Probleme mit dem Herstellen der Ware bekommen und müssten auch neue Leute einstellen. In relativ kurzer Zeit (etwa 1 bis 2 Jahren) würde sich alles eingependelt haben und es geht gut bergauf.

Warum macht man das nicht so? Ganz einfach, weil Politiker und Konzerne dann nicht mehr machen könnten, was sie wollen.

MfG

Wizard


Antworten: